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Imperial Triumphant - Spirit of ecstasy

Imperial Triumphant- Spirit of ecstasy

Century Media / Sony
VÖ: 22.07.2022

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Dissonantes Miteinander

Wer einmal aufmerksam vor einem seiner Werke stand, wird diesen Eindruck nicht vergessen. Völlig aus der Reihe und auch der damaligen Zeit gefallen, lösen sie schnell unwirkliche Gefühle aus. Die Rede ist von den jahrhundertealten Gemälden des Malers Hieronymus Bosch. Während zu seiner Zeit, der Renaissance, vor allem positiv gehaltene göttliche Darstellungen schwer angesagt waren, sammelt sich auf seinen Bildern das wahrlich Böse an. Wimmelbilder des Verderbens, oft verziert mit grotesk verzerrten Darstellungen von Menschen und Tieren, sowie eine sehr umfassende Ansammlung von Leidensarten. Man sieht all diese Darstellungen, nur hören kann man dieses Chaos, die Schreie der offenen Münder in ihrer Todesqual nicht. Nun, sage und schreibe 500 Jahre später ist es dank dreier Menschen aus New York möglich, zumindest zu erahnen, wie sich so ein kaum erfassbares Gemetzel vertonen ließe. Zwar weist nichts im Werken Imperial Triumphant darauf hin, dass es sich hierbei um ein solch kontextualisiertes Werk handelt – das Artwork zu ihrer Musik ist eher in den Goldenen Zwanzigern, der Metropole des Fritz Lang zu Hause – die Verbindung entsteht nur im Kopfkino, sie bietet sich aber durchaus an.

Die Entsprechung der Hölle zu Boschs Zeiten, scheint das heutige New York zu sein. Diesen Punkt stellten bereits "Alphaville" und seine Vorgänger heraus und wenig überraschend verändert das Trio seinen Stil auch auf dem fünften Longplayer nicht viel – Gastsaxofonist Kenny G zum Trotz. "Spirit of ecstasy" sorgt ab der ersten Sekunde für Lach- oder Sorgenfalten. Lachen lässt sich es ob der obszönen Walze, die sofort mit "Chump change" die Gehörgänge durchmassiert. Lächelnde Unsicherheit, wie dieses monströse Etwas hier aufzufassen ist. "Wave and smile" – lass dies bitte vorbeiziehen. Im schrägen Drumming, als dumpfes Bassgrollen, das fiese Grunzen, die gefühlt hundert anderen Tonspuren, die übereinander laufen zeigt sich eine kaum (an-)hörbare Gleichzeitigkeit rivalisierender Extremsounds. Vermischt zu einer wirklich dumpfen Masse, unaufhaltsam vorantreibend. Sorgen, um das, was diese ersten acht Minuten dauerhaft in den Hörgängen hinterlassen. Dumm nur, dass es die ersten acht von 54 Minuten sind und es fortan nicht besser wird – im Gegenteil. Und doch geht eine unglaubliche Faszination von "Spirit of ecstasy" aus, dem Spruch "schaust Du zu lange in den Abgrund, schaut er irgendwann zurück" zum Trotz.

An jeder Ecke, wohin man schaut, lauert das Grauen. So die Bildsprache in oben angesprochener Kunst. Selbst die hell dargestellten Werke zeigen groteske Fratzen zu satt hellem Grün. Im Vergleich zu Imperial Triumphant zeigt sich: Selbst im Ambient-lastigen "Bezumnaja" kreischt es im Hintergrund, ehe wieder ein völliges Lärmgewitter das Jüngste Gericht eröffnet. Der Weg dahin ist ein wahrliches Hören mit Schmerzen. Jazz-Black-Death-Geschrammel, dazu dieses fiese Grunzen. Wenn stattdessen einmal hohe Schreie, wie im völlig passend betitelten "Maximalist scream" die Szenerie bestimmen, ist das maximale Level an Entlastung erreicht – wenige kurze Soundfetzen wie ein Streicherintro ("Merkurius gilded") einmal ausgenommen. Und Kenny G? Verleiht hier dem Ganzen eine Note, die etwa "In the pleasure of their company" sogar an den Free-Jazz andocken lässt. Als alleinstehendes Werk wäre "Spirit of ecstacy" schon wahnwitzig. Als nun fünftes Album zeigt sich: Es gibt immer noch eine Steigerung des Irrsinns.

(Klaus Porst)

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Highlights

  • Metrovertigo
  • In the pleasure of their company
  • Maximalist scream

Tracklist

  1. Chump change
  2. Metrovertigo
  3. Tower of glory, city of shame
  4. Merkurius gilded
  5. Death on a highway
  6. In the pleasure of their company
  7. Bezumnaya
  8. Maximalist scream

Gesamtspielzeit: 54:45 min.

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User Beitrag

Kamm

Postings: 462

Registriert seit 17.06.2013

2022-07-29 11:43:05 Uhr
Tatsächlich, mit dem ersten Durchgang, noch köstlicher als der Vorgänger. Und so krass schön teilweise! Allein der Part ab Minute 3 bei Tower of Glory.
Und In the pleasure of their company ist ja schon irgendwie die Neuerfindung der Musik. :D Klar, da sind Elemente, die man kennt, Freejazz, Crimson, Mariachi-Bläser, Mahavishnu, aber in der Kombi, never! Um einen dann in dem folgenden Stück von dem Himmel in die tiefste Hölle zu schicken, großartig.

Das sind gefühlte Meister ihres Fachs (allein das Drumming und der Bass, alterfalter!), die dazu noch permanent am Rad drehen und vollkommen frei von musikalischen Zwängen ihr eigenes Ding machen.
Gleichzeitig das Feeling von räudigen, rumpeligen Death Metal aufrecht zu erhalten, dabei eine musikalische Großtat nach der anderen rauszuhauen, eine wehmütige Vintage-Atmosphäre ins Spiel bringen und Gedanken an orchestrale Feinabstimmung zu evozieren, halte ich schon für eine ziemlich einzigartige Errungenschaft. Wüsste nicht, wie ich da anders als mit einer 10/10 reagieren sollte. :)

Klaus

Postings: 6828

Registriert seit 22.08.2019

2022-07-29 10:37:03 Uhr
Tourdaten DE:

30.08. Hamburg
04.09. Berlin
08.09. Leipzig

Preis: Unter 20.

Kamm

Postings: 462

Registriert seit 17.06.2013

2022-07-29 08:16:51 Uhr
Die sind so herrlich durch, ich freu mich drauf! :)

Eye_Llama

Postings: 468

Registriert seit 09.05.2016

2022-07-28 22:30:51 Uhr
Feinkost im Operationssaal ohne Betäubung, herrlich. Noch köstlicher als der Vorgänger.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 24174

Registriert seit 08.01.2012

2022-07-28 19:53:19 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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