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Jennifer Vanilla - Castle in the sky

Jennifer Vanilla- Castle in the sky

Sinderlyn
VÖ: 05.08.2022

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 4/10

Gemischte Portion mit Sahne

Die Erfindung eines Alter Egos hilft Musiker*innen seit jeher bei ihrem künstlerischen Output. Wie schon Mr. Hyde in Stevensons Roman sind die Zweitpersönlichkeiten oftmals Ausdruck der dunkleren, abgründigeren Seite des Seelenlebens, wie etwa Slim Shady bei Eminem oder Aladdin Sane bei David Bowie. In anderen Fällen dient die Persona als Ventil für das Spiel mit Geschlechteridentitäten, wie Lady Gagas Jo Calderone, oder sie ist eine Projektion für ein extrovertiertes und (sexuell) selbstbewussteres Auftreten, wie es etwa Sasha Fierce für Beyoncé war. Letzteres ist auch das Verhältnis von Becca Kauffman aus New York und dem Alter Ego Jennifer Vanilla. Kauffman war Mitglied bei der sehr hörenswerten, experimentellen Art-Rock Band Ava Luna und veröffentlichte 2019 mit "J.E.N.N.I.F.E.R" die erste EP unter dem Namen Jennifer Vanilla, deren Sound voller wunderlicher Elektroklänge, unterkühlter Synthie-Hooks und exaltiertem Sprechgesang auf dem vorliegenden Debütalbum fortgesetzt und weiter verfeinert wird.

Mit zunehmend hypnotischem Beat und den Zeilen "Consider this an invitation / I'll be your guide" lockt "Take me for a ride" tief hinein in Jennifer Vanillas eklektisch eingerichteten Kaninchenbau und erinnert dabei doch sehr an eine nur etwas sperrigere Variante von Billie Eilishs "Bad guy", ohne dass dies dem Hörvergnügen irgendwelchen Abbruch täte. Das direkt anschließende "Jennifer pastoral" beschreibt, wie der Titel es vermuten lässt, einen Ausflug in die Natur. Diese Pastorale bringt jedoch mit ihrem hektisch-synkopischem Beat, dem Text über die Gefühle von Würmern und Fischen, sowie dem dominanten Free-Jazz-Saxofon jeden Schäfer samt seiner Herde in wilde Tanzverzückung. Jennifer Vanillas Hintergrund aus der Performance Art wird durch den eher gesprochenen Vortrag in "Body Music" ganz besonders offenkundig, und die zentrale Frage "What does your body music sound like?", die sich im Song auf Tanz, Sex oder auch allgemeines Körpergefühl beziehen könnte, lässt sich für diesen ebenfalls mit prominentem Saxofon instrumentierten Track als House-Remix einer Mélange von Donna Summer, Madonnas "Justify my love" und verblüffenderweise einer gehörigen Portion "Wissenswertes über Erlangen" beantworten.

Im überdrehten "Humility's disease" mit pluckerndem Keyboard und Drum'n'Bass-Beat beschreibt Vanilla die lähmende Wirkung von Zurückhaltung und Scham und liefert zugleich den Gegenentwurf: "I will tell you what I really think / I want skin, I want skin, you and me / Doing done for being done / Is it just a bad habit?" Sehr gekonnt aus dem Rahmen fällt dann die geschmeidige R'n'B-Nummer "Cool loneliness", die zu gleichen Teilen auf "Sweet nuthin'" von The Velvet Underground sowie auf Soul-Balladen aus den Neunzigerjahren rekurriert. Mit dem abschließenden Titeltrack geht es dann nochmals auf den Disco-House-Dancefloor, und die wie ein Mantra wiederholte Zeile "Be all what you want" kann definitiv auch als Maxime für Jennifer Vanillas musikalische Herangehensweise gelesen werden. Wie heißt es so schön im Song "Body music": "Let's get jennifreaky!". Mit dieser Aufforderung geht es den Zuhörenden so, wie mit dem Album auch insgesamt: Keine Ahnung, was genau das sein soll, aber ja und bitte mehr davon. Let's get jennifreaky indeed.

(Michael Albl)

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Highlights

  • Jennifer pastoral
  • Body music
  • Cool loneliness

Tracklist

  1. Jennifer calling
  2. Take me for a ride
  3. Jennifer pastoral
  4. Body music
  5. Humility's disease
  6. Jenny's ladder
  7. Cool loneliness
  8. Castle in the sky

Gesamtspielzeit: 33:05 min.

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Armin

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2022-07-28 19:55:00 Uhr - Newsbeitrag
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