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Tears For Fears - The tipping point

Tears For Fears- The tipping point

Concord / Universal
VÖ: 25.02.2022

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Kein Urschrei

Als Tipping-Point wird unter anderem der Zeitpunkt eines Sozialverhaltens bezeichnet, an dem sich eine kleinere Bewegung zu einem Massenphänomen entwickelt. Der Begriff wird jedoch auch noch in anderen Kontexten verwendet. Nun kommt ein weiterer hinzu: das neue Album von Tears For Fears. Es ist der erste Longplayer der Briten seit "Everybody loves a happy ending" von 2004, und trotz des eher mageren Outputs – vier Studioplatten seit 1989 – waren Roland Orzabal und Curt Smith gefühlt nie von der musikalischen Bildfläche verschwunden. Ihren Tipping-Point hatten sie 1982 gleich mit "The hurting" erreicht. Seitdem kennt man die Band vor allem durch Hits wie "Mad world" oder "Everybody wants to rule the world" als Massenphänomen. Was macht "The tipping point" mit diesem Phänomen?

Mit dem Opener "No small thing" und dem Titeltrack startet das Album gleich vielversprechend. Beide Songs würden gut als spärlich instrumentierte Akustiknummern funktionieren, sind aber beim Midtempo-Bombast, in den sie sich hineinsteigern, ebenso blendend aufgehoben. Bereits hier setzen Tears For Fears voll auf ihr großes Alleinstellungsmerkmal: ihre Stimmen. Orzabal und Smith harmonieren gesanglich perfekt miteinander, weil sie einerseits einen Kontrast bilden, sich andererseits aber auch so einander annähern können, dass manchmal nicht einmal Fans wissen, wer da grade singt.

Diesen stimmlichen Umfang reizen sie auch auf der zarten Ballade "Long, long, long time" aus, die angenehm verspielt, aber auch mit viel Substanz daherkommt. "Break the man" und "My demons" lassen ähnlich wie ihr zeitloser Hit "Shout" erahnen, warum der Bandname von dem Psychotherapeuten Arthur Janov und seinem Buch "Der Urschrei" inspiriert ist:Vordergründig sind beide Stücke wütender, aber harmonischer Pop, den man genau als solchen hören kann. Doch hintergründig leben Tears For Fears noch immer von einer Symbolik, die sie einem niemals aufdrängen, aber auch mehr als nur andeuten. Und so ist das Duo auf Albumlänge zum Glück näher an Depeche Mode als am Dekonstruktivismus.

Angenehm erkennbar ist das auch auf "Rivers of mercy", einer Ballade, die so pompös produziert ist, dass erstmal alle Fluchtantennen warnend vibrieren. Allerdings baut sich der Song mit so angenehm leisen Zwischentönen auf, dass man ihm das unvermeidlich aufsteigende Pathos allzu gern vergibt. Die Haltung der Songs und die musikalische Idee ist nach etwa der Hälfte an einem Punkt angelangt, an dem klar ist, dass keine großen Überraschungen mehr passieren. Aber dank der Spielfreude, mit der sich Orzabal und Smith durch "The tipping point" bewegen, wird das Album trotzdem nie langweilig.

Es ist stets spürbar, dass hier eine Band am Werk ist, die noch viel zu sagen hat, obwohl es vollkommen klar ist, dass sich der kommerzielle Erfolg nicht mehr auf dem Level von früher wiederholen lässt – und zum Glück hört man in jeder Note, wie unerheblich das für die beiden Musiker ist. Es scheint schlicht eine ungeheure Befreiung für Orzabal und Smith zu sein, einfach die Musik machen zu können, die ihnen am Herzen liegt. Oder, angelehnt an Arthur Janov: Der Schrei ist sehr deutlich zu hören. Und dafür muss er nicht einmal sonderlich laut sein.

(Dominik Steiner)

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Highlights

  • The tipping point
  • Long, long, long time
  • Rivers of mercy

Tracklist

  1. No small thing
  2. The tipping point
  3. Long, long, long time
  4. Break the man
  5. My demons
  6. Rivers of mercy
  7. Please be happy
  8. Master plan
  9. End of night
  10. Stay

Gesamtspielzeit: 42:25 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Hogi

Postings: 522

Registriert seit 17.06.2013

2022-03-01 08:27:47 Uhr
bin da vielleicht zu oldschool, aber diese moderne, glatte Produktion zieht die an sich guten Songs ziemlich runter. Klingt oft nach Drumcomputer und Gitarren sind meist auch kaum zu hören. Dynamik Fehlanzeige. Das Album ist mir einfach zu sehr auf Erfolg getrimmt. Wenn ich da im Vergleich die Seeds of love anhöre... da liegen diesbezüglich Welten zwischen.
Ich bin wohl einer der wenigen, der die Alben ohne Curt (Elemental, Raoul) am besten und Rolands einziges Soloalbum (Tomcats) überragend findet:-)
6/10.

Saschek

Postings: 430

Registriert seit 23.07.2018

2022-02-28 17:03:08 Uhr
Hm …  Bin nach dem ersten Durchgang eher etwas peinlich berührt. Das klingt im Moment alles nach Lounge-Musik. Ein bisschen gewollt und zu seicht. Uff. Bin ehrlich gesagt etwas enttäuscht. Ändert sich eventuell noch.

oldschool

Postings: 592

Registriert seit 27.04.2015

2022-02-27 11:04:58 Uhr
nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut.

kingbritt

Postings: 5161

Registriert seit 31.08.2016

2022-02-26 11:19:30 Uhr


Geduldsprobe. Mein 2ter Durchgang, kann mir nicht helfen aber ist schon über Nacht noch weiter vintage gealtert. Vielleicht sind meine Erwartungen in TfF 2022 auch andere gewesen. Es plätschert und schleppt so vor sich hin. (5,5/10)

No small tin 6/10
The tipping point 8/10
Long, long, long time 5/10
Break the man 5/10
My demons 6/10
Rivers of mercy 6/10
Please be happy 4/10
Master plan 5/10
End of night 5/10
Stay 5/10

köttbullar

Postings: 183

Registriert seit 03.10.2019

2022-02-25 19:52:23 Uhr
Ich finde sie bis Rivers of mercy großartig, danach flacht sie ab. End of Night ist nervig und Stay wertet es am Ende wieder auf. 7/10 daher erstmal ok.
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