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Matmos - Regards / Ukłony dla Bogusław Schaeffer

Matmos- Regards / Ukłony dla Bogusław Schaeffer

Thrill Jockey / Indigo
VÖ: 20.05.2022

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 3/10

Knirschendes Universum

Intelligent Dance Music (IDM) ist eine seltsame Genrebezeichnung. Ein bisschen klingt sie wie ein verlegener Versuch, etwas in eine Schublade zu stecken, was da eigentlich nicht rein passt. Oder trifft der Name etwa doch sehr genau und man muss einfach nur sehr intelligent sein, um zu IDM tanzen zu können? Eine endgültige Antwort darauf gibt es auf dem neuen Matmos-Album "Regards / Ukłony dla Bogusław Schaeffer" nicht. Dafür aber jede Menge Referenzen, die alle im Zusammenhang mit einer Person stehen, die, genau wie das US-Duo, für geniale musikalische Grenzgänge bekannt war: Bogusław Schaeffer. Der polnische Komponist und Autor, der 2019 in Salzburg verstorben ist, war ein Pionier der elektronischen Musik. Sozusagen ein Urvater des IDM. Für ihr Album durften sich M. C. Schmidt und Drew Daniel frei an Schaeffers Gesamtwerk bedienen. Herausgekommen ist ein überbordendes Werk, das die strapazierenden und verspielten Elemente von Schaeffer und Matmos kongenial verbindet.

Was beide zunächst eint: Sowohl Schaeffer als auch Matmos sind überragende Storyteller. Bei Schaeffer zeichnete sich das in der Tonkulisse seiner Kompositionen und in seinem Wirken als Dramatiker ab. Genau an diesem Element bedienen sich Matmos. Auf "Regards / Ukłony dla Bogusław Schaeffer" schaffen sie eine Erzählstruktur, die wie eine Metaebene über den Klängen schwebt. Und dabei müssen sie ihre Tracks nicht einmal für so etwas Banales wie Refrains oder tanzbare Melodien opfern. Ab und zu dringt ein Groove durch die zerstückelte Atmosphäre. Hin und wieder blitzt eine Tonfolge einladend auf, um im nächsten Moment gleich wieder pulverisiert zu werden. Effekthascherei ist das dennoch nicht. Auf dem Album entsteht nie der Eindruck, mit sinnlosem Krach konfrontiert zu werden – mit dramaturgisch ausgeklügeltem Krach dafür umso mehr.

Einen einzelnen Track aus dem Album als besonders repräsentativ hervorzuheben, ist eher schwierig. Sehr zugänglich ist tatsächlich der Opener "Resemblage / Parasamblaż". Auch "Flight to Sodom / Lot do salo" hat eine nette Melodie und könnte streckenweise sogar nebenbei laufen. Ein experimentelles Meisterstück ist "Flashcube fog wares / Głucha affera słów". Der Track klingt ein bisschen wie die ersten Assoziationen, die Alejandro Jodorowsky zu seiner geplanten Verfilmung von "Dune" gehabt haben könnte. Auch "Tonight there is something special about the moon / Jaki księżyc dziś wieczór" ist ein wunderbar waghalsiger Trip, der sich in einem sphärischen Spoken-Word-Finale entlädt. Empfehlenswert ist es aber dennoch, das Album in voller Länge laufen zu lassen, denn auch die Dramaturgie zwischen Ende und Anfang der Songs ist hörenswert.

Eine uneingeschränkte Empfehlung ist "Regards / Ukłony dla Bogusław Schaeffer" allerdings nicht. Dazu bewegt es sich zu zuverlässig in Extremen. Für manche klingt das Album vielleicht wie ein junges Universum, das gerade erschaffen wird. Für andere wie das Knirschen des Steins von Sisyphos. Aber die Soundvielfalt von Matmos ist so groß, dass es problemlos möglich ist, noch etwas ganz anderes rauszuhören.

(Dominik Steiner)

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Highlights

  • Resemblage / Parasamblaż
  • Flashcube fog wares / Głucha affera słów
  • Tonight there is something special about the moon / Jaki księżyc dziś wieczór

Tracklist

  1. Resemblage / Parasamblaż
  2. Cobra wages shuffle / Off! schable w gurę!
  3. Few, far chaos bugles / Uff... Bosch gra Wałęsę
  4. Flashcube fog wares / Głucha affera słów
  5. Flight to Sodom / Lot do salo
  6. Tonight there is something special about the moon / Jaki księżyc dziś wieczór
  7. If all things were turned to smoke / Gdyby wszystko stało się dymem
  8. Anti-antiphon (Absolute decomposition) / Anty-Antyfona

Gesamtspielzeit: 41:03 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

smrr

Postings: 429

Registriert seit 02.09.2019

2022-05-26 21:29:48 Uhr
Danke für die Rezension. Find die Ansätze auch spannend - aber so richtig 'rund' wirkt die Platte tatsächlich nicht. Die 6/10 geht in Ordnung. Aber schön, dass die nach über 20 Jahren weiterhin Lust auf Neuerfindung haben. Alle dafür gebührt dem Projekt alle Anerkennung.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26281

Registriert seit 08.01.2012

2022-05-26 20:41:51 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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