The Linda Lindas - Growing up
Epitaph / Indigo
VÖ: 08.04.2022
Unsere Bewertung: 6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
Pausenbrot-Punk
Mit "Racist, sexist boy" hatten The Linda Lindas aus Los Angeles im Mai 2021 das Internet erobert: Im Zuge der Corona-Pandemie adressierten die vier noch längst nicht volljährigen Musikerinnen den irrationalen Hass, der Menschen asiatischer Abstammung als mutmaßliche Überträger*innen des ursprünglich in China entdeckten Virus entgegenschlug, und wurden mit der Performance des Songs in der Stadtbibliothek von L. A. über Nacht zum viralen Hit. Gepaart mit ihrer entschiedenen Abwehrhaltung gegenüber Catcalling und sonstigen blöden Kommentaren von meist männlichen Gleichaltrigen gerieten sie schon vorher auf den Radar von Riot-Grrrl-Königin Kathleen Hanna oder auch Karen O, die das Quartett schnell unter ihre Fittiche nahmen und als Vorgruppe auftreten ließen. Denn in Gestus und Habitus orientieren sich die vier Latinx- beziehungsweise Asiatisch-Amerikanerinnen am Neunziger-Punk-Style von Größen wie Hanna oder Courtney Love, während musikalisch der Rumpel-Punk größtmöglicher DIY-Prägung à la Ramones und Sex Pistols mit poppiger Schlagseite den Ton angibt. Das Debütalbum "Growing up" erscheint nun beim Szene-Riesen Epitaph, der The Linda Lindas vom Fleck weg unter Vertrag genommen hat, und zeigt, dass die Band diese großen Fußstapfen durchaus auszufüllen vermag.
Dabei ist die Durchbruchssingle, die hier als Closer fungiert, ein wenig als Blendgranate zu bezeichnen, denn der Großteil von "Growing up" fällt weitaus weniger aggressiv und brutal aus. Allzu harmlose Bubblegum-Kompositionen wie "Talking to myself" oder Nonsens wie die Hymne an das mäusefangende Ungetüm "Nino, the savage cat" sind vermutlich aber einfach dem Alter ihrer Urheberinnen geschuldet und tun der unverbraucht-spaßigen Punk-Party keinen Abbruch. Drummerin Mila de la Garza wird im Sommer zwar erst zwölf, hält den Laden aber vorbildlich zusammen, und auch ihr gekonnter Gesang sowie der von Gitarristin Bela Salazar (17), Bassistin Eloise Wong (14) und Milas Schwester Lucia (15), die auf dem Album alle mal ans Mikro dürfen, sticht angenehm hervor und gemahnt nicht selten an die früheren Sleater-Kinney (Carrie Brownstein ist übrigens auch großer Fan). Eingängiger Pop-Rock im Stil von The Beths wie "Remember" oder "Magic" und mit "Cuantas veces" sogar ein gelungener, spanischsprachiger Jangle-Popper sind außerdem auf der Habenseite zu verbuchen.
Es sind die simplen, aber verflucht ohrwurmigen Brecher wie "Oh!" und insbesondere der Titeltrack, die von wirklich großem Talent zeugen, das mit den Jahren sicherlich noch weiter erblühen wird, wenn die vier Freundinnen am Ball bleiben. Klar sind The Linda Lindas – beziehungsweise die Aufmerksamkeit, die sie so schnell generieren konnten – ein Produkt ihrer Zeit. In einer Welt nach MeToo und sensibilisiert durch zahlreiche schreckliche, rassistisch motiviere Hassverbrechen, die in einem ähnlichen Zeitraum zum Beispiel auch die Black-Lives-Matter-Bewegung wieder in Gang setzten und zu großem Zulauf brachten, stößt ein Statement wie "Racist, sexist boy" auf Zuspruch, und das natürlich vollkommen zurecht. Dass die Elternhäuser der vier Lindas aus renommierten und freigeistigen Künstler*innen, Produzent*innen und sonstigen Berühmtheiten der L.-A.-Society bestehen, steht dem Durchbruch der Band bestimmt auch nicht im Weg. Mit ihrer ersten richtigen Songsammlung belebt diese zwar nun das dahinsiechende Genre nicht sofort neu, gibt aber bereits ein erstes, beachtliches Lebenszeichen ab. 2022 sind The Linda Lindas dann mit Jawbreaker auf Tour.
Highlights
- Growing up
- Cuantas veces
- Racist, sexist boy
Tracklist
- Oh!
- Growing up
- Talking to myself
- Fine
- Nino
- Why
- Cuantas veces
- Remember
- Magic
- Racist, sexist boy
Gesamtspielzeit: 25:36 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Croefield Postings: 1749 Registriert seit 13.01.2014 |
2022-06-05 13:54:27 Uhr
Für mich ist die Entwicklung der Band eine riesige Enttäuschung. Sie haben übrigens auch noch Bock auf rawness ;) : https://www.youtube.com/watch?v=iJgv6rbq0_8 |
Croefield Postings: 1749 Registriert seit 13.01.2014 |
2022-06-04 12:41:07 Uhr
Ja, die Platte haut mich auch nicht um, ist aber auch wahrlich nicht verkehrt. Ich finde die nach wie vor klasse, bin auch durch Moxie auf sie aufmerksam geworden und bin mal gespannt, was sie alles noch so machen werden. Könnte in dem Alter und den Altersunterschieden ja durchaus auch schnell wieder zerbrehcen, aber irgendwie wirken die ja sehr verbunden und als Einheit. Finde auch toll, dass alle 4 eigene Songs singen und somit auch gesanglich Abwechslung aufkommt und dass sie trotz ihres jungen Alters praktisch auch ohne den "gar nicht mal so schlecht für Kiddies"-Bonus eigentlich schon direkt mit der Konkurrenz mithalten können ist auch cool. Spielen ja heute und morgen sogar schon RaR/RiP, vielleicht kommen sie in den nächsten Ferien sogar mal zu einer richtigen Europa-Tour. Wahrscheinlich sollte man sie jetzt aber noch nicht überfordern, gefühlt geht das natürlich schon sehr schnell alles. Sie haben ja sogar noch im Backstage von Jimmy Fallon (oder Kimmel) Hausaufgaben machen müssen, weil sie schon gar nicht mehr so viel Zeit für Schule haben. :D Also solange sie nicht zeitnah im Popsumpf versinken oder es zu stressig wird, halt ich sie für so ziemlich das Coolste (auch gerade als Identifikationsfigur für viele junge Menschen), was es derzeit so im Newcomerbereich aus den USA so gibt, selbst wenn sie gerade auch medial schon sehr stark stattfinden und Epitaph sie direkt poppiger gemacht haben. Solange sie Spaß haben und weiterhin so gute Songs schreiben, kann man das mMn gar nicht genug loben. |
Gordon Fraser Postings: 2676 Registriert seit 14.06.2013 |
2022-05-10 00:55:38 Uhr
Kurzweilige Platte. Mag vor allem "Remember" und natürlich den Titelsong. Dass die Best Buddies mit Best Coast sind, hört man deutlich. |
Zeke Postings: 236 Registriert seit 15.06.2013 |
2022-04-11 17:20:02 Uhr
Ja, der Song ist klasse.Ich komm nicht drauf, woher ich die Gitarrenmelodie nach dem Chorus kenne. Green Day? Ach... Aber auch sonst macht das Album bei dem Wetter viel Spaß. Habe die auch über Moxie kennengelernt. Stimmt, das ging mehr in die Riot-Richtung. Aber der Pop-Punk macht hier auch richtig Laune. In der aktuellen Ox (Punk-Fanzine) kriegt das Album 9 von 10 Punkten. |
eric Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 2855 Registriert seit 14.06.2013 |
2022-04-11 14:40:43 Uhr
...was dennoch nicht verhindert, dass "Growing up" (Song) ein echtes Poppunk-Brett ist. Gerade jetzt zu den Frühlingstagen. :) |
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Referenzen
Skating Polly; Shonen Knife; Bikini Kill; Sleater-Kinney; Bratmobile; Amyl And The Sniffers; Sløtface; The Muslims; Dover; An Horse; Veruca Salt; Mannequin Pussy; The Beths; Press Club; Hands Off Gretel; Kate Nash; Heavens To Betsy; Willow; Muncie Girls; The Julie Ruin; Lucy Dacus; Potty Mouth; Lunachicks; Avril Lavigne; Vial; Dream Wife; Slutever; Hole; Barb Wire Dolls; Otoboke Beaver; Le Tigre; Mommy Long Legs; 24/7 Diva Heaven; Ex Hex; The Bots; Babes In Toyland; The Muffs; 7 Year Bitch; L7; Team Dresch; Pussy Riot; The Distillers; Screaming Females; Bleached; Diet Cig; Best Coast; Camp Cope; 4 Non Blondes; No Doubt; Bambix; Blondie; Descendents; Sex Pistols; Ramones
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