Death Cab For Cutie - Asphalt meadows
Atlantic / Warner
VÖ: 16.09.2022
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Ihr Handwerk
Die Karriere der US-Band Death Cab For Cutie ist so konstant wie die Avogadro-Zahl. Öffentlichkeitswirksame Skandale, zertrümmerte Hotelzimmer, wilde Drogenabstürze – wer solch heißen Gossip möchte, der muss woanders klopfen. Bei der Band aus dem US-Bundesstaat Washington ging es seit jeher so solide zu wie in einem Handwerksbetrieb in Salach im Filstal: Alle drei bis vier Jahre bringt die Gruppe um Frontmann Benjamin Gibbard eine neue Platte heraus, die zwar selten den Status eines Meisterwerks innehat, aber verlässlich schöne, herbstlich-feierliche Musik liefert, irgendwo an der Grenze zwischen Indie-Pop, Emo ohne Kajal und College-Rock der frühen Nullerjahre. Die Großwerke "Transatlanticism" und "Plans" liegen bald 20 Jahre zurück, aber anstatt sich an immer neuen Aufgüssen des Altbewährten zu probieren, suchten Death Cab For Cutie ihr Heil in der sanften Kurskorrektur: So wurden in der Vergangenheit beispielsweise Prog- und Postrock-Anflüge eingeflochten oder auch mal Electro-Sperenzchen integriert. "Asphalt meadows", das nunmehr zehnte Studioalbum der Band, erprobt nun etwas handfester ROCK-Musik und die Großbuchstaben sind hier kein Versehen. So offensiv und stringent klang das Quintett schon seit vielen Jahren nicht mehr.
Schon der vorab veröffentlichte Zwominüter "Roman candles" weiß in dieser Hinsicht zu gefallen: Die Melodie geht runter wie selbstgemachter Zitroneneistee am wärmsten Tag des Jahres, während die Gitarren sirenenhaft aufheulen und die Drums einen dezenten Bryan-Devendorf-Vibe versprühen. Natürlich rocken Death Cab For Cutie nicht breitbeinig und mit üblen Klischee-Posen, nein, diese neue Dynamik wird fein säuberlich in den bestehenden Bandsound integriert. "Foxglove through the clearcut" beginnt mit einem Spoken-Word-Intro und entwickelt seine schimmernde Postrock-Aura im Laufe der fünf Minuten Spielzeit: kristallklare Gitarren bilden die Grundlage, auf der Schlagzeug und Bass ein spannendes Rhythmusgebäude errichten. Hier klingen Death Cab For Cutie wie eine Westküstenband der späten Neunzigerjahre, welche die Sollbruchstelle von Post-, Math- und Experimental-Rock zu bestimmen versucht. "Here to forever" findet seine Inspiration noch mal ein Jahrzehnt davor, denn insbesondere in den Synthie-Schlieren, die sich auf markante Art durch die Nummer ziehen, scheinen die Achtziger ihren Widerhall zu finden.
Zwischen all diesen stilistischen Kurswechseln und Sprüngen in vergangene Dekaden haben sich aber auch die klassischen Death-Cab-For-Cutie-Hits gemischt, jene Songs also, die man nur zu gerne auf Tapes packen beziehungsweise in Playlists schieben möchte, am besten irgendwo zwischen Nada Surf, Teenage Fanclub und The Dismemberment Plan. "Pepper" kommt in der Folge eher als akustisches Intermezzo daher, ein perlender Gitarrenpop-Song mit netter Hook, der so süßlich den letzten Kuss seines Gegenübers einfordert, dass man diesem Aufruf öfter als nötig Folge leisten möchte. Auch klar ist: Mit derlei Kompositionen wird man von edgy Popkultur-Feuilletonisten und Pitchfork-Jüngern natürlich nicht gefeiert. Auch dies ist eine Konstante in der Karriere dieser sympathischen, unscheinbaren und deswegen umso mehr ans Herz gehenden Band. Doch wenn sich Death Cab For Cutie im finalen "I'll never give up on you" die Klaviermelodie von Radiohead leihen, wenn sich in der vorwärts hoppelnden Hitsingle "Here to forever" Bass und Schlagzeug ein Wettrennen um die Aufmerksamkeit des Hörers liefern und der Titelsong eine große Portion Melancholie versprüht, dann weiß man, dass man hier richtig ist. Bei den netten Jungs von nebenan, die mit den einfachsten Mitteln immer noch begeistern können.
Highlights
- Rand McNally
- Here to forever
- Foxglove through the clearcut
- I miss strangers
Tracklist
- I don't know how I survive
- Roman candles
- Asphalt meadows
- Rand McNally
- Here to forever
- Foxglove through the clearcut
- Pepper
- I miss strangers
- Wheat like waves
- Fragments from the decade
- I'll never give up on you
Gesamtspielzeit: 42:09 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Hier stand Ihre Werbung Postings: 2076 Registriert seit 25.09.2014 |
2024-08-04 20:58:01 Uhr
Ich finds hervorragend und auf einem Level mit dem sehr starken Kintsugi.Here to Forver, Pepper, Asphalt Meadows, I miss strangers,... So viele Highlights! |
MartinS Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 1395 Registriert seit 31.10.2013 |
2023-01-12 22:16:49 Uhr
Also "Album des Jahres" auch nicht im Sinne von "das absolut beste", sondern eher "hab ich am meisten gehört". Und lieb gewonnen.Einzig die Produktion finde ich so ein bisschen gewöhnungsbedürftig, vor allem in den lauten Passagen. |
jo Postings: 6545 Registriert seit 13.06.2013 |
2023-01-12 22:04:32 Uhr
Kann ich nur zustimmen. Mit "Album des Jahres" bin ich mir gar nicht sicher, habe ich aber auch noch nicht drüber nachgedacht. Einfach ein tolles Album, das man auch wirklich sehr gut durchhören kann, wie mir auch erst vorgestern wieder auffiel. |
MartinS Plattentests.de-Mitarbeiter Postings: 1395 Registriert seit 31.10.2013 |
2023-01-12 21:05:23 Uhr
Mein Album des Jahres 2022. Und das auch noch versehentlich. Hat sich über die Zeit immer mehr entfaltet, dabei könnte ich noch nicht mal einzelne Songs besonders hervorheben. Einfach ein tolles Gesamtwerk! |
jo Postings: 6545 Registriert seit 13.06.2013 |
2022-10-18 22:03:33 Uhr
Auf jeden Fall! :) Ich war damals übrigens wirklich nicht begeistert vom Album (auch nicht von der EP). Kann sich eben alles ändern über die Zeit... |
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Referenzen
Ben Gibbard; Chris Walla; All-Time Quarterback; Crashcaptains; Burkini Beach; The Postal Service; Elbow; Doves; Nada Surf; Frightened Rabbit; Straylight Run; Someone Still Loves You Boris Yeltsin; Pedro The Lion; Jimmy Eat World; The Get Up Kids; The Appleesed Cast; The Weakerthans; Built To Spill; Manchester Orchestra; Modest Mouse; Band Of Horses; Grizzly Bear; Okkervil River; The Decemberists; Sufjan Stevens; Iron & Wine; The Shins; Wilco; Stars; Broken Social Scene; The National; Ben Folds; Bright Eyes; Kevin Devine; Broken Bells; Great Lake Swimmers; Local Natives; We Were Promised Jetpacks; The Mountain Goats; Noah And The Whale; The Rural Alberta Advantage; Radiohead; Keane; Counting Crows; Phoenix; Rogue Wave; The Long Winters; Rilo Kiley; Destroyer
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