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Oliver Gottwald - 2. OG

Oliver Gottwald- 2. OG

Lieblingslieder
VÖ: 02.12.2022

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Indie obere Etage

Verwirrung beim Bingewatching vor einigen Jahren: Da lief doch absurderweise tatsächlich "Mein erstes richtiges Liebeslied" von Anajo als Untermalung einer Szene mit feiernden Deutschen in der hochgelobten US-Serie "Better call Saul"! Zu dem Zeitpunkt hatte man schon länger nichts mehr von der Band beziehungsweise ihrem Frontmann mit der ganz individuellen Akzentuierung im Zungenschlag gehört. "Was soll jetzt noch kommen? / Mehr, mehr wird schwer" klagte Gottwald bereits in Anajos hervorragendem Song "Mann auf dem Mond" von "Drei", der letzten Platte der Nullerjahre-Indie-Lieblinge. 2015 kam dann mit "Zurück als Tourist" noch das durchaus gelungene Debüt als Solokünstler, auf dem der Augsburger sich textlich wie musikalisch gereift präsentierte. Bis zum clever betitelten Nachfolgealbum "2. OG" sollten ganze sieben Jahre vergehen, doch das Warten hat sich gelohnt.

Die erste Single ist der wegen der Mitwirkung von Ex-Bandkollege Ingolf Nössner am Schlagzeug etwas sperrig "Oliver Gottwald & Anajo" zugeschriebene, ungewöhnlich politische Song "U". Dieser beschreibt, flankiert von einem verzerrten Gitarrenriff und druckvollen Drums, die Ohnmacht des Einzelnen angesichts der das Weltgeschehen bestimmenden, nie endenden Krisen und das damit einhergehende Misstrauen gegenüber den Entscheidungsträgern: "Erst löschst Du das Feuer, dann gießt Du Öl in die Glut". Einen ähnlichen Vibe zwischen Mut und Verzweiflung verbreitet das nicht nur wegen der englischen Textpassagen an Ja, Panik erinnernde Glanzstück "Kalender" mit seiner dichten und vielschichtigen Produktion. Anderswo ist Gottwalds Ansatz zwar lyrisch introspektiver, geht aber melodisch schamlos poppig ins Ohr. Der Mitwipp-Opener "Weck mich aus dem Winterschlaf" groovt im Spannungsfeld von "weck mich" bis "leck mich" und der glockenspielselige Dreivierteltakt von "Spiegeltest" erforscht schunkelnd das Spektrum menschlicher Selbstwahrnehmung zwischen Tier und Genie.

Am meisten an alte Anajo-Tage erinnert "Jeannie", eine schräge Warnung vor übertriebenem Alkoholgenuss, mit ihrer Kombination von schmissigem Beat und augenzwinkerndem Text: "Meine Jeannie wohnt in einer Bierflasche und alle Vorsätze sind dahin!" Eine mittelsubtile Verneigung vor Falcos fast gleichnamigem Hit gibt es noch obendrauf. An einen anderen Evergreen der Achtzigerjahre erinnert sicherlich nicht von ungefähr der Titel zu "Männer*". Die Dada-Miniatur mit funky Orgel entpuppt sich jedoch als ein sehr selbstbewusstes Stück queeres Empowerment.

Ungewöhnlich elektronisch geht es im Ausklang zu: Die bratzigen Synthesizer im sehr zackigen "Algorhythmus" könnten so ähnlich auch in einem Deichkind-Song auftauchen und zur "Zukunftsmusik" gehören Stimmeffekte und warme Keyboardflächen, die hier fast schon wie ein Remix anmuten. Es ist ein überaus kurzweiliges Vergnügen, Oliver Gottwalds sehr abwechslungsreich eingerichtetes "2. OG" zu entdecken und eine Zeile aus "Rosa Anemonenfisch" erläutert den Reiz des wiederholten Besuchs dieser Etage äußerst treffend: "So verlockend, so verschwenderisch, von Reue nicht ein Hauch."

(Michael Albl)

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Highlights

  • Spiegeltest
  • U (feat. Anajo)
  • Kalender

Tracklist

  1. Weck mich aus dem Winterschlaf
  2. Spiegeltest
  3. Jeannie
  4. U (feat. Anajo)
  5. Rosa Anemonenfisch
  6. Männer*
  7. Kalender
  8. Sentimental
  9. Algorhythmus
  10. Zukunftsmusik

Gesamtspielzeit: 27:47 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Z4

Postings: 8861

Registriert seit 28.10.2021

2023-05-31 15:11:44 Uhr
Neue, sehr gute Single U ist draußen. Gerade erst entdeckt, dass er eine Solokarriere hat, dabei höre ich seit Jahren immer mal wieder die Anajo-Platten. *facepalm*

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28503

Registriert seit 08.01.2012

2022-12-21 20:13:14 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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