Momma - Household name
Lucky Number / Rough Trade
VÖ: 01.07.2022
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Von guten Eltern
Vor ein paar Wochen erschien "Sometimes, forever", die jüngste Platte der völlig zu Recht so beliebten Künstlerin Soccer Mommy. Keine Überraschung, auch dieses Album ist natürlich super. Aber, aufgepasst: Auch andere Mütter haben schöne Songs. Zum Beispiel wäre die agile Indie-Rock-Band Momma da zu nennen. Das Trio kommt ursprünglich aus Los Angeles, besteht aus den Schulfreundinnen Etta Friedman und, was ein Name, Allegra Weingarten sowie dem Drummer Zach Capitti Fenton, und spielt genau jene Musik, die an sonnig-verschwitzten Tagen die eigene Jugend zelebriert. Mit all ihren wundervollen Seiten, aber auch den emotionalen Achterbahnfahrten, ohne die es eben auch nicht geht. Stilistisch zapfen die Kalifornier, die mittlerweile in New York leben, verlässlich etwas ältere Indie-Quellen an. Aber sollen sie doch anrufen, die Neunziger, und ihren Sound zurückverlangen! Momma und ihr neues, mittlerweile drittes Album "Household name" geben wir so schnell ganz bestimmt nicht mehr her.
Wer in den Neunzigern aufgepasst oder den verpassten Stoff mittlerweile nachgeholt hat, weiß, wo man Momma im Plattenregal korrekterweise einsortieren sollte: im besten Fall irgendwo zwischen The Breeders und Veruca Salt. Ihr Rock hat in knackigen Dreiminütern wie "Callin me" eine ganz leichte Post-Grunge-Schlagseite, ohne jedoch zu sehr an den rostigen Nägeln des Seattle Sounds zu lutschen. Dazu kommt die maximale Eingängigkeit und unbedingte Süffigkeit des Collegerocks. Wer also bei der wirklich wahnsinnig guten Single "Speeding 72" nicht sofort feuchte Hände und Augen bekommt, dem ist wohl nicht mehr zu helfen: Die Gitarren klingen so cool und frisch, wie es 2022 schon fast nicht mehr möglich scheint. Hinzu gesellt sich der halbmelancholische Gesang, der dem Stück die nötige Tiefe verleiht. Sommerhits – in der Welt des Autors dieser Zeilen sollten sie genau so klingen. "Medicine" kommt in der Folge wie das uneheliche Kind von Tegan And Sara und The Breeders daher, und mehr Werbung kann man für einen Song ja auch nicht mehr machen.
Im beinahe weezeresk wummernden "Rockstar" begeben sich Momma mit viel Selbstironie auf die Suche nach einem neuen Drummer, denn der letzte hat sich in diesem songgewordenen Roadmovie mal wieder aus dem Staub gemacht. Momma nehmen das ganze Business nicht wirklich ernst, ihre Lyrics sind humorvoll, meta und augenzwinkernd, ohne ins Alberne abzudriften. "Tall home" startet mit einem Modest-Mouse-Gedächtnis-Riff, bleibt aber sonst einigermaßen verhaltensunauffälliger Indie-Pop mit ein paar kleinen Kratzern und Schrammen an Knien und Ellenbogen. So möchte man sie doch haben, die frohlockend rockende Jugend: die richtigen Vorbilder im Plattenschrank, eine rotzige Attitüde, die man sich selbst außerhalb des Plattentests.de-Forums ohnehin schon längst abgewöhnt hat, und Ohrwürmer, die man sich schon mit dem Sparschäler aus der Hirnrinde säbeln müsste, würde man sie loswerden wollen. Das Gute ist: Wollen wir ja gar nicht. "Household name" ist nämlich, sorry, nicht von schlechtern Eltern.
Highlights
- Speeding 72
- Motorbike
- Lucky
Tracklist
- Rip off
- Speeding 72
- Medicine
- Rockstar
- Motorbike
- Tall home
- Lucky
- Brave
- Callin me
- Spider
- No stage
- No bite
Gesamtspielzeit: 44:56 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
MickHead Postings: 2590 Registriert seit 21.01.2024 |
2024-10-22 19:58:20 Uhr
Erster neuer Song seit dem Album"Ohio All The Time" https://youtu.be/y-4na5pnevE?si=cPQf-fJRFdOTZ4ra |
Saschek Postings: 680 Registriert seit 23.07.2018 |
2022-08-04 20:54:03 Uhr
Ja. Das Album entpuppt sich mehr und mehr als regelrechtes Brett. Brave und Rip Off sind momentan meine Highlights. |
pounzer Postings: 388 Registriert seit 24.08.2019 |
2022-08-04 20:08:45 Uhr
"Medicine" ist wahrscheinlich einer der Songs des Jahrs für mich. Mit dem Album muss ich mich mal noch genauer beschäfitgen. |
Saschek Postings: 680 Registriert seit 23.07.2018 |
2022-08-02 16:08:49 Uhr
Wow. Geht sofort ins Ohr, was mich direkt etwas skeptisch macht, wie lange die Halbwertszeit sein wird. Aber echt gut. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27639 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-07-28 19:53:59 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Horsegirl; Soccer Mommy; Bachelor; Jay Som; Palehound; Phantastic Ferniture; Julia Jacklin; Wet Leg; Phoebe Bridgers; Boygenius; Lucy Dacus; Julien Baker; Waxahatchee; Allison Crutchfield; Camp Cope; Wednesday; Why Bonnie; Dehd; Sunflower Bean; Snail Mail; Beabadoobee; Lala Lala; Nilüfer Yanya; The Beths; Porridge Radio; Girlpool; Hole; The Breeders; L7; Liz Phair; Babes In Toyland; Juliana Hatfield; That Dog; Sleater-Kinney; Superchunk; Pavement; Weezer; Veruca Salt; Tegan And Sara; Built To Spill; Modest Mouse
Bestellen bei Amazon
Threads im Plattentests.de-Forum
- Momma - Household name (5 Beiträge / Letzter am 22.10.2024 - 19:58 Uhr)