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Denzel Curry - Melt my eyez see your future

Denzel Curry- Melt my eyez see your future

PH / Loma Vista / Concord / Universal
VÖ: 25.03.2022

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Psyche, Poesie & Politik

"This album is about me. No alter egos, no nothing. Just Denzel Curry." Und ebenso erklärt der Rapper aus Florida, dass dies sein "best album ever, period" sei. Wahre Worte, denn mit seiner sechsten Platte hat der ohnehin schon hochtalentierte 27-Jährige ein neues Level erreicht, zeigt sich ungestümer, scharfsinniger und introspektiver denn je. Interessant dabei ist, dass wir so eine neue Seite von ihm kennenlernen, die sich auch im Soundbild bemerkbar macht. Zwar enthält die Platte wie eh und je aggresive Flows, unkonventionelle Reimketten mit viel Liebe fürs Detail, doch Curry zeigt sich nachdenklicher als sonst. Was bedeutet, dass er auf viele seiner klassischen Stilmittel wie ausuferndes Storytelling oder markante Basslines mit flotten 808s größtenteils verzichtet. Dafür bleibt die ausgelassene Experimentierfreude, welcher nun endgültig und endlich völlig freien Lauf gelassen wird.

Das deutet schon der poetisch wertvolle Albumtitel an: Schmelzende Augen stehen hierbei für Denzels Tränen, und darum lautet der Intro-Track sinngemäß einfach "Heul-Session Nummer Eins". Zarte Instrumentals, atmosphärische Samples und vor allem der Piano-Einsatz des renommierten Jazz-Produzenten und Feature-Gasts Robert Glasper geben von hier an die Stimmung vor. Die Bars von Denzel funktionieren hervorragend in diesem Ambiente, das kaum noch nach Dirty South oder gar Hardcore-Rap klingt. Mit "Walkin" folgt der vielleicht größte Hit der Platte, welcher jedoch elementare Themen wie Überlebenskämpfe im Kapitalismus, psychische Probleme und Ungleichbehandlung im US-Justizsystem keineswegs auslässt. Deutlich expliziter und offensiver um beziehungsweise gegen Rassismus geht es bei "The last", einem der wichtigsten und musikalisch ausgefeiltesten Tracks. Die Auswahl der Features passt indes wie die Faust aufs Auge, dabei stechen unter anderem das eingängige, aber leider etwas kurze "Troubles" mit T-Pain hervor, sowie "Ain't no way" dank der Beteiligung von gleich vier bekannteren Gast-Rappern und dem begnadeten Produzenten Powers Pleasant.

"X-Wing" überzeugt namensgerecht mit popkulturellen Referenzen, zum Beispiel bezogen auf WWE-Wrestler Rey Mysterio, den legendären Wu-Tang Clan oder in Form eines Disses gegen TikTok. Zum Ende hin steigt die bereits so haushohe Gesamtqualität abermals, "Angelz" ähnelt dem Opener aufgrund des ähnlich hervorragenden Instrumentals von Karriem Riggins (erneut ein Jazz- & Hip-Hop-Produzent) und "Sanjuro" präsentiert uns mit 454 ein neues interessantes Rap-Talent aus Florida. Aber das eigentliche Highlight dieses makellosen Albums ist die Kollaboration mit UK-Rapgenie Slowthai, "Zatoichi", die zweite nach "Walkin" veröffentlichte Single. Die zahlreichen Weltraum-Bezüge der beiden Ausnahmekünstler werden von futuristisch guten Beats begleitetet, die aus lose strukturierten Samples und Loops bestehen und mal nach experimentellem Lo-Fi bzw. Ambient, vereinzelt sogar wie Vaporwave klingen. In der Hook kommt der sogenannte "Amen break"-Sample zum Einsatz, ein sechssekündiger Drum-Loop aus dem Song "Amen brother" von The Winstons, Jahrgang 1969, welches für viele Jungle- und Drum-n-Bass-Klassiker die Grundlage bildet. Das Endergebnis ist brachial wie fantastisch, es prescht nach vorn und hinterlässt einen gewaltigen Eindruck. Umso angenehmer, dass der Closer "The ills" weitaus langsamer verläuft, erneut Jazz-Elemente aufgreift und ein geniales Album würdig veredelt. "Melt my eyez see your future" ist der allerletzte Weckruf für jene, die Denzel Curry immer noch verschlafen.

(Maximilian Baran)

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Highlights

  • Melt session #1 (feat. Robert Glasper)
  • Walkin
  • The last
  • X-Wing
  • Zatoichi (feat. Slowthai)

Tracklist

  1. Melt session #1 (feat. Robert Glasper)
  2. Walkin
  3. Worst comes to worst
  4. John Wayne (feat. Buzzy Lee)
  5. The last
  6. Mental (feat. Saul Williams & Bridget Perez)
  7. Troubles (feat. T-Pain)
  8. Ain't no way (feat. 6LACK, Rico Nasty, JID, Jasiah, Powers Pleasant & Kitty Ca$h)
  9. X-Wing
  10. Angelz (feat. Karriem Riggins)
  11. The smell of death
  12. Sanjuro (feat. 454)
  13. Zatoichi (Feat. Slowthai)
  14. The Ills

Gesamtspielzeit: 45:10 min.

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User Beitrag

boneless

Postings: 6210

Registriert seit 13.05.2014

2024-08-09 23:57:47 Uhr
Ich habs mal wieder probiert, aber nach dem guten Start verliert er mich recht schnell. Mit diesem Trap-Gedöns kann ich im Hip-Hop echt so gut wie gar nichts anfangen. Das nervt mich auch bei TA1300. Im Grunde ne super Sache, aber von der Grundstimmung her find ich das einfach zu anstrengend und auf Dauer auch ermüdend.

Affengitarre

User und News-Scout

Postings: 11383

Registriert seit 23.07.2014

2024-07-31 19:33:52 Uhr
Mein Lieblingsalbum von ihm. Irrsinnig gut produziert und tolle Atmosphäre. Curry rappt eh fantastisch.

MopedTobias (Marvin)

Mitglied der Plattentests.de-Schlussredaktion

Postings: 20172

Registriert seit 10.09.2013

2022-04-15 17:45:04 Uhr
Großartiges Album.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 28471

Registriert seit 08.01.2012

2022-04-13 20:37:46 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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