Dave Gahan & Soulsavers - Imposter

Columbia / Sony
VÖ: 12.11.2021
Unsere Bewertung: 5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10

Schunkeln im Dunkeln
Dass ein Coveralbum mit Dave Gahan am Mikro "Imposter" heißt, ist eigentlich grotesk. Wem will der Depeche-Mode-Frontmann denn etwas vorschwindeln? Sein sonores Organ erkennt man nach 24 Millisekunden, wenn es schlecht läuft. Außerdem hat der Brite seine Karriere ohnehin darauf aufgebaut, sich Fremdkompositionen zu eigen zu machen. Gemeinsam mit Soulsavers, bestehend aus Rich Machin und Ian Glover, wagt sich Gahan an ein Dutzend Originale, interessanterweise ausschließlich von Solo-Interpreten, die ihn laut eigener Aussage berührt und beeinflusst haben. Oldies von Neil Young, Charlie Chaplin und James Carr stehen neben etwas aktuelleren Stücken von Mark Lanegan und PJ Harvey – die reichen immerhin "nur" ins Jahr 2004 zurück. "Imposter" möchte sich mit seinem sakralen, gospelgetränkten Sound aber sowieso Zeitlosigkeit auf die Fahnen schreiben.
Nur selten heulen Gitarren wie in Elmore James' "I held my baby last night" verzerrt auf, während Gahan beinahe atemlos in der Nacht den leidenden Bluesmann gibt. Eher herrscht gediegenes Flehen und nicht selten glaubt man, gleich käme Gahan auf die Idee, ein "Condemnation, whyyyy-yyyy-yyyy" hinterher zu setzen. Leider geraten die Versionen von "The dark end of the street" oder "Lilac wine" im Vergleich zum zuvor angesprochenen Gospel-Karrierehighlight enttäuschend flach und seltsam nölig – eine wirklich erhabene Stimmung mag sich da nicht einstellen. Manchmal fehlt Gahan trotz seiner Einzigartigkeit die stimmliche Tiefe für Mark Lanegans "Strange religion" oder Bob Dylans "Not dark yet", so dass diese Fassungen recht unspektakulär an Ohr und Herz vorbeischunkeln. Nichts ist aber so schlimm wie das entsetzliche Gesäusel, mit dem ganz am Plattenende "Always on my mind" überzogen wird. Da dürften die Pet Shop Boys wohl das Grab von Elvis aufsuchen, um gemeinsam in Rotation zu verfallen.
Einige Transformationen sind hingegen wirklich gelungen. PJ Harveys "The desperate kingdom of love" wird vom akustischen Flüstern zum stürmischen Pathos umgeformt, "A man needs a maid" nimmt von Neil Youngs Klassiker derweil nur das Nötigste und schafft mit dem Gospelchor auch ohne die Steigerung des Originals eine fantastische Atmosphäre. Auch "Shut me down", ursprünglich von The-Birthday-Party-Gitarrist Rowland S. Howard in 1999 veröffentlicht, überzeugt gerade, weil es nicht viel umrangieren muss. Das größte Kino ist aber Cat Powers "Metal heart", das in diesem pathetisch-verhallten Rocksetting mit grandioser Klimax ein völlig neues Gewand präsentiert. Wenn Gahan über tosende Instrumentierung "Metal heart, you're not hiding!" ruft, entsteht der Wunsch, dass er in jeden dieser Songs so viel Energie und Soul reingesteckt hätte. Leider geht "Imposter" bei der beabsichtigten Huldigung zu oft die Puste aus. Da kann er uns nichts vormachen, der Dave Gahan.
Highlights
- A man needs a maid
- Metal heart
- Shut me down
Tracklist
- The dark end of the street
- Strange religion
- Lilac wine
- I held my baby last night
- A man needs a maid
- Metal heart
- Shut me down
- Where my love lies asleep
- Smile
- The desperate kingdom of love
- Not dark yet
- Always on my mind
Gesamtspielzeit: 46:48 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Felix H Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion Postings: 10630 Registriert seit 26.02.2016 |
2021-12-31 17:58:01 Uhr
Ne, gerade bei "Strange Religion" zieht für mich Gahans Säuselei sehr klar den Kürzeren gegenüber Lanegan. "Metal Heart" ist für mich weiterhin das Highlight. |
fuzzmyass Postings: 18749 Registriert seit 21.08.2019 |
2021-12-31 15:07:23 Uhr
"ich würd sagen knapper Punktesieg für Cahan in der Interpretation"Ufff, das ist hart.... Ja, "Manchmal sind die Geschmäcker so verschieden, dass es beinahe schmerzt" ;) |
Menikmati Postings: 467 Registriert seit 25.10.2013 |
2021-12-31 14:21:28 Uhr
Manchmal sind die Geschmäcker so verschieden, dass es beinahe schmerzt. Ich bleibe dabei: Metal heart ist gross, egal ob Original oder Cahan-Version. Ansonsten:01. dem Opener The dark end of the street kann ich auch einiges abgewinnen - dieses Elvis-artige in Cahans Stimme passt hier hervorragend. 8/10 02. Interessant der Vergleich mit Mark Lanegan auf dessen Strange Religion - ich würd sagen knapper Punktesieg für Cahan in der Interpretation. 9/10 03. Bei Lilac Tree taucht Gahan im Vergleich zu Jeff Buckley ab. Gleichauf mit der Version Nina Simone. 6/10 04. Der schwere Sumpfblues auf I held my baby last night sticht auf dem Album als Fremdkörper hervor. Wäre toll auf einem reinen Blues-Cover-Album von Cahan. 6/10 05. A man needs a maid erachte ich als wunderschönes Highlight. Die schwebende Stimme mit Klavierbegleitung passt hier perfekt. 9/10 06: Zu Metal Heart keine weiteren Worte ausser: Ein Meisterwerk meisterlich gecovert. 10/10 ...die zweite Hälfte spar ich mir für ein andermal auf. |
Ninetiesman Postings: 91 Registriert seit 22.12.2021 |
2021-12-29 23:44:14 Uhr
Tut mir leid, aber das ist ist einfach furchtbar. Der Song von Catpower ist unglaublich schön und ich war auchmal ein fanatischer Depeche Mode-Fan, aber dieses Cover ist so dermassen daneben, dass man sich fast fremdschämt.Aber gut, das ist jetzt nur ein Song - vielleicht sind die anderen besser, aber diesen (Indie)-Welthit hat Gahan leider versemmelt. |
Menikmati Postings: 467 Registriert seit 25.10.2013 |
2021-12-27 11:00:55 Uhr
Kommt meiner Meinung nach deutlich zu schlecht weg.Dave Gahan macht aus dem meisterlichen MetalHeart sein ganz eigenes Meisterwerk! Mir macht eh das gesamte Album grosse Freude. Spielfreude und Abwechslung sind gross, wenn auch nicht alles zu hundert 100% aufgeht wie beim Cat Power-Lied oder dem Neil Young-Cover. Mein lieblings Weihnachtsalbum. |
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Referenzen
Dave Gahan; Soulsavers; Depeche Mode; Recoil; Mark Lanegan; Mark Lanegan Band; The Gutter Twins; Afghan Whigs; Nick Cave & The Bad Seeds; The National; The Black Heart Procession; Two Gallants; American Music Club; Neil Young; The Moody Blues; Rowland S. Howard; Calexico; Pearl Jam; Sixteen Horsepower; Tom Waits; Archive; Madrugada; Death In Vegas; Leonard Cohen; Tindersticks; Burt Bacharach; Bonnie 'Prince' Billy; Editors; Eels; Elbow; Lee Hazlewood; Mick Harvey; Team Sleep; Bob Mould
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