Ludivine Issambourg - Supernova
Loops Productions / Broken Silence
VÖ: 01.07.2022
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 3/10
Früh übt sich
Wer Kinder hat, der könnte das Szenario kennen: Die lieben Kleinen stehen in der Schule nervös auf der Bühne und entlocken ihren Instrumenten zuweilen außerirdisch anmutende Geräusche, hier und da ragt wohl auch mal der eine oder die andere aus dem tonalen Inferno heraus. Mittendrin: die Knirpse an der Blockflöte. Mit leichtem Schaudern nimmt es die Elternschaft hin, spendet brav Applaus und sehnt tapfer-lächelnd die letzte Note herbei. Und hier kommt Ludivine Issambourg ins Spiel. Denn zu welch leuchtender Schönheit sich der Vortrag mit der Flöte entwickeln kann, sollte dem Nachwuchs als Exempel dienen. Die Französin hat an der Seite ihrer Band Antiloops elf Stücke eingespielt, die in einer guten Stunde einen wilden Ritt durch Klassik, Jazz und Elektro unternehmen. Die Könnerin griff selbst überaus früh zum Instrument: Issambourg begann bereits mit vier Jahren. Und ganz gewiss klang einst auch bei ihr so einiges entschieden schief.
Davon ist heuer selbstredend nichts mehr zu hören, ganz im Gegenteil. Im herausragenden Zusammenspiel mit ihren musikalischen Mitstreitern legt sie auf "Supernova" eine spielerische Leichtigkeit an den Tag, die im Kern der starken Songs steht. Das jazzige Element sorgt für freidrehende Improvisations-Momente, ohne verkopft zu sein, das Elektronische bringt die nötige Frische mit, und die früheren Ausflüge in den HipHop sind nicht zu überhören. Zu einer wahren Explosion, zur sprichwörtlichen Supernova, wird dann der Titeltrack. Der bringt die ganze Klasse aller Beteiligten endgültig zum Vorschein und begeistert gleichzeitig durch Abwechslungsreichtum, Eingängigkeit und hörbare Wucht. Wen das Album bis hier noch nicht in Gänze gepackt hat: Nun ist es so weit. Ein Song aus der langen Liste derer, die man nur zu gern anderen vortragen möchte, um zu zeigen, was alles so möglich ist, wenn man die gewohnten Hörpfade auch mal zu verlassen bereit ist.
Und das Niveau bleibt hoch: Kein Stück fällt ab, weitere Höhepunkte wie "Junon" oder "Luna" folgen bis zum ausufernden und prickelnden Schluss in "Penumbra". Die vielfach preisgekrönte Flötistin und ihre Band schaffen es über die komplette Spieldauer, mal einen mitreißenden Sog entstehen zu lassen, dann wieder Fluchten in die musikalische Intimität anzubieten. Ein kreatives, lebensfrohes Unterfangen. Die Könnerschaft als Solistin lässt sich derweil mühelos auf ganzer Länge erkennen, und doch spielt Ludivine Issambourg ihre ganze Klasse erst im Verbund mit Antiloops aus. Die Songs sind fein konstruiert, nie überladen, immer spannend. Und beweisen, dass eine Flöte trotz aller klassischen Wurzeln sehr wohl höchst modern klingen kann. Also, liebe Kinder (und vor allem: liebe Eltern): Bleibt am Ball beziehungsweise am Mundstück, übt fleißig und habt Mut zur Improvisation. Denn aus ersten Schritten kann Großes entstehen. Dieses feine Album aus Frankreich erzählt davon.
Highlights
- Supernova
- Junon
- Luna
Tracklist
- Back to the future
- Edges
- Supernova
- Tiger space
- Quiet sunny ice
- Riviera
- Junon
- Elevation
- Luna
- Blue night
- Venus
- Penumbra
Gesamtspielzeit: 59:13 min.
Referenzen
Antiloops; Chassol; Aldorande; Emmanuel Bex; Panam Panic; Léon Phal; Nicolas Folmer; Angélieque Kidjo; Stéphane Huchard; Chlorine Free; Julien Lourau; Anne Paceo; Dominique A; A.S.M; Christian Escoudé; Thomas Naim; Rémi Panossian Trio; Catherine Ringer; Michel Edelin; Malik Mezzadri; Wax Tailor; Hubert Laws; Arnaud Dolmen; Laurent Coulondre; Cédric Hanriot; Éric Legnini; Daniel Zimmermann; Thomas de Pourquery; Sylvain Rifflet; Rhoda Scott; Fred Nardin; Théo Ceccaldi; Fred Pallem; DJ Greem; Ellinoa; Julien Herné
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- Ludivine Issambourg - Supernova (2 Beiträge / Letzter am 12.07.2022 - 18:17 Uhr)