Das Paradies - Transit
Grönland / Rough Trade
VÖ: 03.06.2022
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Sag mal, meinst Du?
Es gibt ja so Leute, mit denen chillt man allgemein schon gerne, und dann haben sie auch noch die besondere Qualität, ab und zu etwas so Interessantes zu sagen, dass es noch einige Zeit nachhallt. Das ist nicht zu verwechseln mit Leuten, die viele interessante Dinge wissen, die sie gut wiedergeben können. Enzyklopädisches Wissen kann zwar auch sehr spannend sein, aber mit emotionaler Intelligenz einen einfühlsamen Redebeitrag zu leisten, ist in einer Freundschaft oft doch hilfreicher und nachhaltiger. Wenn man sich das zweite Album von Florian Sievers und seinem Projekt Das Paradies anhört, dann scheint er einer dieser seelenvollen Menschen zu sein, die Denkanstöße geben können.
Dass die Präambel jetzt schon so überschwänglich ausfällt, hat Sievers sich vor allem selbst zu verdanken. Schon das Debüt "Goldene Zukunft" war ein nahbares Pop-Album, das trotz vorgeschobenem Optimismus die Welt nicht verklärte, sondern eher einfach nicht aufgeben wollte. "Transit" führt diese Tendenz fort und geht erst mal mit unkomplizierten Melodien ins Ohr. Nachdem es sich dort bequem gemacht hat, kann in der zweiten Stufe die Dekonstruktion beginnen. In "Die Dinge, die wir uns sagten" nutzt Sievers dafür fast schon den Vorschlaghammer, wenn er Songstruktur und Refrain im Text benennt und man dann doch am lautesten mitsingt, wenn es heißt: "Die beste Stelle in diesem Lied, lalala". Touché! An anderer Stelle ist eine der wärmsten Zeilen der jüngeren Vergangenheit in einem unerwarteten Konzept versteckt. Sievers fühlt sich nur "Verkleidet als Mensch", ist aus Plaste und Synthetik zusammengebaut und meint, "ein bisschen Artefakt und irgendwie nützlich, wenn Du lachst" zu sein. Mehr Mensch als Maschine.
Dass die Gefahr der Langeweile mit den doch recht geradlinigen und harmonieverliebten Stücken schon am Einlass abgewiesen wird, liegt an den hintergründigen Details. Da werden Instrumente durch Filter geführt und kommen leicht verzerrt wieder raus. Oder für die Single "Die stroboskopen Jahre" schauen einfach eine Menge entweder preisgekrönter oder heißgeliebter Gastmusiker*innen wie Antonia Hausmann oder Sven Regener vorbei und kümmern sich um die Bläser. Obwohl es sich formal um das erst zweite Album von Das Paradies handelt, hat Florian Sievers als Teil von Talking To Turtles schon über zehn Jahre Erfahrung, und das hört man einem Werk an, das keine überflüssige Szene auf den Drehplan schreibt.
Den Gesang, der den Kopf nebenbei noch streichelt, dass man schnurren möchte, mal außen vor gelassen: Die Kitschgrenze verläuft bei jeder Person an unterschiedlichen Grenzen. Das Paradies schafft es aber, dass es sich immer zumindest so anfühlt, dass man nicht die Augen rollen, sondern die Hand nachdenklich übers Kinn bewegen möchte. "Das, was Dinge mit Leuten macht, sind nicht Dinge, sondern Leute", singt Sievers in "Über dem Asphalt der Hitze". Dann stützt man sich kurz ab und lehnt sich nach vorne, denkt eine Sekunde nach und sagt: "Ja, stimmt schon." Und dann bleibt man gerne noch ein bisschen sitzen und lässt wirken.
Highlights
- Die Dinge, die wir uns sagten
- Verkleidet als Mensch
- Gebissen wurde ich nur in Wien
Tracklist
- Die stroboskopen Jahre
- Rosa Luft
- Wenn ich dir entkommen will
- Die Dinge, die wir uns sagten
- Hund & Sterne
- Verkleidet als Mensch
- Im Orbit ohne Zucker
- Gebissen wurde ich nur in Wien
- Über dem Asphalt der Hitze
- Im Graben an der Straße ins Licht
Gesamtspielzeit: 33:20 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Obrac Postings: 2445 Registriert seit 13.06.2013 |
2023-02-03 08:27:48 Uhr
@Der Wanderjunge Fridolin: Warum sollte was mit dir nicht stimmen? Ist doch coole Mucke. |
Der Wanderjunge Fridolin Postings: 4432 Registriert seit 15.06.2013 |
2023-02-03 07:44:14 Uhr
Keine Ahnung, was mit mir nicht stimmt, aber mir gefällt das gerade richtig gut. |
Obrac Postings: 2445 Registriert seit 13.06.2013 |
2022-05-27 12:19:41 Uhr
Die letzte Platte war gut. Habe nur die Befürchtung, dass das neue Album zu ähnlich klingen wird. Ich weiß nicht, ob das für mich dann noch interessant genug ist. Aber mal sehen.. |
Hier stand Ihre Werbung Postings: 2055 Registriert seit 25.09.2014 |
2022-05-27 12:05:33 Uhr
Macht ungefähr da weiter, wo er aufgehört hat - mit teilweise etwas mehr Effekten (die stroboskopen Jahre). "Lalala"-Passagen sind immer gefährlich, hier funktionieren sie aber, da sie nicht zu aufdringlich sind. Gefällt, macht gute Laune. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27364 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-05-26 20:42:45 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Moritz Krämer; Francesco Wilking; Tele; Die Höchste Eisenbahn; Der Hund Marie; Max Schröder & Das Love; Wolfgang Müller; Gisbert zu Knyphausen; Kid Kopphausen; Nils Koppruch; Spaceman Spiff; Philipp Poisel; Niels Frevert; Patrick Richardt; Tristan Brusch; Bosse; Tom Liwa; Enno Bunger; Pohlmann; Kettcar; Tomte; Thees Uhlmann; Talking To Turles; Element Of Crime; Maeckes; Yrrre; Max Herre; Schmyt; Fortuna Ehrenfeld; Noth; Henry Jamison
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