Emeli Sandé - Let's say for instance
Chrysalis / Rough Trade
VÖ: 06.05.2022
Unsere Bewertung: 4/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Verflixte zweite Halbzeit
Es sind durchaus aufregende Zeiten, in denen Emeli Sandé nach einer kleinen Schaffenspause mit ihrem mittlerweile vierten Studioalbum "Let's say for instance" wieder ins Licht der Öffentlichkeit tritt. Da wäre zum einen das persönliche Coming-Out und die blühende Liebe zu ihrer Freundin, zum anderen aber eben auch die Abkehr von der Major-Label-Maschinerie mit dem Wechsel zum Indie-Label Chrysalis: Etwas kleinere Brötchen sollen gebacken werden, etwas weniger Rummel herrschen. Verständlich und letztendlich nur zu beglückwünschen, war die 35-Jährige doch in den letzten Jahren, eigentlich schon seit "Read all about it, Pt. III", arg im souligen Radio-Einheitsbrei untergegangen – ob nun zu Unrecht oder nicht, mag man gar nicht genau sagen, waren doch Sandés letzte Werke oftmals viel zu formlos unterwegs. Nun, ohne den großen Druck im Nacken, könnte das ja aber schon ganz anders aussehen – zumal es an stimmlichem Talent wahrlich nicht mangelt. Ein freies Aufspielen mit sprühender Kreativität im Songwriting, also?
Auf das erste Ohr möchte man in der Tat verlauten: ja, verdammt! Die erste Albumhälfte von "Let's say for instance" zeigt sich deutlich spielfreudiger, freisinniger und prägnanter, als man es von Sandé gewohnt ist. Vom hemmungslosen, aber charmanten Autotune-Overkill im Opener "Family" über das verschrobene und eher vertrackte "Look what you've done" präsentiert sich die Sängerin hier in Höchstform und hat merklich Spaß daran, mal so richtig (verhältnismäßig) die Sau rauszulassen. Große Momente gelingen ihr dabei ganz besonders im schwülen, mit bluesigen Bläsern und robotischen Stimmeffekten akzentuierten "Summer" sowie im tollen "There isn't much." "I'm afraid there isn't much without you", lamentiert die Schottin, während prägnante Bassläufe und klare Gitarrenlicks in einen von Herzschmerz und Verzweiflung nur so triefenden Refrain münden. "All I really want is you", ist nun sicherlich kein originelles Motto, wird hier aber so überzeugend rübergebracht, dass man eben doch mitfühlt. Großes Kino, gänzlich unerwartet.
Momente, die das Hörerlebnis auf der zweiten Albumhälfte umso bitterer machen. Denn hier scheint Sandé mal eben sämtliche spannenden, vielversprechenden Ansätze komplett über Bord zu werfen und widmet sich plötzlich doch wieder dem seichten Einheits-Pop. Die unsäglich kitschigen Balladen "Ready to love" und "Another love" gestalten sich völlig ideen- und antriebslos, während "Look in your eyes" als plumpe Achtziger-Hommage ohne eigene Identität oder zumindest einen angenehmen Spaßfaktor missfällt und "World go round" das Album mit pathosgetränkten, leeren Gesten ohne Punch abschließt. Kein einziger Track kann hier auch nur ansatzweise mit den frühen Höhepunkten von "Let's say for instance" mithalten. Teils wirkt es, als wären hier zwei verschiedene Künstlerinnen am Werk gewesen. Oder haben sich zwischendrin einfach der Mut, die Experimentierfreude verabschiedet? Man kann an dieser Stelle nur spekulieren – und eben bedrückt festhalten, dass dieses künstlerische Ausrufezeichen sich auf halbem Weg leider selbst demontiert.
Highlights
- Family
- There isn't much
Tracklist
- Family
- Look what you've done (feat. Jaykae)
- July 25th
- Oxygen
- Summer
- My pleasure
- There isn't much
- September 8th
- Look in your eyes
- Ready to love
- Wait for me
- Another one
- Yes you can
- Brighter days
- Superhuman
- World go round
Gesamtspielzeit: 51:34 min.
Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung möglich)
Teile uns Deine E-Mail-Adresse mit, damit wir Dich über neue Posts in diesem Thread benachrichtigen können.
(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
---|---|
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27227 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-05-12 20:59:39 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Alicia Keys; Ella Henderson; Leona Lewis; Adele; Rebecca Ferguson; Jessie J; Duffy; Freya Ridings; Mavis Staples; Amy Winehouse; Rihanna; Erykah Badu; TLC; Destiny's Child; Solange; Janet Jackson; Joss Stone; Katie Melua; Aaliyah; Céline Dion; Beyoncé; Kelly Rowland; Michelle Williams; Kelis; Cheryl Cole; Lauryn Hill; Macy Gray; Mary J. Blige
Bestellen bei Amazon
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Plattentests.de-Forum
- Emeli Sandé - Let's say for instance (1 Beiträge / Letzter am 12.05.2022 - 20:59 Uhr)
- Emeli Sandé - Real life (1 Beiträge / Letzter am 25.09.2019 - 20:46 Uhr)
- Emeli Sandé - Neues Album? (1 Beiträge / Letzter am 20.09.2017 - 21:00 Uhr)
- Emeli Sandé - Long live the angels (4 Beiträge / Letzter am 20.11.2016 - 23:24 Uhr)