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Margo Cilker - Pohorylle

Margo Cilker- Pohorylle

Loose / Rough Trade
VÖ: 05.11.2021

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Wie weit willst Du gehen?

Eigentlich sollte man meinen, dass Heimweh und Fernweh Gegensätze sind. Aber ist es nicht möglich, beides gleichzeitig zu verspüren? Zumindest klingt das Debütalbum der US-Amerikanerin Margo Cilker so, als könnte sie den ewig anmutenden Flächen fernab der Großstädte nie den Rücken zuwenden, müsste aber gleichzeitig immer in Bewegung bleiben. Flüchtige Begegnungen finden auf "Pohorylle" genauso einen Platz wie tief im Americana verwurzelte Heimatmusik samt Städtenamensnennung für die zweifelsfreie Verortung. Traditionelle Instrumentierung samt Pedal-Steel-Gitarre trifft auf für das Genre progressive Texte. Und gerade wegen dieser Widersprüche hat man Cilker nach einer runden halben Stunde ins Herz geschlossen.

Das liegt auch an der blitzsauberen Produktion von Country-Musikerin Sera Cahoone, die mit ein paar Anrufen ein beeindruckendes Ensemble um ihre Hauptdarstellerin versammeln konnte. Keine Geringere als Jenny Conlee-Drizos von The Decemberists sitzt am Klavier, Mirabai Peart hat man schon an den Streichern hinter Joanna Newsom gehört, und Kelly Pratt blies das Horn vor allem für Beirut. Eine Menge Erfahrung für ein vermeintlich kleines Debütalbum. Doch Cilker selbst hat schon genug verwunden, um sich nicht davon einschüchtern zu lassen. "I was askin' a question, what did she say? / She was answering one from yesterday", singt sie auf "That river" und ist schon wieder kurz davor, irgendwo zwischen Oregon und Kalifornien den nächsten Schritt zu machen.

Spannend wird es vor allem dann, wenn die Sängerin ihren Gefühlen freien Lauf lässt und die Zerrissenheit offenbart. Im schwelgenden Finale des Albums gibt sie offenherzig zu: "I'm a woman who drinks deeply / It's my rosy coping mechanism", und wünschte sich nicht nur mehr Wein, sondern vor allem mehr Zeit. In "Broken arm in Oregon" wird sie in ihrer Verzweiflung immer kraftvoller, wenn sie singt: "It gets hard for me, a lot gets lost on me." Und an wieder anderer Stelle wird sie gar zynisch: "I wish I was a preacher / I could tell you who to love / I could tell you who to vote for, who to pity and who to fuck." Bei solchen Zeilen fällt der ein oder andere Cowboy vermutlich schockiert vom Pferd.

Was genau für ein Weh Margo Cilker am Ende hat, lässt sich nicht final bestimmen. Vielmehr verkehrt sich das Gefühl nach einigen Durchläufen ins Gegenteil. Denn was "Pohorylle" einem bietet, ist Trost. Mit ihrer Gitarre in der Hand, schafft die Amerikanerin es, einem das Gefühl zu geben, dass sie einen begleiten kann, wenn man es zu Hause nicht mehr aushält, aber genauso gut an der Flussgabelung warten kann, bis man von einer langen Reise wieder zurückkehrt und sich nach etwas Vertrautem sehnt. Mit Margo Cilker braucht man weder Heimweh noch Fernweh haben.

(Arne Lehrke)

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Highlights

  • That river
  • Broken arm in Oregon
  • Wine in the world

Tracklist

  1. That river
  2. Kevin Johnson
  3. Broken arm in Oregon
  4. Flood pain
  5. Tehachapi
  6. Barbed wire (belly crawl)
  7. Chester's
  8. Brother, taxman, preacher
  9. Wine in the world

Gesamtspielzeit: 31:28 min.

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Armin

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2021-11-10 22:07:20 Uhr - Newsbeitrag
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