TV Priest - My other people

Sub Pop / Cargo
VÖ: 17.06.2022
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10

Schön war's
Morgens, mittags, Depressionen. Nicht nur der Titel eines Plattentests.de-Forumsthreads mit, nun ja, nicht durchgängig seriösem Inhalt, sondern auch ungefähr der Zustand, in dem sich Charlie Drinkwater im Jahr 2021 befunden haben muss. Oder wie der Mann mit dem enormen Schnurrbart es ausdrückt: "Es ging mir, sagen wir, nicht allzu gut." Womit ohnehin zu rechnen war angesichts des TV-Priest-Debüts "Uppers", einem wunderbar ruppigen, mies gelaunten Post-Punk-Schnappschuss von einem unter Brexit und COVID-19 dahinsiechenden England. Inzwischen sind alle (Soft-)Drinks vertilgt, alle Kippen geraucht und die Zitrusfrüchte vom Cover verdrückt, und der Vierer aus London steht nach relativ kurzer Zeit mit dem zweiten Longplayer auf der Matte. Und der befasst sich laut Drinkwater ähnlich wie der "Uppers"-Closer "Saintless" auch mal mit den schönen, leichten Seiten des Lebens. "Joy as an act of resistance" sozusagen. Auch wenn es schwerfällt. "One easy thing" vom recht zurückhaltenden Vorabtrack geht jedenfalls anders.
Wenigstens ist Drinkwater mittlerweile bei der Erkenntnis "Life always comes in flashes of greatness" angelangt, sodass TV Priest Lockdown-Frust und sonstige Unbill in "Bury me in my shoes" zu gewaltigem und ziemlich aufgeräumtem Gepolter verarbeiten, das sich bald außerdem zum beachtlichen Ohrwurm mausert. Trotz Ächz-Bass, Knarz-Gitarren und polymorphem Schlagzeug, das Drummer Ed Kelland endgültig als wichtigen Faktor im brodelnden musikalischen Knorr-Kochstudio etabliert. Auch im rohen "I have learnt nothing" trumpft er ordentlich auf – vielleicht würde es so klingen, wenn U2 in einer baufälligen Arbeiterwohlfahrts-Kaschemme mit Bono als erkältetem Sozialarbeiter am Mikro "Sunday bloody Sunday" spielen. Stadionrock ja, aber allenfalls in der Verbandsliga Niederrhein bei Nieselregen. Ungleich hochklassiger allerdings, was auch der gereizte Hit "It was beautiful" mit viel Schreng und Klirr sowie einer riskanten Solo-Gesangseinlage unterstreicht, bis das lärmige Geratter wieder loskickt. Schön war's, in der Tat.
Oder eher hübsch-hässlich. Immerhin befinden wir uns immer noch auf einer Platte von TV Priest, wo man jederzeit damit rechnen muss, dass im Titelstück eine malmende Rhythmusgruppe und Drinkwaters Nölen lockeres Gitarren-Pling niedermalmen und auch das schwer melancholische "The breakers" geräuschig implodiert. Und so steht die desolate Realitätsdiagnose von "My other people" dem ernüchterten Geprengel von Protomartyr oft näher als dem, was man gemeinhin mit Post-Punk verbindet. Es sei denn, die Riffs zerplatzen so schrill in früher Joy-Division-Manier wie beim knackigen "It was a gift", das überdies eine kleine "Taste in men"-Schlaufe im Placebo-Sinne dalässt. Am Ende tut sich "My other people" mit dem halbakustischen "Sunland" wie schon zuvor im kratzigen Quarantäne-Blues "The happiest place on Earth" die verdiente Ruhe an – und Drinkwater sieht Licht am Ende des Tunnels. Wie wär's dazu mit einer limitierten Vinyl-Single auf TV Priests UK-Indie-Label für schlappe 40 Pfund? Hilft vielleicht gegen Depressionen. Oder auch nicht.
Highlights
- Bury me in my shoes
- It was beautiful
- The breakers
- It was a gift
Tracklist
- One easy thing
- Bury me in my shoes
- Limehouse cut
- I have learnt nothing
- It was beautiful
- The happiest place on Earth
- My other people
- The breakers
- Unravelling
- It was a gift
- I am safe here
- Sunland
Gesamtspielzeit: 41:23 min.
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