Thom. - Gods & monsters

Columbia / Sony
VÖ: 06.10.2003
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Kammerspiel
"Die Hoffnung der Pop-Industrie", schwärmt der Kultur-Spiegel vollmundig über Thom. Nur: Ist das denn wirklich ein Ritterschlag, wenn die aktuelle deutsche Musik-Landschaft vornehmlich aus Seifenoperndiven und Castingshowgewächsen besteht und man lieber heute als morgen einen vitalen Geldesel finden würde, der möglicherweise auch noch auf internationalem Boden Dukaten anhäuft? Immerhin stehen die Chancen bei Thom. nicht schlecht: Alanis Morissette wollte der Legende nach sofort "die Mutter seiner Kinder" werden, als sie zum ersten Mal seine Stimme hörte, Paul Oakenford kann eine Zusammenarbeit kaum erwarten, und Björk-Produzent Valgeir Sigurdsson hatte bei "Stay" seine Finger im Spiel.
Es wäre naiv, von einem Zufall zu sprechen, wenn ein bekennender Radiohead-Fan das Pseudonym "Thom." für sein Soloprojekt auswählt und seinem Namensvetter in Klangfarbe und Phrasierung nicht selten sehr nahe kommt. Der Opener “Where you are“ läßt allerdings zunächst an Coldplay denken. Und das ist in diesem Fall nicht als Vorwurf, sondern als großes Kompliment zu verstehen. Aber Thomas Hanreich, im Hauptberuf Sänger bei den momentan pausierenden Vivid, ist Musiker genug, um nicht wie eine bloße Kopie irgendwelcher Vorbilder zu klingen. Er hat fast alle Songs im Alleingang geschrieben, die meisten Instrumente selbst eingespielt und das Album eigens produziert.
Zwei Jahre lang sind die "Gods & monsters" herangewachsen, die meisten Songs ganz leise morgens um vier im Dunkeln entstanden, in Hanreichs Schlafzimmer. Um die Fragilität der Stücke nicht zu zerstören, wurde mehr Wert auf die richtige Atmosphäre und weniger auf eine perfekte Aufnahme gelegt. Der intime Entstehungsprozeß hat den 15 Titeln einen sehr epischen, orchestralen Klang verliehen, der mehr mit Größe als mit Bombast zu tun hat. Filigrane Songstrukturen, intensiv, dramatisch, harmonisch-überraschend oder einfach herzerwärmend. Kleinode, denen man zuhören muß. Nicht nur, um ihre Reize zu erkennen. Sondern weil man nicht anders kann.
Erklärtes Ziel des 31-Jährigen sei es gewesen, daß möglichst viele Menschen mit seinen Liedern in bestimmten Situationen etwas anfangen können, sich darin wiederfinden und der Musik nah fühlen. Und das nimmt man ihm sogar ab, benickt das Zitat des Kultur-Spiegels und lauscht ergriffen. Einem Hit ist er mit Vivid schließlich viel zu lange hinterhergehechelt. Und hat jetzt ganz auf sich alleine gestellt die pure Schönheit entdeckt.
Highlights
- Where you are
- This is not Berlin
- Sleeper
- The sound of my life
Tracklist
- Where you are
- Love you too
- The last good year
- This is not Berlin
- Spend the day with me
- Love is real
- Sleeper
- Time
- A loving kind of war
- Out of here
- The sound of my life
- Stay
- My fault
- The city in the sea
- The wake
Gesamtspielzeit: 65:23 min.
Referenzen
Vivid; Maximilian Hecker; Aqualung; David Gray; Elbow; Coldplay; Radiohead; Doves; Kashmir; Grandaddy; Onelinedrawing; Raz Ohara; Turner; Ozark Henry; The Beta Band; Haven; Lorien; The Czars; The Divine Comedy; Eskobar; The Crash; Millenia Nova; The Notwist; Voltaire
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- Thom. - Gods & monsters / Istory (11 Beiträge / Letzter am 12.02.2007 - 16:42 Uhr)