Dermot Kennedy - Sonder
Island / Universal
VÖ: 18.11.2022
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Unterm Blauwal
Wir alle haben unser Päckchen zu tragen. Wer sollte das besser wissen als Dermot Kennedy? In seinen Tagen als Straßenmusiker hatte der Ire jedenfalls ausreichend Zeit, die Gesichter der vorbeieilenden Passanten zu studieren und auf den Trichter zu kommen, dass deren Leben genauso von Wirrsal und komplexen Herausforderungen bestimmt ist wie das eigene. Eine Erkenntnis, die ihn auf seinem zweiten Album ein ums andere Mal umtreibt, auch wenn der 31-Jährige über die prekären Auftrittsbedingungen aus seinen Anfängen inzwischen erhaben ist. Kein Wunder ob der Charterfolge des Erstlings "Without fear" und mehrerer Radiohits. Das einmal mehr wie Butter ins Ohr schleichende "Giants" lagerte Kennedy 2021 sogar auf eine Expanded Edition des Debüts aus – schließlich schafft der Mann mühelos ein, zwei, drei, ganz viele Breitwand-Hymnen in Sachen aufgerautem Singer-Songwriter-Pop mit R'n'B-Schnipseln und sehnsüchtigem Geraune. Und eine Idee Ed Sheeran wird doch auch erlaubt sein, oder? Na also.
Bringen wir's also schnell hinter uns – mit dem Opener "Any love", der sich auf moderaten Autotune-Gesang beschränkt und wirkt, als würde ein geknickter Roboter Sheerans "Afterglow" a cappella intonieren. Kennedy sei diese verspielte Finger- oder vielmehr Stimmübung gegönnt, zumal "Sonder" in der Folge mit ausreichend Pfunden zu wuchern weiß. Allen voran mit der bereits 2021 vorausgeschickten Single "Better days", die am Scheitelpunkt der Pandemie eine optimistische Sonne aufgehen ließ und als folkiges Trostpflaster mit filigranen Melodiewendungen innig alle Zuhörer*innen umarmte, die nicht dabei sein konnten, als Kennedy im Londoner Museum Of Natural History unter einem Blauwalskelett eine Show ohne Publikum spielte. Vielleicht kein ganz so soulig schlürfender Reißer wie "Power over me", aber immer noch herzerwärmend genug – und allemal besser als "Kiss me", das vermutlich auch dank des Mittuns von Bastille-Frontmann Dan Smith zum wenig überzeugenden Tanzmampf für die Heavy Rotation gerinnt.
Immerhin weiß Kennedy: Das Beste an einem Kuss ist, dass er nicht ein ganzes Leben dauert, wie auch die Zeile "Kiss me the way that you would if we died tonight" nahelegt. Und heißt es später "One life is never long enough", hat sich nicht nur das emotionale Wir-Gefühl, sondern auch das Wissen um die Vergänglichkeit als zentrales Motiv von "Sonder" etabliert. Da heißt es schnell viele Löcher graben, um die knappe Spielzeit bestmöglich zu nutzen. Was zu so launigen Marcus-Mumford-Popowacklern wie "Something to someone" führt, aber auch den Eindruck hinterlässt, als wolle Kennedy überall am besten hinpassen. In die schwermütige Balladen-Ecke mit den wallenden Piano-Schleichern "Dreamer" und "Innocence and sadness", ins Electronica-Fach mit den verhuschten Trap-Beats von "Already gone" – und natürlich ins Formatradio, wo einem zu "Divide" oder "Homeward" sicher auch Ed Sheeran über den Weg läuft. Ist das jetzt gut oder schlecht? Falls Letzteres, Kopf hoch: Wir haben alle unser Päckchen zu tragen.
Highlights
- Something to someone
- Better days
Tracklist
- Any love
- Something to someone
- Kiss me
- Dreamer
- Innocence and sadness
- Divide
- Homeward
- One life
- Better days
- Already gone
- Blossom
Gesamtspielzeit: 36:01 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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jnblum Postings: 2 Registriert seit 05.12.2021 |
2022-11-25 07:39:04 Uhr
Fasziniert vom Künstler, sehr sympathisch, tolle erste EPs, aber das Album ist enttäuschend. "Innocent & Sadness" und mit Abzügen "Any Love" als Highlights. Bewertung unterstreiche ich so. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27707 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-11-09 19:50:13 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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