Ozzy Osbourne - Patient number 9

Epic / Sony
VÖ: 09.09.2022
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Personalkarussell
Die regelmäßigen Leserinnen und Leser unseres Newsletters erhalten ja des öfteren intime Einblicke in den Redaktionsalltag. Wer nun aber meint, im Hause Plattentests.de sei immer Friede, Freude, Eierkuchen angesagt, solange nur genügend Pilzrahmsuppe vorrätig ist, irrt ganz gewaltig. Denn wenn es drauf ankommt, lässt der Chef gnadenlos Köpfe rollen. Jüngstes Opfer des Linderschen Bannstrahls ist unser ansonsten immer dezent im Hintergrund arbeitendes Redaktions-Orakel. Denn jenes war sich 2020 anlässlich der Rezension von Ozzy Osbournes sehr spätem Spätwerk "Ordinary man" ziemlich sicher, dass dies das letzte Album des "Prince of darkness" sei – zu angeschlagen die Gesundheit des Briten, und ehrlicherweise konnte die Platte den viel zitierten Test of Time auch nicht recht überzeugend gestalten. Die schon damals mehrfach verschobene Tour fand bis heute nicht statt, und im April 2022 kam auch noch eine Corona-Infektion hinzu. Kurzum: Wie schon damals erwähnt, ist Osbourne ein sehr alter und sehr kranker Mann. Zumindest in musikalischer Sicht jedoch eine Fehleinschätzung aus dem Lehrbuch, wie sich zum Nachteil der Karriere unseres Orakels herausstellen sollte.
Denn nicht genug, dass mit "Patient number 9" tatsächlich ein weiteres Album das Licht der Musikwelt erblickt, nein, am 8. September betrat der 73-Jährige endlich wieder eine Bühne, wenn auch nur in der Halbzeitpause des Eröffnungsspiels der National Football League. Zeit genug, um den Titeltrack seines 13. Studio-Albums zu präsentieren, welches der Frontmann wie schon beim Vorgängeralbum nahezu komplett in die Hände von Produzent Andrew Watt gab. Rein akustisch gesehen sollte sich dies allerdings als keine gute Idee erweisen, klingt die Produktion doch seltsam steril, irgendwie unnatürlich platt, zumindest in keiner Weise wie eine erdige Hardrock-Platte. Auf der anderen Seite gelang es Watt erneut, eine stattliche Anzahl von Gastmusikern zusammenzutrommeln, die dem Altmeister anstelle einer "richtigen" Band unter die Arme greifen.
So richtig heraushören kann man das indes nicht immer. Denn der Titeltrack eröffnet die Platte zwar würdig mit starken Riffs und einer schön bizarren Story, das eigentlich unverwechselbare Gitarrenspiel von Jeff Beck hält sich jedoch viel zu stark im Hintergrund. Auch das im Grunde gut marschierende "Immortal" mit dem Pearl-Jam-Gitarristen Mike McCready leidet an der viel zu brutal auf modern getrimmten Produktion, während "No escape from now" und später "Degradation rules" mit einer echten Überraschung aufwarten können – kein Geringerer als der legendäre Tony Iommi, der sich über all die Jahrzehnte aus den Solo-Produktionen seines ehemaligen Sängers herausgehalten hatte, gibt sich hier die Ehre. Es dürfte insofern kein Zufall sein, dass der wabernde Leslie-Effekt von "No escape from now" an den Klassiker "Planet caravan" erinnern lässt. Und obwohl das Ende von Black Sabbath nun auch schon einige Jahre zurückliegt und das Verhältnis zwischen Iommi und Osbourne nicht immer einfach war, spürt man in jedem Akkord die Chemie zwischen diesen beiden Legenden.
Doch natürlich muss man ehrlich bleiben und feststellen, dass "Patient number 9" vor allem von der Selbstreferenz lebt. "One of those days" beispielsweise wird durch ein feines Gitarrensolo von Eric Clapton zurück in die Siebziger gebeamt, zeigt aber auch den Texter Osbourne ebenso wie in "God only knows" von einer nachdenklichen und reflektierten Seite. Die vier Songs mit Beteiligung von Zakk Wylde hingegen machen mit krachenden Metal-Riffs deutlich, dass der bärtige Gitarrist eine wesentliche Antriebsfeder für Osbourne in den Neunzigern war und für legendäre Alben wie "No more tears" mit verantwortlich zeichnete. Natürlich wird "Patient number 9" dadurch nicht in die Geschichte des Hardrock eingehen. Doch es gibt zahlreiche so genannte Alterswerke, die sich als erheblich ärgerlicher erwiesen haben, sieht man einmal vom erwähnt fürchterlichen Sound dieser Platte ab. Selbst der irgendwie jenseitig klingende Abschluss "Darkside blues" wartet noch mit einem kleinen Twist auf, der die Frage, ob dies nun wirklich das letzte Album sei, bewusst offen lässt. Wünschen wir also Mr. Osbourne weiterhin gute Gesundheit. Und vielleicht bekommen wir ja doch noch ein neues Orakel. Chef, wie sieht's aus?
Highlights
- Patient number 9 (feat. Jeff Beck)
- No escape from now (feat. Tony Iommi)
- One of those days (feat. Eric Clapton)
- God only knows (feat. Dave Navarro)
Tracklist
- Patient number 9 (feat. Jeff Beck)
- Immortal (feat. Mike McCready)
- Parasite (feat. Zakk Wylde)
- No escape from now (feat. Tony Iommi)
- One of those days (feat. Eric Clapton)
- A thousand shades (feat. Jeff Beck)
- Mr. Darkness (feat. Zakk Wylde)
- Nothing feels right (feat. Zakk Wylde)
- Evil shuffle (feat. Zakk Wylde)
- Degradation rules (feat. Tony Iommi)
- Dead and gone (feat. Rob Trujillo)
- God only knows (feat. Dave Navarro)
- Darkside blues
Gesamtspielzeit: 61:10 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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fuzzmyass Postings: 18901 Registriert seit 21.08.2019 |
2025-02-24 00:49:31 Uhr
Letztens mal wieder etwas durch Teile der Diskographie durchgehört und ich finde, dass das Album hier echt zu den besseren gehört - wäre ein klasse Karriere Abschluss... den Vorgänger Ordinary Man finde ich dagegen eher durchwachsen okay - so 6/10... Patient Nr. 9 kriegt ne gute 8/10...Beste Alben: 1. No More Tears 2. Blizzard Of Ozz, Diary Of A Madman 3. Patient Nr. 9 |
fuzzmyass Postings: 18901 Registriert seit 21.08.2019 |
2025-02-18 00:57:25 Uhr
Finde das Album absolut großartig... Ja, evtl etwas zu modern im Sound, aber dennoch recht fett... aber viel wichtiger - die Songs sind fantastisch und die ganzen Arrangements und Gastperformances überragend und abwechslungsreich... bei 61 Minuten kommt null Langeweile auf.. |
Mr Oh so Postings: 3302 Registriert seit 13.06.2013 |
2022-09-22 22:31:31 Uhr
Im Ernst: Ich finde das Album gar nicht schlecht. Zwar würde ich das mit dem klinischen Sound auf jeden Fall unterschreiben, aber das war ja auch bei den letzten Ozzy-Alben schon so. Ein Ozzy-Album entsteht ja nicht, weil sich da ein einsames Genie hinsetzt und nachts ein paar Songs einspielt. Da sind jede Menge Leute beteiligt, die Ozzy was auf den Leib schneidern. Aber für das, was es ist, ist es gut. Rockt. |
RJ75 Postings: 2 Registriert seit 22.09.2022 |
2022-09-22 16:22:42 Uhr
@Mr Oh so: Wessen Wahrheit denn? Deiner? Oder der (durchweg positiven) Meinungen anderer Kritiken? Oder wessen "Wahrheit"? |
Mr Oh so Postings: 3302 Registriert seit 13.06.2013 |
2022-09-22 15:22:06 Uhr
Subjektiv magst Du recht haben, aber die wahrheit sieht anders aus. |
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Referenzen
Black Sabbath; Tony Iommi; Heaven & Hell; Dio; Alice Cooper; Danzig; Monster Magnet; Hawkwind; Zakk Wylde; Black Label Society; Blue Öyster Cult; The Cult; Def Leppard; Pink Cream 69; Megadeth; Bruce Dickinson; Iron Maiden; Judas Priest; Van Halen; Metallica; Corrosion Of Conformity; Guns N' Roses; Skid Row; Billy Idol; Lordi; Uriah Heep; Deep Purple; Rainbow; Twisted Sister; Whitesnake; Mötley Crüe; Manowar; Motörhead; Kiss; Ghost
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