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L.A. Salami - Ottoline

L.A. Salami- Ottoline

Sunday Best / Membran
VÖ: 14.10.2022

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Über Macht

Früher hat Lookman Adekunle Salami seine Musik als "Post-Blues" bezeichnet, inzwischen ist er bei einer weitaus offeneren Umschreibung angekommen: "lyrically-centered, genre-nonspecific music". Die Schubladisierungen der Musikindustrie waren dem Londoner schon immer ein Dorn im Auge, gerade wegen ihrer rassistischen Tendenzen, schwarzen Künstler*innen nur dann Beachtung zu schenken, wenn sie mit ihrer Hautfarbe assoziierte Genres wie HipHop, Soul oder R'n'B bedienen – obwohl ja auch die Ursprünge von Rock, Folk und sogar Punk auf schwarze Kultur zurückzuführen sind. Nicht nur als Musiker kennt Salami die Ausgrenzung bereits sein ganzes Leben: Weil er erst mit sechs oder sieben Jahren zu seiner leiblichen, nigerianischen Mutter zog, fühlte er sich zu Hause ebenso fremd wie in der Schule, wo er wegen seines Namens und Aussehens zu kämpfen hatte. Kulturelle Zerrissenheit und am eigenen Leib erfahrenes Unrecht sind Teile von L.A. Salamis Biografie, doch definieren sie weder ihn noch seine Musik.

Dafür ist letztere auch auf seinem vierten Album "Ottoline" noch immer viel zu komplex. Stilistisch ungebunden lässt er die Worte fließen, erschafft dabei ganze Topografien sowohl seines eigenen Innenlebens als auch von den Schluchten und Spalten, die sich im Vereinigten Königreich nicht erst seit dem Brexit aufgetan haben. Die Kompositionen bleiben melodisch zugänglich, scheuen sich aber weiterhin nicht davor, weit über die übliche Popsong-Länge hinaus auszufransen. Mit ihren knapp drei Minuten erscheint die erste Single "Desperate times, mediocre measures" ungewöhnlich kompakt, doch sprudelt sie natürlich nur so vor Inhalt. "How much kindness is left on the top though / When you have a say of a child's fate / 100 miles away?", rappt Salami in einem poetischen Diskurs mit der Macht, während autoritäre Streicher über dem Kopfnicker-Beat schweben und erst am Ende wieder den unheimlichen Saiten-Loop im Zentrum freigeben.

Auffällig viele gesprochene Interludes und Skits säumen die Tracklist von "Ottoline", betonen damit den selbstgesetzten textlichen Fokus. Wie alle guten Songwriter*innen weiß Salami jedoch, dass jeder noch so kluge Gedanke und jedes noch so eindrückliche Sprachbild erst mit der passenden akustischen Inszenierung ihre Wirkung entfalten. "I woke up with a rifle loaded with history / Duct taped like a band-aid to my hands / I had to learn to shoot before I learned to stand", heißt es in "Is this hell? (Pt. 1)", und es geht einem vor allem wegen der sanft gezupften, subtil choral gestützten Melodie und den aus den Wolken fallenden Bläsern an die Nieren. Seine musikalische Eigensinnigkeit beweist Salami indes in "Minus his woman (Redux)", wenn dieser angejazzte Akustik-Blues kurz in einen Drumcomputer-Beat samt Autotune-Echo kippt, bevor er weitermacht, als sei nichts gewesen – und dann "Lady Winter" die Bühne eröffnet, das einen ganz besonderen psychedelischen Sog entwickelt. So klingt das also, wenn die großen Idole von Dylan bis Kanye West reichen.

Wie immer ist "Ottoline" eine Platte, die genaues Zuhören belohnt. Da Salami zumeist im relaxten Midtempo verweilt, würde es einem sonst vielleicht entgehen, wie der Mundharmonika-Soul von "Systemic pandemic" etwa das gesellschaftskritische Brainstorming völlig von den Zügeln lässt. Oder dass sich hinter "As before" ein Lament enttäuschter Liebe verbergen könnte – Konjunktiv, weil sich diese wortgewandten Rätsel ja nie so leicht lösen lassen. So bleibt auch unklar, ob der wie ein aus der Zeit gefallener Brief verfasste Skit "Dear Ottoline" sich an eine tatsächliche Person richtet, der eigentümliche, dem Album seinen Titel gebende Name eine Chiffre für etwas darstellt oder er als literarischer oder historischer Verweis eine ganz andere Bedeutung trägt. "Ottoline" ist nicht Salamis bestes Werk, doch richtet es wieder ein vielschichtiges Analyse-Buffet an, während man sich in dessen gänzlich unverkopftem Wohlklang verliert. Im wundervollen Closer "In honour of the street lights" bleibt schließlich eine Zeile besonders hängen: "It won't be dark forever". Manchmal sind es eben die unverschlüsselten Botschaften, die am tiefsten ins Herz treffen.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Desperate times, mediocre measures
  • Is this hell? (Pt. 1)
  • Lady Winter
  • In honour of the street lights

Tracklist

  1. Intro
  2. Desperate times, mediocre measures
  3. Flying printers (Skit)
  4. The full form
  5. Is this hell? (Pt. 1)
  6. Systemic pandemic
  7. Muse (Interlude)
  8. Peace is fine
  9. Peace of mind
  10. Minus his woman (Redux)
  11. Lady Winter
  12. As before
  13. Dear Ottoline (Skit)
  14. In honour of the street lights

Gesamtspielzeit: 54:19 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26377

Registriert seit 08.01.2012

2022-10-05 20:20:32 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26377

Registriert seit 08.01.2012

2022-05-25 11:36:49 Uhr - Newsbeitrag

“These times are desperate.
Hate is mediocore.
Violence is mediocre.
Absolutes are mediocre” – L.A Salami

‘Desperate Times, Mediocre Measures’ heißt die neue Single von L.A Salami. Es ist der erste Vorgeschmack auf neue Musik des Londoners seit dem 2020 erschienenen Album "The Cause of Doubt and Reason to Have Faith" und erscheint zeitgleich mit der Ankündigung von L.A. Salamis viertem Album "Ottoline", das am 30. September über Sunday Best Recordings veröffentlicht wird.




Die Single und das Video thematisieren die "zyklische und zersetzende Natur von Machtstrukturen in unserer Gesellschaft" und die unvermeidlichen Auswirkungen, die dies auf unser tägliches Leben und unsere Entscheidungsprozesse hat. Letztlich ermutigt der Song die Menschen dazu, Veränderungen aus einer Position der Liebe und der Positivität heraus zu gestalten, anstatt aus Angst. Diese neugierige, intellektuelle Herangehensweise zeigt sich in Ottoline, einem Album, das einen Künstler auf dem Höhepunkt seines Könnens zeigt, der sich über alle Genregrenzen hinwegsetzt und die Welt um sich herum aus einer wirklich einzigartigen kreativen Perspektive betrachtet, dokumentiert und bewertet.



L.A. Salamis Reise der Selbstfindung geht weit über die Musik hinaus. Lookman Adekunle Salami wurde als Sohn einer nigerianischen Mutter und eines abwesenden Vaters in Peckham geboren und verbrachte aufgrund verschiedener Umstände die ersten Jahre seiner Kindheit in einer Pflegefamilie. Dieses Gefühl, ein Außenseiter zu sein, durchdringt sein kreatives Schaffen, sei es in der Musik oder in den Grafiken, die er daneben produziert.



Auf Ottoline arbeitet Lookman mit einer stark erweiterten Klangpalette und lässt sich von einigen der modernen Rap-Titanen wie Kanye West, Drake und Kendrick Lamar inspirieren. Während frühere Veröffentlichungen eher in Richtung Folk tendierten, strotzt Ottoline vor grenzenloser Kreativität und Experimentierfreude und wird L.A. Salami mit Sicherheit als einen der faszinierendsten unabhängigen Künstler Großbritanniens etablieren.



Album Pre Order - HIER



Tracklist “Ottoline”:

Intro
Desperate Times, Mediore Measures
Flying Printers (skit)
The Full Form
Is This Hell? (pt 1)
Systemic Pandemic
Muse (interlude)
Peace Is Fine
Peace of Mind
Minus His Woman (Redux)
Lady Winter
As before
Dear Ottoline (skit)
In Honour Of The Street Lights

Lyrics

Sitting here just sipping on a Courvoisier,

Slipping deeper into a suspicion

That everything ends the same…



Each man might have a mission

To just advance his position -

Any fault on a decision

The competition’s to game.



How much kindness is left at the top though

When you have a say of a child’s fate

100 miles away?

Power can only make power stop,

So there seems to be a monopoly of power

In every type of way.



Old ideas can’t simply step aside

When they built the rules

In which our world resides.

And, hence, the cost of possessing the eyes

That witness the confines

And qualities of time.



The weight of truth that’s really not benign

When you possess the eyes

that create their own divine.

Be glad to simply be given the time

To cultivate the love

By which we must survive.



Consciousness could simply be caution

Confined in constant etymologies of thought

In proportion to what is displayed -

Experience – an inherent inheritance –

A defence against all the questions

The gift of foresight can’t help but display.



How much can you trust mans at the top though

When he makes a play for a piece of land

100 miles away?

What good is left when you get to the top though

when you have a say of decisions made

100 miles away?

Does he have mind to concede his place though

When position pays in the workings of this game?

Will he let you supersede his place? NO!

He’ll put you on the payroll

And send you on your way.



Old ideas can’t simply step aside

When they built the rules

In which our world resides.

And, hence, the cost of possessing the eyes

That witness the confines

And qualities of time.



The weight of truth that’s really not benign

When you possess the eyes

that create their own divine.

Be glad to simply be given the time

To cultivate the love

By which we must survive.

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