Sohn - Trust
4AD / Beggars / Indigo
VÖ: 02.09.2022
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Liebe auf den zweiten Blick
Christopher Taylor hat mindestens schon zweimal die Musikwelt bezaubert. Christopher Taylor? Verzeihung, gemeint ist natürlich: Sohn. Der gebürtige Londoner, der zwischenzeitlich in Österreich lebte und inzwischen als Familienvater in Kalifornien zu Hause ist, legte mit seinen Alben "Tremors" und "Rennen" zwei viel beachtete, oft gelobte und künstlerisch wertvolle Werke vor. Perfekt produziert, bis ins kleinste Detail durchdacht und so spannend, dass sie auch nach Jahren noch zur Entdeckungsreise einladen. Ganz schön viel Ballast für einen Einzelnen. Und so gerät Album Nummer drei, "Trust", zu einer etwas diffizileren Angelegenheit. Kurzform: Es ist Liebe auf den zweiten Blick. Aber: Es ist Liebe.
Der Entstehungsprozess von "Trust" barg für Sohn einige Unwägbarkeiten. Sein Schreiben, Produzieren und fortwährendes Durchdenken führten schließlich sogar so weit, dass er alles bis dato Erschaffene hinterfragte und sich für neue Wege entschied. Für ihn untypisch, ließ er sich auf Mitstreiter an seiner Seite ein und durchbrach das für ihn sonst so typische Einsiedler-Vorgehen. Und so entstand ein Album, das seine Fertigkeiten erweitert und unter dem Strich sein ganzes Können wieder einmal zum Vorschein bringt. Ein ganz kurzes Intro weist den Weg, "Antigravity" ist schließlich der erste richtige Song. Der kommt durchaus unspektakulär daher, doch für ihn gilt wie für so vieles auf diesem Album: nicht vorschnell urteilen. In "Figureskating, Neusiedlersee" wirft Sohn einen Blick in die Vergangenheit und erinnert sich: "There's a crack in the ice where I skated your name." Brüchige Liebe, im wahrsten Sinne.
Es gibt neben den Songs, für die man Geduld benötigt, aber auch solche, die unmittelbar einschlagen. "M.I.A." ist so einer, hier wummert es mit aller Macht. Beklemmend das Thema: Depressionen. "Never once I ever lived alone", heißt es hier, und Sohn verneigt sich vor denen, die einen Menschen im tiefsten Grau nicht alleine lassen. Die Singer-Songwriter-Ader im Musiker kommt im von Pianoklängen dominierten "I won't" hervor, während in "Riverbank" die Hingabe des Musikers zu seinem musikalischen Schaffen endgültig greifbar wird. Eine Art Fingerschnipping-Groove durchzieht das kaum greifbare "Life beyond glass" und gönnt sich jazzige Momente, die zunächst partiell rätselhaft erscheinen, sich nach und nach aber doch erschließen. Wie gesagt: Liebe auf den zweiten Blick.
In "Segre" betritt Sohn dann wieder das Hochplateau im Qualitätsgebirge. Das Songwriting passt bis ins kleinste Detail, der Gesangsvortrag ist grandios. Ein Song, den man immer lauter drehen und jeder und jedem vorspielen möchte: Hör! Dir! Das! An! In "Station" ist Sohn ganz bei sich, "Basis" wird zur tieftönenden Song-Schönheit, und zum großen Finale greift er in "Caravel" noch einmal in die Emotionskiste. "But I'm never going to walk away." Und das ist auch gut so.
Highlights
- M.I.A.
- Riverbank
- Segre
Tracklist
- Start
- Antigravity
- Figureskating, Neusiedlersee
- M.I.A.
- I won't
- Riverbank
- Life behind glass
- Truce
- Montardit
- Segre
- Station
- Basis
- Caravel
Gesamtspielzeit: 40:14 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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peter73 Postings: 3384 Registriert seit 14.09.2020 |
2023-11-28 13:18:06 Uhr
"tremors" bleibt das beste sohn - album, "trust" ist mir zu viel reduzierter schönklang und für mich eine gute 6/10 |
Francois Postings: 1195 Registriert seit 26.11.2019 |
2022-09-12 16:37:22 Uhr
richtig schönes Album!wesentlich ruhiger und zerbrechlicher im Sound. Segre ist in der Tat sehr, sehr gut |
Carsten Postings: 1 Registriert seit 05.09.2022 |
2022-09-05 19:43:53 Uhr
Nicht alles aber teilweise großartig, z.B. M.I.A, Riverbank oder Serge…Gehört insgesamt sicher nicht zu den Top3 des Jahres , aber ausgesprochen hörenswert allemal … 8/10 |
Cayit Postings: 265 Registriert seit 05.05.2014 |
2022-09-03 10:44:49 Uhr
Hatte etwas anderes erwartet...Album klingt zu Organisch für SOHN verhältnisse. 7/10 |
myx Postings: 5334 Registriert seit 16.10.2016 |
2022-09-02 20:21:37 Uhr
Die spontane grosse Liebe ist "Trust" für mich auch nicht. Mir fehlt bei einigen Songs tatsächlich auch etwas die Sohn-Trademark, der kernige Bass. Ich gebe dem Album aber gerne die vielleicht erforderliche Umgewöhnungszeit, mal schauen. "M.I.A." ist jedenfalls nach wie vor herausragend und steht zurecht in den Highlights. |
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