Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


Dagobert - Bonn Park

Dagobert- Bonn Park

Dagobert / Edel
VÖ: 23.09.2022

Unsere Bewertung: 4/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Aus der Traum

Wer hätte das gedacht: Lukas Jäger wundert sich über die Liebe. Ja, auch auf seinem fünften Album unter dem Alias Dagobert. Das höchste aller Gefühle ist nun mal ein trügerisches. Und eins, das so schwirr im Kopf machen kann, dass man mitunter grenzwertige Dinge von sich gibt. Zum Beispiel: "Ich seh Dich dann im Zoo, bei den Affen irgendwo / Und da schlürfen wir ein Eis, denn es wird heut ziemlich heiß." Oder: "Und so verschwend ich meine Tage mit den Dingen, die ich sage / Besser sollte ich Dich holen mit Gewehren und Pistolen." Einfältige Zeilen wie diese sollte man Dagobert unter liebeskranken Umständen also tunlichst verzeihen, zumal der Schweizer zu bedenken gibt: "In der Schlagerszene finde ich nicht statt." Und wenn es noch eine zumindest für Plattentests.de-Verhältnisse äußerst einfältige Zeile sein darf: Was nicht ist, kann ja noch werden.

"Bonn Park" vollführt im Gegensatz zum rätselhaft schillernden Drama-Pop auf "Jäger" nämlich einen eindeutigen Schlager-Move. Wo "Im Wald" verwunschene Naturmystik verströmte und das tragikomische "For the love of Marie" eine blinkende Showtreppe herunterschritt, macht Dagobert seine Absichten schon in "Ich will ne Frau die mich will" weitaus unverblümter klar – mit einem Song, der gar nichts anderes sein will als ein Vertreter der denkbar leichtesten Muse. Mehrstimmiges "Lalala" im Stumpf-Modus, schaumgebremster Schunkelbeat, ein Schlenker zu den Ballermann-Hits mit den unfeinen Wörtern im Refrain – einerseits grauenerregend, andererseits unfassbar catchy und tief im Innern ein Fest für alle, die von nervigem On-Off-Beziehungstrubel irgendwann die Nase voll haben. Abteilung: peinlichstes Lieblingslied. Aber bitte nicht zu viel davon.

Neben der sehnsuchtstriefenden Shuffle-Walze "Du fehlst mir" und "Warum wieso weshalb", einer leidlich gefälligen "Immer wo Du bist bin ich nie"-Klage für die Harten im Fernsehgarten, bleibt diese Single eine der wenigen schönen Katastrophen dieser Art. Bedeutend weniger Eindruck macht Dagobert allerdings, wenn er zu Beginn von "Bonn Park" zwei pessimistische Batzen Schwermut in die schwüle Luft drückt. "Ich verlasse Dich" wird als stolzes Selbstermächtigungslied gedacht sein, dessen Protagonist sich weigert, hinter seiner vermeintlich besseren Hälfte zu verschwinden, wankt aber dank öliger Saxofon-Einlage und wie so oft aufploppendem, verhuschtem Dialekt ziemlich neben sich her. Und schiebt der Sänger zu desillusionierter Klimperei ein "Alle Träume müssen sterben" hinterher, hat sich der von einem guten Album schon längst verflüchtigt.

Zu schmierig und ironiefrei schleppt sich "Bonn Park" über die Runden – auch der Titel taugt nicht als humorige Antithese zu "Berlin Grünanlage", sondern verweist auf einen koreanischstämmigen Theatermacher, für den Dagobert das kosmisch entrückte "Kometenlied" bereits auf der Bühne sang. Weniger ätherisch begehrt er im ungelenken "Meine verheiratete Frau" des Nächsten Weib, klaut Robbie Williams' "She's the one" die Harmonie und wirft mit Mordfantasien um sich, die im dynamischen Fuzz-Rocker "Unteilbar" besser aufgehoben gewesen wären. Der Einzige, von dem Dagobert hier ein Kind will, ist übrigens ausgerechnet ein Mann: "Uli Jon Roth", früherer Scorpions-Gitarrist und mit einer windschiefen Orchester-Pop-Hymne bedacht. Doch noch eine ironische Pointe? Auf diesem unangenehm disparaten Album wundert einen nichts. Erst recht nicht die Liebe.

(Thomas Pilgrim)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Ich will ne Frau die mich will
  • Unteilbar

Tracklist

  1. Ich verlasse Dich
  2. Alle Träume müssen sterben
  3. Ich will ne Frau die mich will
  4. Blieb diesmal hier
  5. Warum wieso weshalb
  6. Du fehlst mir
  7. Meine verheiratete Frau
  8. Unteilbar
  9. Uli Jon Roth
  10. Der Tag der nie verging
  11. Kometenlied

Gesamtspielzeit: 40:20 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden über neue Beiträge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erhältst dann in einem weiteren Schritt direkt die Möglichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

tjsifi

Postings: 862

Registriert seit 22.09.2015

2022-10-04 14:09:36 Uhr
Das Album ist leider nur mittelmässig ausgefallen. Freue mich natürlich trotzdem mega aufs Konzert am Freitag in Stuggi!

Deaf

Postings: 3051

Registriert seit 14.06.2013

2022-09-28 21:46:01 Uhr
klaut Robbie Williams' "She's the one" die Harmonie

Den Satz würde ich nochmals überdenken. Bekanntlich hat Robbie genau diesen Song 1:1 von World Party übernommen.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 27713

Registriert seit 08.01.2012

2022-09-28 21:29:21 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?
Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Bestellen bei Amazon

Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv

Threads im Plattentests.de-Forum

Anhören bei Spotify