Stella Sommer - Silence wore a silver coat
Buback / Indigo
VÖ: 25.11.2022
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Donnerwetter
Stella Sommer liebt den Wandel. Ihre gesamte musikalische Karriere ist von überraschenden Wendungen und Wandlungen durchzogen. Ihre Stammband Die Heiterkeit startete vor über zehn Jahren als kleine, charmante, aber auch noch unfertig wirkende Indie-Rock-Gruppe, die über die Jahre an Klarheit und Stringenz gewann. Insbesondere mit ihrem dritten Album "Pop & Tod I + II", einem der herausragenden deutschsprachigen Alben der 2010er-Jahre, gelang der Band letztlich ein musikalisches Meisterstück. Das einzige feste Bandmitglied bis heute: Stella Sommer. Ansonsten herrschte ein recht buntes Treiben auf dem Indie-Transfermarkt, Leute gingen, andere kamen, man fühlte sich schon fast an eine Wechselperiode bei Union Berlin erinnert. Auf Solopfaden gab es indes eine weitere spannende Abzweigung: Hier agiert Stella Sommer, man möchte sie ja schon fast nur noch "die Sommer" nennen, als elegant-elegische Folk-Erneuerin, die mit englischsprachigen Stücken sich selbst und ihren Sound ganz neu definierte. Und diese Transformation führt uns beinahe unweigerlich zum zweiten Punkt.
Stella Sommer liebt die Opulenz. Das Drama. Und auch das Pathos. Wo zu Beginn ihrer Karriere noch recht karge, minimalistisch-schrammelige Rock-Miniaturen standen, ist auf ihrem dritten Soloalbum "Silence wore a silver coat" kein Raum mehr für falsche Bescheidenheit. Insgesamt versammelt die Künstlerin 24 Songs auf dieser Doppel-LP, oftmals majestätisch arrangiert wie der edle Opener "A single thunder in November", der gleich die Marschrichtung vorgibt: Über dem oft im Zentrum stehenden Piano und den dezent eingesetzten Rhythmus-Instrumenten schwebt Sommers Stimme wie ein feiner Nebel, eindringlich und doch transparent, manchmal bedrohlich und theatralisch. Ein bemerkenswerter Spagat gelingt ihr in Stücken wie "A body of strange beauty": Zu ihrer schweren, oft bleiern wirkenden Stimme eine solch leichtfüßige Nummer zu komponieren, ist schon eine besondere Leistung, die man ihr mitunter gar nicht zugetraut hätte. Doch scheinbare Widersprüche wie diesen gibt es in der Welt der Künstlerin im Grunde gar nicht.
Stella Sommer liebt die Natur. Das lässt sich auf der lyrischen Ebene ganz leicht erkennen. Natur- und Wettermotive ziehen sich wie ein roter Faden durch ihre Texte, bilden einen thematischen Rahmen. "Under the weeping mulberry tree" hopst beschwingt durch die Landschaft: Glücklicher, sonnenzugewandter klang Sommer wohl noch nie. "Frozen air" wirkt hingegen sakral, schattig und beweist damit eindrücklich, wie weit gefasst die musikalischen Felder sind, die sie auf ihrem dritten Soloalbum beschreitet. Unweigerlich denkt man an die großen Songwriterinnen vergangener Dekaden, an Joni Mitchell, an Kate Bush, an Tori Amos und Agnes Obel, denn sie alle schweben wie die Musen über diesen 24 Stücken, in denen Blitze zucken, die Luft gefriert, der Regen sein nasses Haar auf die Erde herabfallen lässt. Das finale "All saints & all souls" orgelt sich dann in ganz andere Sphären, ein triumphaler Abschluss für ein proppenvolles Album, das trotz der vielen Songs nie den Fokus verliert, den Hörer aber durchaus mit all dem hier versammelten Schönklang und der ganzen Pracht seiner Kompositionen ein klein wenig zu überfordern droht. Aber die Gefahr ist es sicherlich wert.
Highlights
- A single thunder in November
- Under the weeping mulberry tree
- Known & unknown
- Run towards the wasteland
Tracklist
- CD 1
- A single thunder in November
- Silence wore a silver coat
- A body of strange beauty
- Under the weeping mulberry tree
- In my darkness
- A matter of days
- From the edge of a dream
- Winter queen (in summer)
- Selling disappointment
- Lily
- Frozen air
- Wild patience
- CD 2
- Known & unknown
- Sorrow had a brother
- Run towards the wasteland
- As water drops on leaves
- The rain's hair
- London fog in LA
- The sky was empty
- A special kind of lostness
- All things return
- The lady of the southern seas
- Emptiness follows
- All saints & all souls
Gesamtspielzeit: 75:14 min.
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Referenzen
Die Heiterkeit; Die Mausis; Kate Bush; Tori Amos; Soap & Skin; Fiona Apple; Agnes Obel; Feist; Laura Marling; Sophie Hunger; Anna Ternheim; The Velvet Underground; Nico; Joni Mitchell; Hildegard Knef; Tocotronic; Schnipo Schranke; Wir Sind Helden; Die Türen; Stella; Britta; Mobylettes; Christiane Rösinger; Mutter; Motion; Die Charts; Schneller Autos Organisation; Hans Unstern; Mäuse; Knarf Rellöm; Ja, Panik; PeterLicht; Die Goldenen Zitronen; Die Sterne; Blumfeld; Jochen Distelmeyer; Die Braut Haut Ins Auge; Bernadette La Hengst; Parole Trixi; Kante; Einstürzende Neubauten; Egoexpress; Die Lassie Singers; Almut Klotz & Reverend Dabeler; Tonia Reeh; Masha Qrella; Knochen=Girl; NMFarner; Sedlmeir; Gustav; Drangsal; Fleetwood Mac
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