Wie geht es Dir so?

Manchmal trifft man eine fremde Person, der man sofort vertraut. Dann muss man sich zusammenreißen, nicht mit allen Türen gleichzeitig ins Haus zu fallen, sich mit Anlauf auf die Therapiecouch zu schmeißen und los zu schwallen. Dan Mangan ist so eine Person, die ernst ist, wenn sie es sein muss, aber deren warmherzige Alben trotz allem Frust und aller Melancholie, mit denen sie sich rumschlagen müssen, immer für einen da sind. Sein sechstes Album "Being somewhere" ist mit seinem positiven Grundton eine Aktion Mensch. Der Kanadier hat zusammen mit Produzent Drew Brown (Beck, Radiohead) ein herzliches Lächeln von einer Platte geschaffen, die geschundene Seelen gut gebrauchen können.

Was nicht heißt, dass er zurück bei den breiten Singalongs seiner ersten Veröffentlichungen ankommt. Auf seinem Pandemie-Album passiert naturgemäß alles im kleineren Rahmen. Zweieinhalb Jahre, hunderte Mails und viel Geduld bei Problemlösungen hat es den Fast-Vierzigjährigen Mangan und Kompagnon Brown gekostet, um die neun Songs mit den vielen feinen Nuancen und Passagen von Gastmusiker*innen zu füllen, die anfangs noch vorsichtig die Gliedmaßen zur Umarmung ausstrecken und etwas später fest umschließend den Heulkrampf erträglicher machen. "All my people" gibt sich als Verwandtschaft des Americana aus, aber die Hand-Percussions im Hintergrund wollen unbedingt woanders hin ausbrechen. Vielleicht über den Notausgang per "Fire escape", der seinen dickbäuchigen Bass zur Landung anbietet. Mangan ist so stilsicher im Vermengen von moderner Folk Music, Songwriter-Anleihen und elektronischen Nuancen, dass man sich bei ihm bestens aufgehoben fühlt.

Eine Sitzung auf Mangans Couch wird allerdings zur Zerreißprobe. Mit "In your corner (for Scott Hutchison)" antwortet der Vancouveraner direkt auf Frightenend Rabbits "The Woodpile", wenn er im niederschmetterndsten Song der Platte singt: "So come find us if you can / We'll be unified and sad / We'll be in your corner / Leave a light on when it's bad / And we will congregate and make a plan / And we'll be in your corner / We'll all be in your corner." Ein Angebot, das der 2018 verstorbene Sänger Scott Hutchison leider nicht mehr annehmen kann, aber das sich so ehrlich anfühlt, dass Sturzbäche die Wangen runterlaufen.

Fast eine halbe Stunde stellt Dan Mangan seine Schulter zur Verfügung – zum Anlehnen, zum Ausheulen, zum Abstützen. Erst ganz am Ende scheint ihm die Kraft dafür auszugehen, wenn er sich erschöpft "No tragedy please" wünscht. Ein sanfter Gitarren-Moment, der "Being Somewhere" umso bemerkenswerter macht, steht doch die Hilfsbereitschaft an erster Stelle und die Zweifel sind kaum bemerkbar, auch wenn sie da sind: "If I could read what the cards tell / Could I live with what they say? / Or would I just sit there shuffling and re-shuffling?" Bei aller Wärme, die er für uns bereithält, hat Mangan hoffentlich selbst Personen, bei denen er mit allen Türen gleichzeitig ins Haus fallen und sich auf die Couch schmeißen kann.

(Arne Lehrke)

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Highlights

• All my people
• Fire escape
• In your corner (for Scott Hutchison)

Tracklist

1. All my people
2. Fire escape
3. Easy
4. Just know it
5. All roads
6. In your corner (for Scott Hutchison)
7. Long after
8. Wish I was here
9. No tragedy please

Gesamtspielzeit: 31:17 min.

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Referenzen

Dan Mangan + Blacksmith; Shearwater; Said The Whale; Hey Rosetta!; Sea Wolf; Bored Man Overboard; Get Well Soon; Josh Ritter; Bon Iver; Wilco; The National; Wintersleep; The Rural Alberta Advantage; Great Lake Swimmers; Bright Eyes; Yukon Blonde; Okkervil River; Iron & Wine; William Fitzsimmons; Fleet Foxes; Band Of Horses; Marcus Mumford; Johnny Flynn; Admiral Fallow; Dry The River; R.E.M.; Villagers; The Decemberists; Beirut; The Antlers; Half Moon Run; Arkells; Basia Bulat; The Tallest Man On Earth; Ben Howard; The Felice Brothers

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