Broken Bells - Into the blue

30th Century / Membran
VÖ: 07.10.2022
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Aus allen Wolken
James Mercer ist fertig mit der Welt. Er ist noch nicht im Orbit, aber lässt sich von Kollege Brian Joseph Burton alias Danger Mouse stetig dorthin tragen. "I don't like pretending there will always be a morning light", gibt er zu sanftem Gitarrenstrumming zu. "Over and over sleepless / Same kind of warzone in my head", lamentiert er an anderer Stelle. Mercer hat die 50 überschritten und auf dem dritten Broken-Bells-Album "Into the blue" wirkt er so fragil und müde wie noch nie zuvor. "There's hardly a moment in my life / When I don't recognize the slow decline" – wendet er sich damit an den eigenen Körper, die Welt, die Liebschaften oder Namen wie den unterhalb dieser Rezension? Schließlich predigen letztere immer wieder, wie weit entfernt sein Output der vergangenen Jahre von den ersten drei The-Shins-Alben oder dem Debüt dieser Kollaboration hier ist. Das dürfte nun ein erfreuliches Ende haben.
"After the disco" hieß die letzte Platte von 2014, würde aber für "Into the blue" viel besser passen. Diese neun Songs verzichten zum Großteil auf jegliches Tempo, wenn in der Albummitte "One night" dann doch einen dezent tanzbaren Beat auspackt, ist das beinahe irritierend. Dieser Song erinnert auch am ehesten an den etwas enttäuschenden Vorgänger, dessen Kompositionen auf halber Strecke bei der Suche nach einer packenden Hook häufig strandeten. Es bleibt neben dem folgenden, etwas rockigeren "Saturdays" jedoch der einzige Außenseiter auf "Into the blue", welches sonst lieber zu wundervoller Instrumentierung in Richtung Wolkendecke entschwebt und – wie im Fall des bläserunterstützten "Love on the run" – ausgedehnte Instrumentalparts auf die Seele wirken lässt. Burton spielt dabei den aufmunternden Counterpart zum niedergeschlagenen Mercer.
Was die Texte einreißen, bauen die Arrangements mit geschickter Hand im Hintergrund wieder auf. Nirgendwo tritt diese Symbiose klarer zutage als im umwerfenden Doppel, das die Platte eröffnet. Der Titeltrack verbreitet zunächst sakrale Atmosphäre, bevor ein knurriger Bass das Kommando übernimmt. "You fall into the blue and the it's gone", singt Mercer und wenigstens einmal sind sich Text und Ton einig. Im endlosen Blau treibt der Song umher, bis "We're not in orbit yet..." ans Steuer darf. Aber warum das traumhafte Setting ändern? Auch auf diesem Song regiert das Gefühl, durch Sphären zu schweben, vorbei an einem himmlischen Gitarrensolo und fantastischer Orchestrierung. "It's the wrong time to decelerate / We're not in orbit yet / With the feeling you deserve your fate / And everything you get." Da muss mit dem akustischen, streicherverzierten "Invisible exit" erst einmal eine kurze Erdung erfolgen.
Nach dem lebhafteren Mittelteil spiegelt der Schluss von "Into the blue" den Eingang wider. Besonders bemerkenswert ist das herrlich melodische "The chase", in welchem die Geigen den Rhythmus durch die Synthschwaden hindurch akzentuieren. Daneben fungieren "Forgotten boy" und der Closer "Fade away" fast nur als Flankengeber, sind aber selbst äußerst hübsche Kleinode. "When the promise in your face / Eventually fades away / It's what we do now / Every day, my love / We're not made of stone / So we all fade away." Diesem Refrain entsprechend driftet "Into the blue" in sein Ende. Und lässt den Wunsch umso deutlicher verspüren, einmal mehr abzuheben, aus dieser vergänglichen Welt, die uns alle jeden Tag mehr in den Eskapismus drängt. "Where is the joy?", fragt Mercer noch. Na hier.
Highlights
- Into the blue
- We're not in orbit yet...
- The chase
Tracklist
- Into the blue
- We're not in orbit yet...
- Invisible exit
- Love on the run
- One night
- Saturdays
- Forgotten boy
- The chase
- Fade away
Gesamtspielzeit: 41:19 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28473 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-10-12 20:13:27 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
Takenot.tk Postings: 2189 Registriert seit 13.06.2013 |
2022-09-23 14:53:15 Uhr
Bin positiv überrascht und angefixt. Ehrlich gesagt persönlich keine Erwartungen mehr gehabt an James Mercer (bin eher immer Freund der frühen Shins gewesen, mit Höhepunkt Chutes Too Narrow). Aber die drei Songs machen schon irgendwie Bock, und besonders We're Not in Orbit Yet holt mich ab. |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10530 Registriert seit 26.02.2016 |
2022-09-22 21:19:02 Uhr
TRACKLIST:01 “Into The Blue” 02 “We’re Not In Orbit Yet…” 03 “Invisible Exit” 04 “Love On The Run” 05 “One Night” 06 “Saturdays” 07 “Forgotten Boy” 08 “The Chase” 09 “Fade Away” |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10530 Registriert seit 26.02.2016 |
2022-09-22 21:18:17 Uhr - Newsbeitrag
Album kommt am 7.10. bereits.Hier die 3 Singles (die von der Threaderöffnung sind wohl nicht drauf): |
AliBlaBla Postings: 7942 Registriert seit 28.06.2020 |
2022-06-29 22:46:45 Uhr
Das erste Album ist wirklich super, dadurch zweite mehr als akzeptabel! Bin also ein wenig Vorfreude... |
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Referenzen
The Shins; Danger Mouse; Electric Guest; Django Django; Everything Everything; Grizzly Bear; Local Natives; Jagwar Ma; Empire Of The Sun; Cut Copy; The Virgins; MGMT; Zoot Woman; The Young Professionals; Holy Ghost!; STRFKR; Hot Chip; Passion Pit; Hercules And Love Affair; Animal Collective; The Beta Band; Fitz And The Tantrums; Simian Mobile Disco; Klaxons; Midnight Juggernauts; Darwin Deez; Phoenix; The Naked And Famous; New Order; The Human League; Depeche Mode; Roxy Music; The Beatles
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