Harry Styles - Harry's house
Erskine / Columbia / Sony
VÖ: 20.05.2022
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Harry allein zu Haus
Dass Harry Styles einer der größten Popstars unserer Zeit ist, dürfte kaum noch jemandem entgangen sein. Die Gründe liegen auf der Hand: Das kommerzielle Sprungbrett der Boygroup-Erfahrungen mit One Direction nutzend, offenbarten seine Soloalben von Beginn an ein feines Gespür für die Musik vergangener Dekaden, in der sich Styles' wachsende künstlerische Ambitionen austragen konnten. Die fulminante Glam-Rock-Pastiche "Sign of the times" bildete 2017 den Ausgangspunkt, spätestens die sommerlichen 70er-Vibes auf "Fine line" wussten dann auch auf Albumlänge zu überzeugen. Viel ließe sich schreiben über extravagante Kleidung, einprägsame Auftritte, eine im genau richtigen Maß von Mysterien umrankte Persona – bislang gelang es dem 28-Jährigen jedoch stets, die Balance zu finden zwischen Image und Werk. "Harry's house" entlehnt seinen Titel nun von Joni Mitchells gleichnamigem Song, beweist damit einmal mehr die Intuition für kluge Referenzen. Und auch die verträumt-vertanzte Romantik der ersten Single "As it was" schien vieles richtig zu machen, ging zwar recht auf Nummer sicher, entpuppte sich aber nach und nach als subtiler Ohrwurm. Nur wer genauer hinhörte, erkannte darin ein Porträt tieferer Einsamkeit: "Harry, you're no good alone / Why are you sitting at home on the floor? / What kind of pills are you on?" Und offenbart nicht auch erst der zweite Blick auf das Cover, dass in diesem Haus einiges auf dem Kopf steht?
Zunächst empfängt "Music for a sushi restaurant" mit unterkühltem Soul-Funk à la Prince, schrillt mit seinen aufdringlichen 80er-Synthie-Bläsern und Ba-ba-Chören zum etwas grellen Einstieg. Der jedoch keineswegs repräsentativ für den weiteren Verlauf des Albums ist: Vielmehr führt Styles in der Folge mit sanfter, reservierter Stimme durch die Räume seines Hauses – mitunter wirkt es, als wollte er sich selbst aus dem Fokus seiner Songs nehmen. Ohne Kunde einer größeren Selbstinszenierung rauscht der erste Hördurchgang entsprechend rasch vorbei, hinterlässt manches Fragezeichen. Erst mit der Zeit öffnen sich die meist dezenten Arrangements. "Grapejuice" badet in der sonnigen Psychedelik späterer The-Flaming-Lips-Melodien und legt sedierendes Vinyl-Knistern über seine Produktion; "Daylight" lässt kurzzeitig beinahe shoegazige Klangteppiche gegen seine trägen Strophen grollen. Auch die folkigen Elemente des Vorgängers finden ihren Platz: "Little freak" reduziert sich im Refrain auf fragile Gitarren, die sich aus nostalgischem Synth-Wabern herausschälen, und leitet über in die nachdenkliche Akustik-Nummer "Matilda". Nicht nur in den zurückgenommenen Vocals, denen jeder Pomp suspekt erscheint, wirkt Styles eigentümlich detachiert: "It's none of my business, but it's just been on my mind", singt er leise, beinahe entschuldigend. Es könnte der Leitspruch von "Harry's house" sein.
Styles skizziert eine Welt ständiger Verfügbarkeit, in der Sinn verwischt wird, Proportionen aus den Fugen geraten. Die heiter-schlüpfrige Erotik eines "Watermelon sugar" scheint abhandengekommen in der schalen Wiederholung des Spektakels. "Hash brown, egg yolk / I will always love you", haucht der Überdruss in "Keep driving" zart ins Mikro, gefolgt von seltsam entrückten Road-Trip-Impressionen, Drogen, angedeuteter Gewalt. Musikalisch pendelt auch die zweite Hälfte des Albums zwischen watteweichem Indie-Pop, glitzerndem 80er-Soul und Singer-Songwriter-Einlagen, prominente Unterstüzung bekommt Styles von Dev Hynes (Blood Orange) und John Mayer. "Satellite" wartet schließlich mit dem besten Refrain des Albums auf, gestattet sich in der Bridge gar eine Explosion der Instrumente – ein seltener Ausbruch in diesen von Zurückhaltung geprägten Songs. "Harry's house" nimmt in seiner Ästhetik sonst beinahe offensiv in Kauf, beiläufig gehört zu werden, trotz seiner stilsicheren, detailreichen Kompositionen als unaufdringlich und seicht abgetan zu werden. Doch hinter der Fassade lauert ein bemerkenswerter Stimmungswechsel: "Seht mich, wie ihr wollt", flüstert ein schulterzuckender Gastgeber – in diesem Haus, das womöglich gar nicht so behaglich ist.
Highlights
- Grapejuice
- As it was
- Little freak
- Satellite
Tracklist
- Music for a sushi restaurant
- Late night talking
- Grapejuice
- As it was
- Daylight
- Little freak
- Matilda
- Cinema
- Daydreaming
- Keep driving
- Satellite
- Boyfriends
- Love of my life
Gesamtspielzeit: 42:01 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27217 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-07-14 19:37:57 Uhr - Newsbeitrag
Harry Styles hat heute das offizielle Video zu seiner neuen Single "Late Night Talking" veröffentlicht. Seht euch das von Bradley & Pablo ("Watermelon Sugar") gedrehte Musikvideo hier an: Innerhalb von 16 Stunden hat das Video bereits über 4,3 Mio Views sammeln können. "Late Night Talking" ist der Nachfolger seiner Leadsingle "As It Was", die weiterhin Rekorde auf der ganzen Welt bricht. Beide Songs sind auf Harrys von der Kritik gefeiertem und mit Platin ausgezeichnetem Album „Harry's House“ enthalten. Das Album landete in Deutschland aus dem Stand auf Platz 1 der Albumcharts und „As It Was“ belegte Wochenlang die Airplay #1. |
Dan Postings: 367 Registriert seit 12.09.2013 |
2022-06-09 00:02:40 Uhr
Doch, doch. Da geht was. Deutlich homogener als zuletzt. Nach und nach kommen immer mehr Highlights hinzu (DAYLIGHT, SATELLITE). |
Dan Postings: 367 Registriert seit 12.09.2013 |
2022-05-28 14:30:14 Uhr
Deutlich hinter "Fine Line" nach den ersten Durchgängen. Mal sehen, wie es sich entwickelt. |
Konsul Postings: 823 Registriert seit 06.04.2022 |
2022-05-27 15:39:28 Uhr
Auch mal reingehört und muss sagen , dass ich angenehm überrascht bin. Cinema gefällt mir am besten. Es Stechen ein paar Songs beim ersten Durchgang durchaus heraus. Erster Eindruck 6,5/7 von 10 |
dreckskerl Postings: 10307 Registriert seit 09.12.2014 |
2022-05-27 10:09:23 Uhr
Ebenso, echt nicht übel und die Reminiszenz an Joni Mitchell im Titel gefällt mir natürlich auch. |
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Referenzen
Liam Payne; Louis Tomlinson; One Direction; Prince; David Bowie; Blood Orange; Bruno Mars; Troye Sivan; New Hope Club; The 1975; Declan McKenna; The Flaming Lips; Lorde; Carly Rae Jepsen; Sampha; Taylor Swift; Dua Lipa; Conan Gray; King Princess; Zayn; Niall Horan; Pale Waves; Bad Suns; Wallows; Hippo Campus; Blossoms; Halsey; Ruel; Sasha Sloan; Years & Years; Hey Violet; The Japanese House; Ryan Beatty; No Rome; Anna Of The North; Yumi Zouma; Now, Now; Joan; Fickle Friends; Muna; Dirty Projectors; Tame Impala; Robbie Williams
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