Jules Ahoi - Melancholic dreamwave
Moon Blvd. / Antifragile / Zebralution / Tonpool
VÖ: 05.08.2022
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Im Strudel
Folk-Surfer Julian Braun aka Jules Ahoi bricht auf zu neuen Abenteuern. Trotz unruhiger Gewässer und melancholischer Grundstimmung lautet die entschiedene Durchhalteparole: Alles wird gut. In Zeiten wie diesen eine mehr als brauchbare Botschaft, dementsprechend wurde für "Melancholic dreamwave" mit "All shall be well" eine passende Eröffnung gewählt. Alle Tracks bilden eine gemeinsame Einheit, deren Stoßrichtung zwar nachdenklich geprägt ist, jedoch dabei immer eine Art unüberwindbare Zuversicht ausstrahlt. Auf seinem mittlerweile achten Album als Singer-Songwriter überlässt der Wahl-Kölner gar nichts dem Zufall, vom stellenweise unruhigen Opener bis zum sphärischen und liebevollen Closer, dem Titelsong. Detailverliebte Gedankenstrudel bestimmen die kurz gehalten Lyrics, während der großartige Einsatz von Siebzigerjahre-Drum-Machines die Instrumentals durchgängig dominiert.
Auf "U bloom, still" halten sich die Instrumente allerdings dezent im Hintergrund, während leidenschaftlicher Gesang über unerschöpfliche Gefühle beinahe jede Sekunde füllt. Es gibt Tempowechsel, welche an den langsameren Stellen hier und da Textstücke quasi verschlucken, was es zwar schierig macht, lyrisch mitzukommen, musikalisch aber ansprechend klingt. Der Übergang zu "To make a heart beat" gelingt effektvoll, denn es folgt ein noch besserer Song als die beiden zuvor. Die Hook ist eingängig, die Gitarre harmoniert fantastisch mit den Drums und anderen Effekten, hier stimmt wirklich viel. Weniger Melancholie und mehr Dreamwave, der problemlos auch als auffallend guter Radio-Pop durchgeht, prompt hat man einen etwaigen Hit. Danach wird es mit "Glow" merklich ruhiger, wortkarger, dafür aber auch ausgefallener, im Anschluss regt "Faith" mehr zum Nachdenken an als zu unterhalten. Beide Tracks sind stark, können aber mit dem Vorgänger sowie dem darauffolgenden "The past" nicht mithalten. Hier finden wir am meisten Tiefe, eine gute Mitte zwischen Komplexität und wichtiger Reduzierung auf das Wesentliche: kräftige Drums, dominante Effekte, tiefer wie sehnsüchtiger Gesang und ein viel intensiverer, schnellerer Takt. .
Mit "Velvet" wird es wieder gediegener, sanfter und in den Lyrics beschwerlicher. Die Metapher der offenen See wird einfach nicht alt, auch nicht hier, sie funktioniert prächtig als Überleitung zum Schlussteil von "Melancholic dreamwave". "Lost in the light", ist der kürzeste Song des Albums, dafür aber einer der besten. Jules Ahoi zollt mit The Police seiner Lieblingsband dabei Tribut, die Nummer selbst verkörpert erneut Optimismus in Krisenzeiten, mit lässigeren Beach-Vibes durch Bass- und Synth-Loops einerseits, sowie dem Prozess von emotionaler Aufarbeitung, was textlich allemal als Post-Punk oder New Wave durchgeht. Traumhaft schön, und vielleicht auch das heimliche Highlight, ist dann schließlich "Goals". Das Dreamwave-Experiment läuft zur Höchstform auf, wenn Sehnsüchte, persönliches Wachstum, Heim- und Fernweh besungen, die Drums immer flotter und die Zahl der Instrumente nach und nach mehr werden. Nach dem explosionsartigen Ende kommt der Titelsong genau richtig zum Runterkommen, die Schwermütigkeit kehrt langsam zurück, und mit der Wiedervereinigung von Melancholie und Dreamwave dürfen wir noch einen bewegenden Fadeout genießen. Das letzte Album-Drittel besitzt übrigens eine eigene textliche und musikalische Dramaturgie, die es sich lohnt, mehrmals nachzuhören. Sie unterstreicht ein ordentliches, sehr interessantes Werk, das nicht ganz an den Vorgänger "Dear____" heranreicht, weil es etwas zu sehr zerfasert. Das aber erneut von einem spannenden Künstler zeugt und zu schnell vorbei ist.
Highlights
- To make a heart beat
- The past
- Lost in the light
- Goals
Tracklist
- All shall will be well
- U bloom, still
- To make a heart beat
- Glow
- Faith
- The past
- Velvet
- Lost in the light
- Goals
- Melancholic dreamwave
Gesamtspielzeit: 38:55 min.
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vincent92 Postings: 126 Registriert seit 22.11.2016 |
2022-08-10 19:26:41 Uhr
Ganz großes Kino. Ein Top-Highlight in 2022 ohne Ausfälle.Ben Howard meets José Gonzalez Muss ich live gucken im Oktober :-) |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27172 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-07-28 19:53:00 Uhr - Newsbeitrag
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