Aesop Rock & Blockhead - Garbology
Rhymesayers / Cargo
VÖ: 12.11.2021
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Ja, ich Müll
Das Wichtigste zuerst: "Garbology" ist nicht einfach nur ein trashiges Wortspiel, sondern eine recht junge Wissenschaft, die in Deutschland den unrühmlichen Namen Müllarchäologie abbekommen hat. Wer jetzt mal schnell den letzten Gang zur Tonne rekapituliert und was er da eigentlich entsorgt hat, merkt schnell, dass unser Müll eine ganze Menge über uns aussagt. Dass ein Album von Aesop Rock in den seltensten Fällen etwas neben übelriechenden Essensresten und einem Haufen Plastikverpackungen zu suchen hat, sollte wiederum jeder Person klar sein, die auch nur einen Song lang dem wandelnden Vokabularium aus New York gelauscht hat. Reines Understatement also?
Ganz so einfach ist es dann und war es vor allem in den letzten zwei Jahren doch nicht. Ian Matthias Bavitz alias Aesop Rock litt nach dem Tod eines guten Freundes und der andauernden Pandemie nämlich unter einer handfesten Kreativitätsblockade. Worte gingen kaum von der Hand und an Beats war gar nicht zu denken. Also holte sich Bavitz Hilfe, die vor allem alte Fans dermaßen die Ohren spitzen lassen wird, dass man darauf Schaschlik aufspießen könnte: Kein Geringerer als Blockhead, der gefühlt die erste Karrierehälfte von Aesop Rock samt der Übersingle "None shall pass" mitproduzierte, liefert den musikalischen Unterbau für die 14 neuen Songs. Wobei auch das Wort "neu" relativ ist, denn beim Rausarbeiten aus der Schaffenskrise schaute Bavitz noch mal genauer auf ein paar der Fetzen der letzten Monate, die eventuell sonst im Müll gelandet wären.
Dass man "Garbology" all diese Widrigkeiten kaum anhört, ist ein weiterer, längst überflüssiger Beweis für die Sonderstellung von Aesop Rock. Der 45-Jährige öffnet zu Beginn des Albums einmal den Mund – und bis er ihn nach gut 50 Minuten wieder schließt, überschwemmt er einfach alles mit einer Flut aus Worten, in der man zu ertrinken droht. Wer den ersten Schock aber übersteht, der darf beim Entdecken aus dem Vollen schöpfen. Der wird Bavitz' nuancierte Betonung bemerken, die präzisen Beobachtungen genießen und dank des trockenen Humors plötzlich in Lachen ausbrechen: "Everytime an influencer offers advice / I feel years coming off of my life."
Blockhead schafft es indessen, mit einer Balance aus satten HipHop-Produktionen wie “Oh fudge" und paranoiden Skizzen wie "All the smartest people" einen Rahmen für den Tom Waits des Raps zu schaffen, in dem dieser sich austoben kann. Egal, ob sich in den Lyrics gerade eine Alltagssituation abspielt oder sich Aesop Rock mal eben in ein Lovecraft’sches Monster verwandelt, das in der Badewanne schläft, reihenweise Zähne hat und eine ganze Ziege verdrückt. Das ist vielleicht nicht zu einhundert Prozent auf Aesop Rock abgestimmt, anders als wenn Bavitz für sich selbst Beats designt – und trotzdem passt es wie angegossen.
Wie so oft ist das alles in der Fülle erst mal gar nicht zu fassen und wo genau sich "Garbology" in der durchweg großartigen Diskografie einfügen wird, ist bei Aesop Rock zum Veröffentlichungszeitpunkt erfahrungsgemäß kaum zu bestimmen. Eines ist aber klar: Wenn das hier das Ergebnis einer Schaffenskrise und des damit verbundenen Erforschens der eigenen Abfälle ist, dann kann man nur hoffen, dass noch wesentlich mehr in der Recycling-Tonne landet und der Müllarchäologie in die Hände fällt. Des einen Müll ist des anderen Schatz.
Highlights
- Wolf piss
- Oh fudge
- Abandoned mails
Tracklist
- The only picture
- Jazz hands
- Wolf piss
- Legerdemain
- Difficult
- All the smartest people
- Oh fudge
- More cycles
- Flamingo pink
- All day breakfast (feat. Homeboy Sandman)
- Fizz
- That is not a wizard
- The sea
- Abandoned mails
Gesamtspielzeit: 50:51 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Unangemeldeter Postings: 1554 Registriert seit 15.06.2014 |
2021-11-11 14:43:27 Uhr
Coole Idee mit der Müllsack-Verpackung, diese Geruch-Freirubbeln-Geschichte ist allerdings arg zweifelhaft. :D |
Unangemeldeter Postings: 1554 Registriert seit 15.06.2014 |
2021-11-11 07:47:05 Uhr
Es gibt schon einen Thread, hier: https://www.plattentests.de/mobile/forum.php?action=showThread&id=99704Schöne Rezi, ich freu mich wie Bolle. Meine CD kommt wohl sogar auch schon heute. :) |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27844 Registriert seit 08.01.2012 |
2021-11-10 22:07:10 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
MF Doom; Madlib; Madvillain; Cannibal Ox; El-P; Earl Sweatshirt; Killer Mike; Run The Jewels; RJD2; Themselves; Cage; Why?; Company Flow; Atmosphere; Dälek; Czarface; Billy Woods; Kendrick Lamar; Injury Reserve; Clipping.; Dessa; Odd Nosdam; Buck 65; cLOUDDEAD; Open Mike Eagle; Alias; Deltron 3030; Mos Def; G-Eazy; Common; Gang Starr; Chuck D; Boogie Down Productions; EMPD; KRS-One; Ultramagnetic MC's; Wu-Tang Clan; Busdriver; Blueprint; Sage Francis; Kimya Dawson
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- Aesop Rock & Blockhead - Garbology (3 Beiträge / Letzter am 11.11.2021 - 14:43 Uhr)