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Drug Church - Hygiene

Drug Church- Hygiene

Pure Noise / Membran
VÖ: 11.03.2022

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Heilig's Krächle

"Ja, heilig's Blechle, was ist denn hier los?", möchte man nach einigen Durchgängen dieser Platte fragen. "Ein Heidenlärm, der Laune macht!", so lautet die korrekte Antwort. Dafür verantwortlich: Drug Church, eine Post-Hardcore-Band aus Albany im US-Bundesstaat New York. Die Band startete einst als Nebenprojekt von Frontmann Patrick Kindlon, der bereits mit seiner Hauptband Self Defense Family energiegeladenen Post-Hardcore und schwerlidrigen New Wave verkuppelte. Mit Drug Church schlägt er in eine ähnliche Kerbe, wobei die Band bislang größtenteils unter dem Radar segelte. Ob sich das mit "Hygiene", der vierten Albumveröffentlichung, wesentlich ändert? Es darf bezweifelt werden. Verdient wäre es allemal, denn schlüssiger als hier kann man Melodien und Krachkomponenten ja kaum miteinander verschweißen.

Drug Church bleiben bei all dem schwer zu fassen: Ihr Sound speist sich freilich aus Hardcore, Post-Hardcore und der eher robusten Emo-Schiene, umfasst aber auch Elemente aus Grunge, Pop, Wave und – wenn man so möchte – sogar Nu Metal. Natürlich wird es hier nicht peinlich, sondern bleibt stets der großen und hehren Idee verpflichet, einen Klang zu kreieren, der energetisch und stürmisch ist, der in guten Momenten gar euphorische Höhen erreicht, der aber beizeiten auch den Abgrund kennt und davon eindrucksvoll berichtet. Wer sich eine von Andrew W. K. organisierte 80s-Party vorstellt, auf der zwischen Joy Division und Bauhaus auch mal Turnstile läuft, der bekommt eine Idee davon, wie sich "Hygiene" in manchen Momenten anfühlt. Und doch greift diese Metapher zu kurz, denn natürlich fehlt ein Querverweis zu den Speerspitzen der Emo- und Hardcore-Szene, zu Touché Amoré und La Dispute, die hier durchaus auch als Referenzen genannt werden sollten.

Der Opener "Fun's over" führt mit seinem Titel natürlich auf die falsche Fährte, denn der Spaß beginnt ja gerade erst: Knackige Gitarren spielen sich in diesen knappen zwei Minuten in einen furiosen Rausch, Kindlon spricht eher, als dass er singt, aber für ein einleitendes Kapitel legt der Song schon ziemlich eindrucksvoll offen, wohin die Reise hier geht. Drug Church spielen sich hier durch sehnigen, kraftvollen Hi-Energy-Rock, der an den Rändern dunkel schimmert. "Millions miles of fun" ist dann so etwas wie der Hit der Platte: Die Gitarren fahren einen halsbrecherischen Schlingerkurs, ihr Post-Hardcore klingt metallisch, bei aller Härte und Prägnanz verzichten die US-Amerikaner aber nicht auf maximale Eingängigkeit. Klar wird dies auch im melancholischen Post-Punk von "Detective lieutenant", der den Sound der späten Siebziger- und frühen Achtzigerjahre ganz unverhohlen würdigt – insbesondere der Bass träumt sich in eine Zeit zurück, in der Ian Curtis noch seine traurigen Lieder sang. Drug Church liefern auf "Hygiene" eine fein austarierte Idee davon, wie Post-Hardcore im Jahr 2022 klingen kann: scharfkantig und aggressiv wie im Dampfwalzenkommando von "Tiresome". Oder an Fucked Up erinnernd wie im adrenalingeschwängerten Punkrock von "World impact". Kein Bullshit, kein Chichi. Was hier los ist? Der Teufel.

(Kevin Holtmann)

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Highlights

  • Fun's over
  • Million miles of fun
  • Detective lieutenant
  • World impact

Tracklist

  1. Fun's over
  2. Super saturated
  3. Plucked
  4. Million miles of fun
  5. Detective lieutenant
  6. Tiresome
  7. World impact
  8. Premium offer
  9. Piss & quiet
  10. Athlete on bench

Gesamtspielzeit: 26:12 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

fakeboy

Postings: 3760

Registriert seit 21.08.2019

2022-07-08 09:53:51 Uhr
Mir gefällt das Album nachwievor sehr gut. Nicht ganz so gut wie Cheers, aber gefällt trotzdem.

Was mir auch gefällt: Drug Church die Mighty Mighty Bosstones covern: Someday I Suppose

Magoose

Postings: 78

Registriert seit 15.06.2013

2022-04-17 01:48:31 Uhr
Beinahe die schon erwartete Enttäuschung nach den Vorabsingles. Irgendwie ein seltsamer Versuch von Drug Church zugänglicher zu werden, der ihnen nicht gut steht.
Bin ein großer Fan von Cheer. Aber das Niveau erreichen sie hier nicht mal im Ansatz.

Kevin

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 1003

Registriert seit 14.05.2013

2022-03-17 18:39:00 Uhr
Ich habe das auch gar nicht negativ aufgefasst. Grundsätzlich kann das natürlich sein, dass ein gewisser Sound wieder durch den Erfolg einer gehypten Band gepusht wird.

Zwen

Postings: 38

Registriert seit 29.11.2019

2022-03-17 16:33:34 Uhr
Das galt nicht dir. Das war meine Einschätzung zum „Gesamt-Hype“. Ist ja schon nicht der Normalfall, dass eine Band, die es seit mehreren Jahren (und davor in anderen „inkarnationen“ - ja, ich weiß, war im Prinzip nur der Sänger…) gibt, auf einmal quasi überall sehr positiv wahrgenommen und besprochen wird. Und das auch in Medien, die vielleicht normalerweise den Sound nicht so nahe stehen. Oder? Und das meine ich auch ausdrücklich nicht negativ. Ich glaub halt nur, dass der allgemeine Erfolg von turnstile hier aktuell vielleicht nicht ganz „unschuldig“ ist….

Kevin

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 1003

Registriert seit 14.05.2013

2022-03-16 17:45:24 Uhr
Also hier auf PT ist nichts Turnstile "geschuldet", deren gehyptes Album habe ich mir nämlich noch gar nicht angehört.
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