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No Time For Pain - My youth is in flames

No Time For Pain- My youth is in flames

Navis
VÖ: 08.04.2022

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Die Feuertaufe

Zu Beginn mal ein Geständnis: Nach einigen Jahren im Musikjournalismus und abertausenden Veröffentlichungen und Mails liest man als geneigter Empfänger die Pressetexte nicht mehr ganz so aufmerksam oder gar emotional. Man scannt eher quer nach den wichtigsten Informationen. Es geht ja eh um die Musik und nicht darum, wer sie am besten in einem Anschreiben verkauft bekommt. Aber manchmal wird man plötzlich wachgerüttelt. Man liest erst ein paar Worte und dann den ganzen Text, und man spürt etwas dabei: Neugier. Im Fall von "My youth is in flames" des Stuttgarter Projektes No Time For Pain ist Kontext nämlich ein Brandbeschleuniger für ein warmes Gefühl, das man von Anfang an hat, aber das man so ergründen, verstehen und auf ganz besondere Art schätzen kann.

Seit 2011 engagiert sich der Komponist und Produzent Radoslaw Pallarz schon im Olgahospital in der Hauptstadt von Baden-Württemberg, wo er "Kinderkonzerte im Olgäle" organisiert. 2021 entstand mit No Time For Pain etwas Neues. Mit 50 jugendlichen Patient*innen aus der stationären Schmerztherapie wurde ein Album entwickelt und umgesetzt, das schonungslos offen getextet und verspielt komponiert ist. Von Songideen bis zur Coverumsetzung durfte jeder der 50 jungen Menschen sich dort einbringen, wo die Leidenschaft am stärksten entfacht wurde. So ist der Titel "My youth is in flames" nicht nur eine traurig-schöne Beschreibung für den Umgang mit konstantem physischen Schmerz, sondern auch eine passende Metapher für die elf fulminanten Songs, die in knapp drei Monaten orchestriert wurden.

Denn wer erwartet, dass im Rahmen der Möglichkeiten eventuell nur spärlich inszenierte Gitarren- oder Klavierstücke entstehen konnten, bewegt sich auf einem Pfad, der aus Baumstücken gebaut wurde. No Time For Pain haben keine Angst, satte Drums, Holzbläser oder Streicher in die feuerrote Manifestation der Jugendschicksale ihrer Protagonist*innen einzubringen. Während Radoslaw Pallarz durch seine Arbeit mit dem SWR Symphonieorchester und für das Label Navis seine Erfahrung in Songs aufgehen lässt, die ohne mit der Wimper zu zucken ihren legitimen Platz im düsteren Chamber Pop einfordern, sind der andere Star die Stimmen von Florentine Vossmann, Elle Zoe und Lucia Bartl, die den englischen Texten über Schmerz und Leidenschaft Leben einhauchen.

Wenn das bedächtige "There's no time for pain" in einer erdrückenden Melancholie unterzugehen dort und im Refrain dann doch nach Luft schnappt und sich weigert, sich selbst aufzugeben, dann blitzen kurz Bilder von Mazzy Star vor dem inneren Auge auf. Überhaupt ist "My youth is in flames" gänzlich unmodern und interessierter an den Epochen, die die jungen Musiker*innen selbst gar nicht miterlebt haben dürften. Im Titelsong wird sogar Kurt Cobain erwähnt – und das ganz unprätentiös. "I will stay strong" ist wütende Selbstaffirmation, wie sie beispielsweise Emily Jane White zu Beginn ihrer Karriere formuliert hat. "The wolf" will es konzeptionell dann richtig wissen und wirft unzählige Elemente in die Waagschale, ohne sich dem Pomp hinzugeben und würde Conor Oberst vielleicht ein nostalgisches Lächeln abgewinnen.

Es kann sein, dass "My youth is in flames" 2022 in einem Klima von Aufmerksamkeitsökonomie und hyperaktivem Überangebot verschluckt zu werden droht. Vor zehn, fünfzehn Jahren wäre dieses inspirierende Juwel von einer liebenden Folk- und Indie-Gemeinde aufgenommen und in Geheimtipplisten gestopft worden. Wer sich die Zeit nimmt, diese mutige, musikalische Reflexion zu erfahren, der wird mit Offenheit und Hingabe belohnt, mit der unumstößlichen emotionalen Wahrheit, die die Jugendlichen hier im Kollektiv formuliert haben. Es kann auch sein, dass erst der Kontext des Albums die Songs das ausschlaggebende Stück nahbarer macht. Aber manchmal ist ein Album eben doch mehr, als nur die Klänge, die aus den Boxen kommen. Und wer bis hierhin aufmerksam und nicht nur quergelesen hat, der kommt um die Geschichte hinter diesem kleinen Wunderwerk sowieso nicht mehr herum.

(Arne Lehrke)

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Highlights

  • There's no time for pain
  • My youth is on fire
  • Just for me

Tracklist

  1. Welcome to my world
  2. No matter
  3. There’s no time for pain
  4. Treasures of dreamers
  5. The song of the sea
  6. I will stay strong
  7. My youth is on fire
  8. The wolf
  9. Burning bridges
  10. Just for me
  11. Good knight, good pie

Gesamtspielzeit: 51:09 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Christof

Postings: 29

Registriert seit 21.04.2022

2022-05-02 12:50:52 Uhr
Ja, das ist ein cooles Video. Ganz "klassisch" in schwarz-weiss.

Autotomate

Postings: 6174

Registriert seit 25.10.2014

2022-05-01 22:51:42 Uhr
Das können nur Blaunicks und "News-Scouts".

Cristina

Postings: 31

Registriert seit 20.04.2022

2022-05-01 20:40:18 Uhr
Wie mache ich das, wenn das YouTube Video hier angezeigt und direkt angeklickt werden kann? Geht das nur als Moderator?

Cristina

Postings: 31

Registriert seit 20.04.2022

2022-05-01 20:33:16 Uhr
https://youtu.be/QoCX8zK2LtM
Hier ist das Video zu THE WOLF. Einer meiner Favoriten und auch Klaus hatte es erwähnt, deshalb werfe ich es hier in die Runde. :)

Christof

Postings: 29

Registriert seit 21.04.2022

2022-04-25 17:53:42 Uhr
Hier scheint sich eine kleine "Selbsthilfegruppe für Schmerzgeplagte" versammelt zu haben, die nicht nur mit Musik sondern auch mit etwas Feierabend-Chat sich die Zeit vertreibt. Da gehöre ich vielleicht auch dazu?

@Unangemeldeter: Niedergeschriebene Selbstgespräche können auch gut von anderen Themen ablenken. Die Diskussionen im Forum über den Ukraine-Krieg oder die 100 Alben für die Ewigkeit haben mich noch nicht gepackt. Vielleicht schaue ich da nochmal rein. :)

@Obrac: Also, ich hätte auch Interesse an einem Praktikum bei einer Plattenfirma oder vielleicht auch bei Plattentests.de
Hast Du da etwas Vitamin-B?
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