Blankenberge - Everything

Blankenberge
VÖ: 14.11.2021
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10

Bliss, please
Wer sagt denn, dass man den Tag in 24 Stunden einteilen muss? Dass es genau vier Jahreszeiten geben soll? Und warum sind es letzten Endes genau neun Tracks auf "Everything", dem dritten Album von Blankenberge? Jenes Quartett hat sich zwar nach einem belgischen Örtchen benannt, stammt aber eigentlich aus St. Petersburg. Und so weit wie ihre Heimat Russland ist ihr Sound: flächig, ausladend, hier und da mal eisig. Man glaubt oft gar nicht, dass dieses Dickicht an Geräuschen, Melodien und Rhythmen von gerade einmal drei Leuten an den Instrumenten stammt, welche mit ihrer Arbeit die Stimme von Vokalistin Yana Guselnikova so verschlingen, dass Texte nur selten wirklich auszumachen sind. Aber wer auf "Everything" Konkretheit sucht, klopft ohnehin an der falschen Tür. Es ist ein Trip, der wenig von einzelnen Songs lebt, sondern von einem Gesamtgefühl, das sich von der ersten bis zur letzten Sekunde zieht.
Die Musik lässt dabei stets eine entrückte Euphorie mitschwingen und die Stücke ineinanderfließen. Mal wird der Sound etwas poppiger wie im rhythmisch geprägten "No sense", mal steht in "Different" der Basslauf im Vordergrund. Das Interlude "Kites" baut sogar in gerade einmal eineinhalb Minuten eine ganze verschrobene Klangwelt auf, der man gerne noch deutlich länger zugehört hätte. Letztlich funktioniert "Everything" aber vor allem wie ein einziges Stück – das ist in diesem Fall alles andere als negativ gemeint, sondern gerade die Stärke dieses Werks im Dreieck zwischen Postrock, Shoegaze und Dreampop. Die Vocals sind derweil nur ein weiteres Element in dieser unglaublich schönen Textur, ähnlich wie bei Sigur Rós ist es völlig unwichtig, was genau gesungen wird. Weil Blankenberge sowieso in eine Welt hineinziehen, die mit der Realität nur wenig gemein hat.
Die Produktion auf "Everything" folgt dem Weg, den die Vorgänger "Radiogaze" und "More" eingeschlagen haben: hin zu mehr Klarheit, gemalt in helleren Klangfarben. Trotz des Fokus auf Schönheit in der reinsten Form fehlt der Platte auf der anderen Seite nie der nötige Druck. Wenn "So high" seine Soundspuren in Position bringt und angreift, föhnt es durchaus ordentlich aus den Boxen heraus. "Fragile" stellt danach den elegischen Schlusspunkt dar, gönnt sich nicht nur ein langsameres Tempo, sondern auch ein leicht droniges Outro, welches "Everything" würdig und rund abschließt. Blankenberge bieten weiterhin traumwandlerischen Eskapismus in 40-minütigen Dosen. Die kann man sich einteilen, wie man möchte.
Highlights
- Time to live
- No sense
- Everything
Tracklist
- Time to live
- No sense
- Different
- Forget
- Everything
- Summer morning
- Kites
- So high
- Fragile
Gesamtspielzeit: 40:28 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 8539 Registriert seit 26.02.2016 |
2022-01-11 14:43:48 Uhr
Die 8/10 war auch eher eine knappe, aber da die Band grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit verdient hat, tut das Aufrunden in diesem Fall nicht weh. |
musie Postings: 3473 Registriert seit 14.06.2013 |
2022-01-11 13:35:10 Uhr
für mich ists auch eine gute 7/10. an ein Album wie das letzte von Slowdive kommt es dann doch nicht heran. |
Pivo Postings: 1095 Registriert seit 29.05.2017 |
2022-01-11 12:40:13 Uhr
In jedem Fall ein höhrenswertes Album, dass mit der 8/10 für mich etwas zu gut weggekommen ist.Für diese Wertung fehlt es mir dann doch an Abwechslung und vor allen Dingen an "Wiederhörenswerten".... Ich habe es dreimal durchgehört und es nutzt sich schon ab. Dennoch waren die wenigen Male echt gut. Daher, aufgrund mangelnder Nachhaltigkeit, nur 7/10 für mich. |
ZoranTosic Postings: 758 Registriert seit 22.04.2020 |
2022-01-05 13:56:22 Uhr
Auf jeden Fall in der Top 5 meiner diesjährigen Shoegaze Liste. Sehr schönes Album |
Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 8539 Registriert seit 26.02.2016 |
2022-01-05 09:59:17 Uhr
Ich finde gerade diese in den Hintergrund diffundierten Vocals total interessant. Macht das Ganze noch sphärischer. |
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Referenzen
Slowdive; Ringthing; Ride; Lush; Klimt 1918; Wednesday; Parannoul; My Bloody Valentine; Minor Victories; The Jesus And Mary Chain; Immanu El; Sigur Rós; Mogwai; Explosions In The Sky; Mono; Boris; Low; There Will Be Fireworks; The Twilight Sad; Glasvegas; The Naked And Famous; The Pains Of Being Pure At Heart; Dredg; The Horrors; Beach House; DIIV; Deafheaven; Aereogramme; The Unwinding Hours
Surftipps
- http://blankenbergeband.com/
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