Gong Wah - A second
Tonzonen / Soulfood
VÖ: 25.03.2022
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Aber besser wär's
83 süß-sauer gefällig? Ach so, Euch hängt's mittlerweile zum Hals raus. Wie wär's stattdessen mit unserer neuen Spezialität Fuzz Wave? Klingt doof, aber schmeckt vorzüglich. Zumindest allen Freunden robusten, latent elektronisch unterwanderten Indie-Rocks, der Spuren von Shoegaze, Kraut und ja, auch von Fuzz enthalten kann. Zugegeben: Richtig neu ist das Ganze nicht mehr, da Thorsten Dohle bereits 2018 den China-Imbiss King Wah im heimischen Köln zum Anlass nahm, mit Sängerin Inga Nelke und dem zweiten Gitarristen Felix Will eine Band leicht abgewandelten Namens zu gründen. Auch ein Spritzer Psychedelia darf nicht fehlen, denn Dohle spielte ebenfalls bei den berüchtigten Drogen-Rockern Rausch – allerdings erst im neuen Jahrtausend, sodass er mit Frühneunziger-Slogans wie "Keine Macht den Doofen" oder "Suicide is allright" nichts am Hut hatte. Dafür mit knackigen, energischen Songs, die sowohl unliebsamen Zeitgenossen die Meinung geigen als auch versonnen von einer besseren Welt träumen.
Erstmals 2020 auf dem selbstbetitelten Debüt, wo Gong Wah bereits als Quintett zu Werke gingen und es in "Sugar & lies" oder dem wütenden "I hate you" poltern und ätzen ließen. Umso gütiger ist hingegen der Blick, den Frontfrau Nelke auf "A second" der bedauernswerten "Heartache Jean" zuwirft – einer fahlen, sonnenbebrillten Existenz, die vor rund 50 Jahren auch Andy Warhols Factory hätte entsprungen sein können. Passend dazu wirkt dieser Auftakt, als sei Courtney Love frisch bei The Velvet Underground eingestiegen – in der Hoffnung, es möge dort flauschiger zugehen, nachdem sich irgendjemand dauernd zu hart auf ihren Schoß gesetzt hat. Und in der Tat können auch wuchtiges Schlagzeug und zornig aufbegehrende Riffs diesem bezaubernden Wonneproppen nichts anhaben. Womit der Referenzrahmen grob abgesteckt wäre: Gedämpften Proto-Punk und diskreten Noise-Pop beherrschen die Rheinländer genauso gut wie die Vibes aus der Gründerzeit von Indie und Riot Grrrl. In allem Stilbewusstsein, versteht sich.
Allzu sehr in Sicherheit wiegen lassen sollte man sich von Stücken wie dem aufgeräumten Rumpler "The well" oder dem rau schmeichelnden "Baby, won't you come along" indes nicht: Schon bald nämlich türmt sich "Consolation" zu einem lärmigen Stakkato auf und inszeniert das überlange "One fine day" einen bedrohlich schwelenden Erdwurm, der unaufhaltsam auf einen groovigen Ausbruch und irgendwie auch auf ewige Jugend und Glückseligkeit zusteuert. Dass der Weg dorthin jedoch ein beschwerlicher ist, belegt das von grollenden synthetischen Beats angetriebene "Paint my soul", das mit der Zeile "It's no joke that I choke in my dreams" nicht nur von seelischer Unruhe, sondern auch von Gespür für lautmalerische Kunstgriffe zeugt. Erst mit dem wohligen Midtempo des sehnsuchtsvoll vorwärtsrollenden "This life" findet "A second" wieder in ein entspannteres Fahrwasser – und weiß dennoch: "This life could be so much better." Schlichte Worte, die aber genauso von Herzen kommen wie dieses wunderbare, trostreiche Album.
Highlights
- Heartache Jean
- One fine day
- This life
Tracklist
- Heartache Jean
- The well
- Consolation
- Baby, won't you come along
- Paint my soul
- One fine day
- The violet room
- This life
- A head is not a home
Gesamtspielzeit: 38:07 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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eric Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 2844 Registriert seit 14.06.2013 |
2022-05-14 12:09:36 Uhr
Wirklich ein cooler Sound und eine feine Platte. Gehört zu meinen liebsten Alben 2022 bisher. Schade, dass Wolf Alice nicht mehr ähnlich klingen... |
Arne L. Postings: 1181 Registriert seit 27.09.2021 |
2022-05-12 12:33:20 Uhr
Ich find das ziemlich cool und speziell "This life" ist für mich eine tolle Evokation von 90s-Rock. War dann schockiert, als ich gesehen habe, wie "klein" die Band bei Spotify ist. Das kann man sich auf jeden Fall alles sehr gut anhören. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27195 Registriert seit 08.01.2012 |
2022-03-23 21:19:22 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
Hole; Sally Crewe & The Sudden Moves; Warpaint; Honeyblood; Wolf Alice; Sleater-Kinney; Corin Tucker Band; Mary Timony; Helium; Ex Hex; Wild Flag; Linoleum; Mecca Normal; Rome Is Not A Town; I Heart Hiroshima; Pixies; The Breeders; The Amps; The Kelley Deal 6000; The Primitives; Lush; Mazzy Star; Slowdive; My Bloody Valentine; Unrest; Air Miami; Isoscope; The Mynabirds; Chastity Belt; Porridge Radio; Hop Along; Mourn; The Joy Formidable; Garbage; Yeah Yeah Yeahs; Spinnerette; The Distillers; Savages; Sonic Youth; The Velvet Underground; Die Haut; Malaria!; Danielle Dax; Cindy; Rays; Bully; Kid Wave; Desperate Journalist; Dream Wife; Fazerdaze; Parfum Brutal; Courtney Barnett; Juliana Hatfield; Liz Phair; Throwing Muses; Belly; 50 Foot Wave; Velocity Girl; The Vaselines; Superchunk; That Dog; Magnapop; Letters To Cleo; Veruca Salt; Bettie Serveert; Rainbirds; Rausch; Cowboys On Dope; News At Six; Nirvana
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- Gong Wah - A second (3 Beiträge / Letzter am 14.05.2022 - 12:09 Uhr)