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Neufundland - Grind

Neufundland- Grind

Unter Schafen / Zebralution
VÖ: 02.12.2022

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Adieu!

"Vielleicht hat jede Liebe ihre Zeit / Vielleicht geht man ein kleines Stück zu zweit."

Erstaunlich analytisch und nüchtern geben sich Neufundland auf ihrem dritten Album. Was das Köln-Berliner Indie-Quintett inmitten jenes Erkenntnisschubs auch meinen könnte: Ganz sicher gingen die Musiker und Freunde ein Stück weit zu fünft. Doch "Grind" markiert, so viel steht bereits zum Release fest, die letzten Meter von Neufundlands musikalischer Wegstrecke: Es ist ihr letztes Album. Wie könnte man sich also besser verabschieden, als es noch einmal knallen zu lassen? Nur gemach. Neufundland sind abgeklärter geworden. Das merkte man zuletzt auch dem Sound an. Ihre Kompositionen bewegten sich vom tanzbaren, 80s-affinen Rock auch immer mal ein wenig kunstvoller, ausgetüftelter in Richtung Ja, Panik und Tocotronic.

Da die Band die Instrumente beherrscht und es auch an Ideen zur Dramaturgie guter Songs nicht mangelte, war die Entwicklung folgerichtig. Ein filigranes Zeugnis davon ist "Vino", eine tanzbare und doch melancholische Hymne auf den Rausch in jeglicher Hinsicht. Auf wilde Körperlichkeiten und kurzzeitige Nähe im Leben, welches inmitten von Unsicherheit, psychischem Druck und all der zu tragenden, seelischen Päckchen gefühlt immer weniger in harmonischer Zweisamkeit verbringen können. Und dennoch verloren Neufundland in den schwierigen Pandemie-Jahren ein wenig den Fokus und lebten sich in Sachen Band und dessen, was jene an Motivation braucht, um eine Zukunft zu haben, ein wenig auseinander.

Vielleicht nachvollziehbar, dass die Abschiedsplatte dann doch wieder etwas rauer, lauter und düsterer geworden ist. Schon der im Frühjahr voranpreschende Opener "Kein Scherz" deutete an, dass ein simples Riff, ein paar Haken sowie treibende Drums ein einfaches, aber weiterhin höchst effektives Pfund gegen winterliche Kälte sein können. Auch "Vergangenheit" setzt auf ein grelles Riff und den markanten Bass, zum Finale hin lässt sich der Fünfer gar zu einem kurzen psychedelischen Knalleffekt hinreißen. Überhaupt waren Neufundland selten näher dran am Post-Punk. "Bleiben will ich" baut sein Fundament auf eine bedrohliche Basslinie und ist lyrisch eindringlich arrangiert. Es geht um die Last des Alltags, um die menschliche Stärke, Widrigkeiten hinter sich zu lassen um in erster Linie einfach überleben zu wollen. "Nichts zu verstehen" ist nah am Sound von Die Nerven, was natürlich als Kompliment gemeint ist.

Und wenn die düstere Party und all die aktuell schäbig-schaurigen Ereignisse auf der Welt einen beginnen zu erdrücken, merken Neufundland glücklicherweise rechtzeitig, dass sie gekommen sind, um noch einmal Party zu machen. "Wir hatten andere Ideen / Zum Beispiel Saufen oder sowas", heißt es vom Band zum Auftakt von "Gemachte Zeit", einer Abrechnung mit abgestandenen gesellschaftlichen Idealen und dem System, das immer mehr Reiche, aber auch immer mehr Armut schafft. "Steine" dreht sich in nur 2:28 Minuten aus dem Garagenstaub empor, um Spuren zu hinterlassen vom vielleicht letzten kleinen Hit Neufundlands. Und weil "Schnee" dann die Melancholie zum Abschluss auf das Level "intensiv" hochfährt und bereit ist, weißen Himmelsstaub auf die Geschichte dieser Band rieseln zu lassen, beschließen wir die Rezension zu Neufundlands bestem Album mit weiteren Worten aus dem eingangs zitierten, auch tollen "Jeder Liebe ihre Zeit":

"Man wundert sich / Und dann ist es vorbei."

(Eric Meyer)

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Highlights

  • Kein Scherz
  • Vino
  • Bleiben will ich
  • Steine

Tracklist

  1. Kein Scherz
  2. Streiflicht
  3. Jeder Liebe ihre Zeit
  4. Vergangenheit
  5. Vino
  6. Bleiben will ich
  7. Nichts zu verstehen
  8. Gemachte Zeit
  9. Steine
  10. Schnee

Gesamtspielzeit: 31:55 min.

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User Beitrag

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Postings: 2121

Registriert seit 25.09.2014

2022-12-16 01:56:56 Uhr
Hm, ich hab da eher an Faber gedacht. Vergleiche ich spaeter mal!

nörtz

User und News-Scout

Postings: 15369

Registriert seit 13.06.2013

2022-12-15 21:46:58 Uhr
Der Refrain von "Vino" = "Hi Freaks".

Vergleicht mal Rhythmus samt Gesangsvortrag und dann zitieren sie von Lowtzow auch noch direkt mit den zwei Zeilen: "Dein Gesicht ist eine Welt/Deren Umriss mir gefällt".

Gomes21

Postings: 5279

Registriert seit 20.06.2013

2022-12-14 10:43:03 Uhr
Hab mal reinhgehört, hatte Lust drauf, weil mir aktuell überraschend viel deutschsprachiges gefällt und mir die Band irgendwas sagt. Glaube ein Freund von mir kennt jemanden aus der Band. Mal nachharken..

Zur Musik:
Ist so gaaar nicht meins, musikalisch okay bis auf den wirklich furchtbaren Gitarrensound, aber auch nicht unglaublich inspiriert. Die Vocals finde ich sogar unfassbar langweilig und generisch. Glaube das braucht nicht noch mehr Rotation.

zeckezichter

Postings: 472

Registriert seit 07.11.2021

2022-12-14 10:28:28 Uhr
Hab die mal aus Versehen live gesehen. War nicht so meins. Aber deren Entwicklung ist schon recht beachtenswert, laufen mittlerweile sogar regelmäßig auf meiner präferierten Radiostation. :)
War nicht einer von denen früher bei Adolar, oder verwechsele ich das gerade?

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Postings: 2121

Registriert seit 25.09.2014

2022-12-14 08:58:29 Uhr
In der Tracklist fehlen 'Gemachte Zeit' und 'Schnee'.

Ich bin wirklich der einzige, der die hört? Sollte man auf jeden Fall mal anmachen, wenn man Fotos, Herrenmagazin und co mag. Das sind vielleicht nicht (mehr) die sexysten Referenzen, aber guter deutscher Indierock ist ja auch selten ;)
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