Burna Boy - Love, Damini
Atlantic / Warner
VÖ: 08.07.2022
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
Privatparty
"This is my story." So lauten die ersten Worte auf "Love, Damini", gesungen von der südafrikanischen Chor-Gruppe Ladysmith Black Mambazo. Kurz darauf folgt ein angestimmtes "Happy birthday", ehe der eigentliche Star auf die Bühne tritt und über Gospel-tauglichen Pianoakkorden tatsächlich seine Story ausbreitet, von toten Hunden und knapp überlebten Handgemengen erzählt. Geburtstage sind ja oft nicht nur ein Grund zum Feiern, sondern auch Momente der Selbstreflexion, in denen man das Ticken der biologischen Uhr besonders laut wahrnimmt. An diesen persönlichen Gedankenströmen lässt Damini Ogulu alias Burna Boy nun die ganze Welt teilhaben. Der Nigerianer und Enkel des ehemaligen Managers von Fela Kuti hat sich in den knapp zehn Jahren seit seinem Debüt "L.I.F.E." zu einem der erfolgreichsten Musiker Afrikas entwickelt, doch kehrt er den Fokus auf seinem sechsten Studioalbum ganz demütig nach innen.
Ein verblüffender Ansatz, schließlich bezeichnet Ogulu seinen Stil selbst als "Afro-fusion", weil er die minimalistischen handgespielten und elektronischen Rhythmen des Afrobeats-Genres mit Einflüssen verbindet, die transkontinental die Arme ausbreiten. Doch gerade das erste Albumdrittel funktioniert mit seiner einengenden Atmosphäre hervorragend. Wie ein Nachtschattengewächs schlingt sich Ogulus Stimme um das Instrumental von "Science" und imitiert kurz eine Sirene, bevor sie den Ein-Wort-Refrain von "Kilometre" perkussiv aufschneidet. Elegante Gitarren- und Bläser-Arrangements prägen "Jagele" sowie das besonders geschmeidige "Whiskey", dessen Stickigkeit mehr als bloße Ästhetik ist: "Because of oil and gas, my city's so dark / Pollution make the air turn black." Zwischen all dem steht mit "Cloak & dagger" vielleicht der beste Burna-Boy-Song überhaupt: ein klappriger Kühlhaus-Banger, den UK-Rapper J Hus mit seinem einzigartigen Flow fast abzufackeln droht.
Ebenfalls gelungen: das Victony-Feature "Different size" mit seiner vokalen Echokammer sowie die Toni Braxton samplende Single "Last last", die gebrochene Herzen auf dem Dancefloor aufsammelt. "Don't wanna waste my days / I want to spend them on enjoyment", erklärt Ogulu daraufhin in "It's plenty" als Ende allen Liebesleids und markiert auch musikalisch eine Zäsur. Auf der zweiten Hälfte von "Love, Damini" startet die prall gefüllte, globale Party doch noch: Es geht mit Popcaan nach Jamaika, mit J Balvin nach Kolumbien und mit Kehlani nach Los Angeles. Blöd nur, dass sich die Eigenarten des 31-Jährigen in dieser diffusen Pop-Wolke aus R'n'B, Dancehall und Reggae etwas auflösen und er für die Artikulation seines Innenlebens eine zu universale Sprache wählt, um eine pointierte Wirkung zu erzielen. Es ist eine Weltreise, die trotz der weiten Strecken kaum von ihrem Middle-of-the-road-Kurs abweicht.
Auf diese Weise ausgebremst verlieren auch Solo-Tracks wie das halbherzig sozialkritische "Common person" an Schwung, während der Khalid-Schmachter "Wild dreams" besonderes Kopfkratzen auslöst, wenn Ogulu am Ende völlig kontextlos die Ermordung Martin Luther Kings erwähnt. Dann sich lieber mit Ed Sheeran in dessen stadionfüllender Belanglosigkeit sonnen und in Form von "For my hand" das drölfhundertste Hochzeitslied für die Generation Foodblogger intonieren. Immerhin gerät der Abschluss der Platte wieder deutlich charakterstärker. Man hätte zwar auf Informationen zu Naomi Campbells Stimmungsaufhellungsroutine verzichten können, doch davon ab deckt das akustische "How bad could it be" mit klarem Blick seelische Risse auf – ebenso wie der A-Cappella-Titeltrack: "There's things that I hardly say / 'How you been, mama? How's your day?' / I should talk to my grandaddy more before it's too late." Das Versprechen der Selbstreflexion hätte Burna Boy etwas gewissenhafter einhalten können, doch seine Story ist ja noch lange nicht auserzählt.
Highlights
- Science
- Cloak & dagger (feat. J Hus)
- Whiskey
Tracklist
- Glory (feat. Ladysmith Black Mambazo)
- Science
- Cloak & dagger (feat. J Hus)
- Kilometre
- Jagele
- Whiskey
- Last last
- Different size (feat. Victony)
- It's plenty
- Dirty secrets
- Toni-Ann Singh (feat. Popcaan)
- Solid (feat. Kehlani & Blxst)
- For my hand (feat. Ed Sheeran)
- Rollercoaster (feat. J Balvin)
- Vanilla
- Common person
- Wild dreams (feat. Khalid)
- How bad could it be
- Love, Damini (feat. Ladysmith Black Mambazo)
Gesamtspielzeit: 60:34 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Arne Anderson Postings: 160 Registriert seit 26.01.2022 |
2022-07-22 12:28:10 Uhr
Die 6/10 passt. Nett, aber ohne richtige Highlights, die ich mir demnächst wieder anhören will. |
Plattentests.de-Sammelaccount Postings: 56 Registriert seit 19.07.2022 |
2022-07-20 21:09:06 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Obongjayar; Tekno; Wizkid; Popcaan; Damian Marley; Mr Eazi; Omah Lay; Mayorkun; Davido; Fireboy Dml; Yemi Alade; Grenade; Simi; Ivory Blue; DJ Spinall; Juls; Runtown; Maleek Berry; Adekunle Gold; Timaya; Force One; Falz; Odunsi (The Engine); J Hus; Little Simz; Kojo Funds; Sault; Beyoncé; Sonny Okosun; Jeremih; Ibibio Sound Machine; Young Fathers; Sade; Common; Kid Cudi
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