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Blood Red Shoes - Ghosts on tape

Blood Red Shoes- Ghosts on tape

Jazz Life / Velveteen / Rough Trade
VÖ: 14.01.2022

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Elektroplasma

Ein kurzer Blick auf die Tracklist, und sie fallen mit ihren Klammern sofort auf. Spielt man sie ab, hört man je 36 Sekunden unheimliches Rauschen, für das auch David Lynch Verwendung gefunden hätte. Wer als Pop- oder Rockband auf Ambition und Konzept machen will, braucht sie, und so haben auch Blood Red Shoes deren Anzahl im Vergleich zum direkten Vorgänger verdreifacht. Die Rede ist natürlich von: Interludes – genauer gesagt denen auf "Ghosts on tape". Nun sollte man die Rolle dieser hier absolut unspektakulären Zwischenstücke nicht überbewerten, doch taugen sie wunderbar als Symbol dafür, dass die Limitationen seiner Besetzung das Duo noch nie an der Weitentwicklung hinderten. Kaum ein Album von Laura-Mary Carter und Steven Ansell klingt wie das andere, und auch ihre sechste Platte bildet da keine Ausnahme. Klar führt auch sie Tendenzen fort, und wer sich am ruhigen Gestus von "In time to voices" oder der Gitarrenlosigkeit von "Get tragic" störte, wird wohl nicht wieder zum Fan. Doch würde Carter und Ansell das jucken, hätten sie einfach immer weiter Hits für die Indie-Disco veröffentlicht, anstatt uns eine Portion halbelektronischen Grusel-Blues auf den Teller zu klatschen, der so sehr auf Atmosphäre und Subtilität setzt wie nichts zuvor in ihrer Karriere.

Das eindrucksvollste Zeugnis für dieses Programm legt gleich der Opener ab. "Comply" fußt auf einer Klaviermelodie, bei der man sich Trent Reznor in einem bespukten Herrenhaus vorstellt, während sich Ansell über nervösem Beat und einer immer lauter werdenden Geräuschkulisse die Seele aus dem Leib schreit, bis alles wieder in beunruhigende Stille verfällt. Um sich noch weiter von früheren Riff-Zuckern wie "It's getting boring by the sea" zu entfernen, müsste die in Brighton gegründete Band schon Zwölftonmusik machen. Bezeichnend, dass die für sich stehend schmucke Single "Morbid fascination" – ein Stück kajalgetränkten Synth-Pops, das an Songs wie "Eye to eye" vom Vorgänger anknüpft, – mit ihrer konventionelleren Struktur direkt im Anschluss etwas enttäuscht. Blood Red Shoes gießen das akustische Ektoplasma weitgehend in die Formen ihrer klassischen Midtempo-Stampfer, die den glitschigen, aber immer noch greifbaren Kern des Albums bilden. Ein Kritikpunkt ist das freilich nicht, denn warum sollte man sich auch von dem trennen, was man am besten kann? Ein Track wie das verzerrt klimpernde "I lose whatever I own" zeigt mit Tastenheulen und brodelnden Post-Refrains, wie sich die eigene künstlerische Substanz gleichzeitig wahren wie erweitern lässt.

Das faszinierendste Biest stellt "Give up" dar. Über Aggro-Bässen und -Drums mimt Ansell den fast schon Keith-Flint-mäßigen Shouter, doch nachdem die Sirenen-Hook zum zweiten Mal verstummt, folgt der Zusammenbruch. In der zweiten Hälfte rappelt sich der Song aber nicht einfach wieder auf, sondern formt sich mit Post-Rock-Wucht und Piano-Kristallen zu einer unerwarteten Schönheitsoase im Herzen des Albums. Der auffällige Minimalismus konzentriert sich indes am stärksten im Akustik-Grunge von "Begging" sowie im Closer "Four two seven", dessen klopfende Percussion und hallende Gitarre in ihrer je eigenen Einsamkeit versinken. In solchen Momenten hört man, dass "Ghosts on tape" in einer Phase der Isolation, aber auch der Kreativität entstand – es erscheint nur sechs Wochen nach Carters Solo-Mini-Album "Town called nothing", dem wiederum die spontan eingespielte EP "Ø" vorausgegangen war. Und doch fühlt es sich, auch wenn es zweifelsfrei konstant stark ist, anderen Platten der Band entsprechend ein bisschen wie ein Übergangsalbum an. Es bleibt das Gefühl, dass Blood Red Shoes auch ein richtiges Meisterwerk im Köcher hätten, würden sie mal drei, vier Alben lang an einem Sound feilen, statt ständig die Richtung zu wechseln. Doch das kann ja noch kommen. Wie wusste schon der olle Bond: Sie haben alle Zeit der Welt.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights

  • Comply
  • Give up
  • I lose whatever I own

Tracklist

  1. Comply
  2. Morbid fascination
  3. Murder me
  4. (I've been watching you)
  5. Give up
  6. Sucker
  7. Begging
  8. (I claim to understand)
  9. I am not you
  10. Dig a hole
  11. I lose whatever I own
  12. (What have you been waiting for?)
  13. Four two seven

Gesamtspielzeit: 38:32 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

oldschool

Postings: 592

Registriert seit 27.04.2015

2022-01-29 14:11:06 Uhr
Ich mag die Band, doch der sound und die Songs des neuen Albums haben mich nicht auf voller Albumlänge überzeugt. 6/10

Garmadon

Postings: 489

Registriert seit 29.08.2019

2022-01-06 19:30:54 Uhr
"Frisch rezensiert.
Meinungen?"
Der Link ist falsch. :-)

Neuen Song höre ich mir gleich mal an.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26281

Registriert seit 08.01.2012

2022-01-06 18:49:37 Uhr - Newsbeitrag
Blood Red Shoes haben heute ihren explosiven neuen Track „MURDER ME" veröffentlicht; die dritte Auskopplung aus ihrem kommenden Album "GHOSTS ON TAPE" (VÖ 14. Januar 2022, Velveteen Records). Produziert vom Grammy-nominierten Produzenten Tom Dalgety (Pixies, Royal Blood) und aufgenommen in den Echo Zoo Studios im März 2020, beschäftigt sich das neueste Werk der Band mit ihrer Faszination für True-Crime-Podcasts, Stalker, Serienkiller und Mörder.

▶ Anhören: Blood Red Shoes - „MURDER ME“

„The intrigue and mystery of them, the fascination of the humans on the outskirts of society and the harm people can do, the weird romance and darkness of outsiders, the threat and fear that it could happen anytime; that obsession has spilled over into many of the songs on this album, especially this one.” erklärt Steven Ansell.

Der Track selbst spiegelt diese Faszination auch klanglich wider, denn er beginnt mit einem bedrohlichen Riff, das den Hörer förmlich erdrückt. Der ätherische, geisterhafte Gesang von Laura-Mary Carter baut sich zu einem stampfenden Refrain, der die inneren Gedanken eines mörderischen Stalkers dokumentiert; Carter und Ansell singen im Einklang den erschreckenden Text: „I've been watching you...“.

Der gewaltige Sound dieses Tracks und der vorangegangenen "I AM NOT YOU" und "MORBID FASCINATION" ist ein Vorgeschmack auf ein Album, das die Band sowohl geografisch als auch künstlerisch näher zusammengebracht hat. Nachdem sie jahrelang auf entgegengesetzten Seiten des Atlantiks gelebt hatten, warfen die Ereignisse Ansell und Laura Mary Carter von Blood Red Shoes wieder zusammen, was zur fruchtbarsten Ära ihrer 17 gemeinsamen Jahre geworden ist.

„It’s been a loooong time since we both lived in the same city”, erklärt Steven. „I mean we actually wrote this album in LA at Laura’s place, then came to the UK to record it…and then everything went nuts”.

Die Band erkannte sehr schnell, dass sie das Album nicht veröffentlichen oder auf Tournee gehen konnte, bis die Welt zu einer gewissen Normalität zurückkehrte, und ließ ihre Energien schnell in andere Projekte fließen. Laura-Mary startete mit ihrer besten Freundin in LA den Podcast „Never Meet Your Idols“, in dem sie Persönlichkeiten, von Zack Snyder über Mark Lanegan bis zu CHVRCHES interviewten. Der Podcast geht jetzt in seine dritte Staffel. Steven begann, seine Liebe zur elektronischen Musik zu nutzen, indem er erfolgreich für andere Alternative-Künstler wie Circe, ARXX, Aiko und XCerts schrieb und produzierte.

Nachdem sie gemeinsam an Laura-Marys kommendem Solo-Mini-Album „Town Called Nothing" (Vö: 03.12.) gearbeitet hatten und wegen des Mangels an Konzerten langsam unruhig wurden, fing das Duo an, im Proberaum zu jammen, was dazu führte, dass sie in Windeseile die EP „Ø" schrieben, aufnahmen und im Sommer 2021 veröffentlichten. Damit endet das, was die Band ein „Off-Year“ nennt.
„Dieses Album ist eine Einladung", erklärt Steven. „Wir wollen damit sagen: Das ist unsere Welt, das sind unsere dunkelsten Gedanken und Gefühle - unsere Geister - die wir auf Band festgehalten haben. Ihr seid willkommen, euch uns anzuschließen. Kommt und umarmt das Fremde".





Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26281

Registriert seit 08.01.2012

2022-01-04 19:57:10 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26281

Registriert seit 08.01.2012

2021-11-29 19:03:45 Uhr - Newsbeitrag
Blood Red Shoes haben ihren neuen Song "I AM NOT YOU" veröffentlicht, die zweite Auskopplung aus ihrem kommenden Album "GHOSTS ON TAPE" (VÖ 14. Januar 2022, Velveteen Records). Unter der Regie des Grammy nominierten Produzenten Tom Dalgety (Pixies, Royal Blood) aufgenommen, wurde der neue Song aus purer, ungezügelter Wut geboren.

"I AM NOT YOU" folgt auf die erste Single "Morbid Fascination“, zu der die Band kürzlich ein Lyric-Video veröffentlicht hat.




“The song takes industrial synths, and guitars distorted through the cheapest digital interfaces we could find and smashes them together into one harsh metallic slab of pure rage", erklärt Steven Ansell.

"Der Song schickt industrielle Synthesizer und Gitarren, durch die billigsten digitalen Verzerrer, die wir finden konnten, und alles verschmilzt zu einem harten, metallischen Song aus purer Wut", erklärt Steven Ansell.

Und diese Wut ist deutlich zu spüren, wenn Ansells wütender Gesang auf die stark verzerrten Gitarren im Refrain des Stücks prallt. Diese hymnischen Momente werden durch bedrohliche Strophen miteinander verwoben, die GHOSTS ON TAPE als ein Album ankündigen, das klanglich einfallsreich und geheimnisvoll zugleich ist. Der gewaltige Sound von "I AM NOT YOU" und der ersten Single "MORBID FASCINATION" ist ein Vorgeschmack auf ein Projekt, das die Band sowohl geografisch als auch künstlerisch näher zusammengebracht hat.

„Dieses Album ist eine Einladung", erklärt Steven. „Wir wollen damit sagen: Das ist unsere Welt, das sind unsere dunkelsten Gedanken und Gefühle - unsere Geister - die wir auf Band festgehalten haben. Ihr seid willkommen, euch uns anzuschließen. Kommt und umarmt das Fremde".

Es scheint, dass - wie bei David Lynchs „The Lost Highway“ - nichts in der Welt von Blood Red Shoes linear verläuft. Geschrieben und aufgenommen vor ihrer letzten EP „Ø", ist „Ghosts On Tape“ ein großer Sprung in neues Terrain für die Band. Musikalisch und gefühlsmäßig ihr reifstes Werk, ist es eine komplexe, fantasievolle und sehr düstere Weiterentwicklung ihres Sounds. Musikalisch hinterlässt es fast keine Spur von ihrem früheren Selbst.

„Wir waren schon immer Außenseiter, von Anfang an", sagt Steven. „Bei diesem Album geht es wirklich darum, dass wir uns als unsere eigene kleine Insel behaupten. Wir haben unsere ganze Karriere damit verbracht, dass man uns gesagt hat, was wir nicht sind, dass wir abgelehnt wurden, dass wir nicht dazugehören, und mit diesem Album drängen wir ganz bewusst in unsere Fremdartigkeit und betonen all die Dinge, die uns anders machen“.

Besessen von True Crime und Mord-Podcasts, sind viele Songs auf dem Album in Charakteren erzählt und erforschen die dunkle Psyche derer, die an der Spitze des Außenseitertums stehen: Serienmörder. „Ghosts On Tape“ zeichnet ein Bild einer dunklen und beunruhigenden Welt. Es ist der Sound eines geeinten und selbstbewussten Duos, das genau weiß, wer es ist, auch wenn die Welt es nicht wirklich versteht. Es ist der Sound von zwei Menschen, die ihr ganzes Erwachsenenleben damit verbracht haben, gemeinsam Musik zu machen und die mehr denn je neue Wege für ihre Kreativität finden.

Nachdem sie jahrelang auf verschiedenen Seiten des Atlantiks gelebt haben, haben die Ereignisse der letzten Zeit Laura Mary Carter und Steven Ansell von Blood Red Shoes wieder räumlich zusammengeführt - es sollte zur fruchtbarsten Phase ihrer 17-jährigen Zusammenarbeit führen. "Es ist sehr, sehr lange her, dass wir beide in derselben Stadt gelebt haben", erklärt Steven. „Wir haben das Album in L.A. bei Laura geschrieben und sind dann nach Großbritannien gekommen, um es aufzunehmen... und dann stand die Welt plötzlich Kopf”.

Die Band erkannte sehr schnell, dass sie das Album nicht veröffentlichen oder auf Tournee gehen konnte, bis die Welt zu einer gewissen Normalität zurückkehrte, und ließ ihre Energien schnell in andere Projekte fließen. Laura-Mary startete mit ihrer besten Freundin in LA den Podcast „Never Meet Your Idols“, in dem sie Persönlichkeiten, von Zack Snyder über Mark Lanegan bis zu CHVRCHES interviewten. Der Podcast geht jetzt in seine dritte Staffel. Steven begann, seine Liebe zur elektronischen Musik zu nutzen, indem er erfolgreich für andere Alternative-Künstler wie Circe, ARXX, Aiko und XCerts schrieb und produzierte.

Nachdem sie gemeinsam an Laura-Marys kommendem Solo-Mini-Album „Town Called Nothing" (Vö: 03.12.) gearbeitet hatten und wegen des Mangels an Konzerten langsam unruhig wurden, fing das Duo an, im Proberaum zu jammen, was dazu führte, dass sie in Windeseile die EP „Ø" schrieben, aufnahmen und im Sommer 2021 veröffentlichten. Damit endet das, was die Band ein „Off-Year“ nennt.

Livedaten
09.02.22 - Gloria Theater (Köln)
10.02.22 - Markthalle (Hamburg)
11.02.22 - Metropol (Berlin)
12.02.22 - Technikum (München)
Booking & Tickets: FKP Scorpio



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