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Daniel Rossen - You belong there

Daniel Rossen- You belong there

Warp / Rough Trade
VÖ: 08.04.2022

Unsere Bewertung: 9/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Richtiger Ort, richtige Zeit

Und, sind Sie öfter hier? Oder nur, weil im Teaser auf der Startseite bereits etwas Herziges zu diesem Album stand? Oder etwa weil im Newsletter eine 9/10 versprochen wurde? Vielleicht hat es Sie auch hierher verschlagen, weil Sie einfach gern Musik hören – oder gar schon immer großer Fan von Grizzly Bear waren und mit Daniel Rossens Namen etwas verbinden. Wie dem auch sei: Hier sind Sie genau richtig. You belong here, höhö. Nun ja. Entschuldigen Sie dann doch bitte gleich, dass wir hier direkt zu Beginn sehr dick auftragen, aber dieses Album sollten Sie wirklich hören. Ach was – das müssen Sie einfach! Ich bin sogar bereit zu einem kleinen Experiment: Ich werde Ihnen am Ende des Jahres genau sagen können, wo und wann ich es zum ersten Mal gehört habe. Und wenn Sie sich selbst nun einen Gefallen tun und meinen Rat befolgen, werden Sie mir darauf antworten können, wo und wann Sie es zum ersten Mal gehört haben. Haben Sie Bock?

Aber zurück zum eigentlichen Grund für unser kleines Treffen an dieser Stelle. Möglicherweise erzähle ich Ihnen ja doch etwas Neues, wenn ich sage: Daniel Rossen ist ein Tausendsassa. Seit 2005 ist er als einer der Sänger und Songwriter von Grizzly Bear maßgeblich für deren Sound verantwortlich, von seinem Wirken an diversen Instrumenten eh mal abgesehen. Auch als Teil des Duos Department Of Eagles konnte er auf deren einzigem Album "In ear park" sein Talent unter Beweis stellen. Bitte halten Sie sich nun fest: All das ist zwar schön und gut, aber kein Vergleich zu dem, was er auf seinem langersehnten Solodebüt "You belong there" abliefert. Klingt schon wieder so dick aufgetragen? Bestimmt. Argue with me, wie er es so passend in einem früheren Song formuliert, wenn Sie denn unbedingt ein Gefecht verlieren möchten. Schon in den ersten Minuten, ach, Sekunden zeigt der 39-Jährige auf dem Album wie ein guter Touri-Guide nicht nur, wohin die Reise gehen soll – natürlich an diesen Ort, an den wir alle gehören –, sondern auch, warum wir dort hin wollen: weil er für die musikalische Untermaltung verantwortlich ist.

In jenen ersten Sekunden nämlich baut sich der Opener "It's a passage" zunächst langsam und gemütlich auf, ehe er ab der Mitte in die Vollen greift und Rossen musikalisch mit einem derart üppigen Klangteppich aufwartet, dass man glatt sämtliche bisherigen möglichen Lieblingsalben des Jahres darunter kehren möchte. Und das ist erst der Anfang: "Shadow in the frame" verpackt gefühlt alle vier Inkarnationen der Fleet Foxes – von jedem ihrer Alben – in ein einzelnes Stück und klingt doch unverkennbar nach demjenigen, für den das hier überhaupt die erste Soloplatte ist. Muss man auch erstmal schaffen. "The truth is always brighter than you say", singt Rossen, blendet alle und ist doch kein Täuscher. Sondern einer, der es ernst meint.

Denn war Rossen bei Grizzly Bear nur ein Viertel des Ganzen, schafft er auf "You belong there" im Alleingang das fast Unglaubliche und strahlt heller als je zuvor. Von der zärtlichen Harmonie in "I'll wait for your visit" über den brodelnden, so abweisend wie umarmend wirkenden Titeltrack bis hin zu "Keeper and kin" und seiner willkommen heißenden Lagerfeuer-Atmosphäre: Stets laufen Tränen und Tollerei hier Hand in Hand, berührt Rossen tief, geht einem das Album überraschend heftig an die Nieren. Und wenn "Unpeopled space" mit all seinen Nuancen und Facetten wie eine Dampfwalze über alles hinwegrollt und Sie sich hinterher gleichermaßen platt und merkwürdig bereichert fühlen, sollte Ihnen die Besonderheit dieses Albums endgültig bewusst werden.

Voller Bewusstsein, genau das ist "You belong there" eben auch. Nichts geschieht hier einfach so, das ist sofort klar, und doch erstaunt die Leichtigkeit dieses völlig Unzufälligen mit dem Hördurchgang etwas mehr, wenn einem abermals etwas auffällt, ein kleiner Ton hier, eine nur im Hintergrund stattfindende Melodie dort. Das Album ist in seiner Gesamtheit so tosend wie ein Feuerwerk und doch auch fragil wie die Flamme einer einzelnen Kerze. Kaum ein Song verkörpert das so gut wie der Abschlusstrack "Repeat the pattern", der zwischen Verliebtheit und Verzweiflung zu wandern scheint, irgendwo tänzelnd am höchst intimen schmalen Grat zwischen Licht und Schatten, immer kurz vorm Untergang, ehe er am Schluss einfach verstummt. "Repeat the pattern from the beginning" – wir sprechen uns am Ende des Jahres.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • It's a passage
  • Unpeopled space
  • I'll wait for your visit
  • Repeat the pattern

Tracklist

  1. It's a passage
  2. Shadow in the frame
  3. You belong there
  4. Unpeopled space
  5. Celia
  6. Tangle
  7. I'll wait for your visit
  8. Keeper and kin
  9. The last one
  10. Repeat the pattern

Gesamtspielzeit: 44:31 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

maxlivno

Postings: 2842

Registriert seit 25.05.2017

2024-01-15 22:45:01 Uhr
Ichiko Aoba, Joanna Newsom, Nick Drake wären jetzt meine aus der Hüfte geschossen

javra

Postings: 213

Registriert seit 29.07.2014

2024-01-15 20:20:06 Uhr
Jop stimmt schon, was wäre eine Referenz für Chamber Folk?

maxlivno

Postings: 2842

Registriert seit 25.05.2017

2024-01-15 14:53:21 Uhr
das und Avant-Folk und Chamber Folk passen doch alle?

edegeiler

Postings: 3034

Registriert seit 02.04.2014

2024-01-15 13:44:30 Uhr
Progressive-Folk?

javra

Postings: 213

Registriert seit 29.07.2014

2024-01-15 13:38:47 Uhr
Wenn ich ein Ranking von Alben aufstellen müsste, die sich jeder Genre-Klassifizierung widersetzen, wäre das immer noch ganz oben. Hat ja eigentlich keine Rock-Elemente mehr, ist ein bisschen zu sperrig um Pop zu sein, zu progressiv um Folk zu sein.
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