Amon Amarth - The great heathen army
Metal Blade / Sony
VÖ: 05.08.2022
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
Wikingerschach
Mal ehrlich: Mitten im dritten Jahr der COVID-19-Pandemie immer noch darüber zu berichten, dass dieses dämliche Virus Band X beim Songwriting und Band Y beim Touren beeinflusst hat, ist inzwischen ein alter Hut. Womit die Geschehnisse und die Opfer natürlich nicht unter den Tisch gekehrt werden sollen. Doch für Amon Amarth waren die globalen Einschränkungen gleich in mehrfacher Hinsicht bitter. Denn während das Album "Berserker" ähnlich wie dessen Vorgänger "Jomsviking" die Charts anführte, musste die zugehörige Tour in vollem Lauf unterbrochen werden. Und wer einmal eine Show der Schweden gesehen hat, weiß um den Aufwand, der dort betrieben wird. Letztlich musste sich auch der Fünfer um den Fronthünen Johan Hegg die Frage nach dem "Quo vadis?" stellen – weitermachen wie bisher oder die Chance zu Veränderungen nutzen?
Nach den erstaunlich kurzen 43 Minuten von "The great heathen army" ist klar – die überaus eingängigen Sounds der letzten Alben sind deutlich heruntergefahren und haben einer neuen Wucht Platz gemacht. Oder anders ausgedrückt: Herrje, ist das ein Brett geworden. Schon beim Opener regiert die grobe Keule, und die Aufforderung "Get in the ring" möchten Normalsterbliche von einem Koloss wie Hegg eher ungern hören. Am Ende jedoch handelt es sich hier um die Einlaufmusik des norwegischen Profi-Wrestlers Erick "Redbeard" Rowan, der entsprechend schon rein phänotypisch in die von Amon Amarth üblicherweise besungene nordische Mythologie passt.
Dies wiederentdeckte Ruppigkeit hält die Skandinavier jedoch nicht davon ab, wahrhafte Hook-Gebirge aufzutürmen, tatkräftig unterstützt vom für solche Sounds bekannten Produzenten Andy Sneap. Das Titelstück beispielsweise behandelt den Überfall der Wikinger auf Britannien im Jahr 865 und lässt auch sonst keinen Stein auf dem anderen. Mag sein, dass die ganz filigranen Licks von Gitarrist Olavi Mikkonen dadurch etwas in den Hintergrund rücken, aber angesichts solcher Riffs ist das völlig legitim. Danach wird es allerdings ein wenig skurril, denn "Heidrun" ist mitnichten die Oma des Frontmanns, sondern jene Ziege, die in Walhalla lebt, sich vom Laub der Spitze des Weltenbaums Yggdrasil ernährt und statt Milch den Met für die gefallenen Krieger spendet. Gut nachvollziehbar, wenn man in der Mythologie etwas belesen ist, aber Samples eines meckernden Paarhufers zusammen mit dem Wechselgesang "Who's the goat? Who's the goat? Heidrun!" sind dann wohl doch des Guten zu viel.
Und während noch der Gedanke reift, Amon Amarth seien jetzt nun doch Opfer der Pagan-Verschunkelung geworden, reißt "Oden owns you all" einfach mal alles nieder. Kein "Mäh", sondern ratternde Blastbeasts dominieren das wohl größte Inferno, das die Schweden seit Langem produziert haben. Sagen wir's unverblümt: Hier liegt man nicht mehr Arm in Arm im Pit, sondern pogt sich eben dort nach allen Regeln der Kunst die Scheiße aus dem Leib. Für akustische Verbrüderungen bleibt dennoch Zeit, denn für "Saxons and Vikings" konnten gleich drei Musiker von – Überraschung! – Saxon gewonnen werden, namentlich Frontmann Biff Byford nebst seiner beiden Gitarristen. Was den Effekt hat, dass sich plötzlich der klassische britische Metal zornigem Elchtod gegenübersieht – ein gelungenes Kräftemessen zweier Bands mit einem ganz eigenen Stil. Dieser sorgt dafür, dass "The great heathen army" natürlich unverkennbar ein Album von Amon Amarth bleibt, wenn auch mit leichten Modifikationen. Und wenn die Skandinavier schon den Mut haben, ihre Erfolgsspur ein Stück weit zu verlassen und beim Abschluss "The serpent's trail" gar dezent Orchester-Samples nutzen, dann seien auch die paar wenigen eher konventionellen Riffs im Mittelteil verziehen. Na gut, und auch das völlig missratene Artwork. Vielleicht sind es aber gerade diese Kleinigkeiten, die die Platte am Ende sogar spannender gestalten als ihre Vorgänger. Denn nur wer wagt, gewinnt.
Highlights
- The great heathen army
- Oden owns you all
- Saxons and Vikings
Tracklist
- Get in the ring
- The great heathen army
- Heidrun
- Oden owns you all
- Find a way or make one
- Dawn of Norsemen
- Saxons and Vikings
- Skagul rides with me
- The serpent's trail
Gesamtspielzeit: 43:08 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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velvet cacoon Postings: 439 Registriert seit 31.08.2019 |
2022-08-11 16:17:02 Uhr
letzten Endes, Drachenlord Metal,Leude. |
8hor0 Postings: 1241 Registriert seit 14.06.2013 |
2022-08-11 12:00:32 Uhr
wie so oft ist der abschluss-song des albums der beste! 7/10. |
regger Postings: 323 Registriert seit 31.03.2021 |
2022-08-08 13:36:26 Uhr
Nach 2 Durchläufen eine 8/10 für mich.Sehr solide Kost, teilweise wieder etwas härter, was ich gut finde. Heidrun ist mir zu lasch bzw. 08/15, aber dafür gibts Kracher wie z.B. Oden Owns You All. Das Duett bei Saxons and Vikings find ich grandios, der abwechselnde Gesang harmoniert super. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27844 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-08-05 20:01:07 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Hypocrisy; Arch Enemy; Ensiferum; Insomnium; Thyrfing; Equilibrium; Eluveitie; Kalmah; Bolt Thrower; In Flames; Dark Tranquillity; Bathory; Kataklysm; Dark Funeral; Morbid Angel; Dismember; At The Gates; Finntroll; Wintersun; Immortal; Týr; Sinister; Vader; God Dethroned; Behemoth; Death; Entombed; Unleashed; Grave; Krisiun; Carcass; Soilwork; Amorphis; Into Eternity; Children Of Bodom; Slayer; Exodus; Machine Head; Pantera; Celtic Frost; Opeth; Iron Maiden; Judas Priest; Saxon; Accept
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