Emma Ruth Rundle - Engine of hell

Sargent House / Cargo
VÖ: 05.11.2021
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10

Seelenschau
Es lohnt immer wieder, sich mit der Geschichte von Musiker*innen zu befassen. Wie wurden sie zu dem, was sie heute sind? In welchem Kontext steht das aktuelle Schaffen? Emma Ruth Rundle ist dafür ein gutes Beispiel. Die US-Amerikanerin, 1983 in Los Angeles geboren, hat sich Schritt für Schritt einen Namen gemacht in der Musikwelt. Bereits als Kind lernte sie Instrumente kennen und lieben, fortan suchte sie zunächst in Bands ihr Glück. The Nocturnes, Red Sparowes, schließlich Marriages hießen die Gruppen, in denen sie aktiv war. Schließlich fällte sie den Entschluss, Solopfade einzuschlagen, veröffentlichte Album um Album und erreichte mit "Marked for death" und "On dark horses" ein sehr hohes Niveau. Zusammen mit Bryan Funck und dessen Sludge-Formation Thou folgte 2020 das mystisch-düstere Gemeinschaftswerk "May our chambers be full". All dem wohnte eine fast logische Entwicklung inne, stand die elektrische Gitarre mal mehr, mal weniger im Mittelpunkt. Und jetzt? Hat sie für "Engine of hell" alles Beiwerk abgestreift.
Wie aus einem Guss kommt ihr fünftes Soloalbum daher. Es präsentiert Rundle in einem intensiven, ausgesprochen persönlichen Rahmen: nur sie, ein Klavier, eine Akustikgitarre und ihre feinen, emotionalen Songs. Vorgetragen mit einer mal zerbrechlichen, mal mitreißenden Stimme, die schlicht einnehmend ist und hier in ganzer Pracht zur Geltung kommt. Der Ton wird gleich zu Beginn gesetzt, wenn das Piano in "Return" einsetzt und die Sängerin loslegt mit der ersten der acht Geschichten, die sich unter dem Strich auf rund 40 Minuten summieren. Sie blickt auf "Engine of hell" zurück auf Schlaglichter ihrer Vergangenheit. In "Blooms of oblivion" sitzt man mit ihr "down at the methadone clinic", in "Body" schaut man der Abholung eines Verstorbenen zu. Zurück bleibt sie mit den Erinnerungen: "I dream her, I see her / the softness of the hands I'm holding in my mind." Später im tollen "The company" bringt die Zeile "My whole life, some dark night, is so much brighter now without you" zum Ausdruck, dass mancher Verlust nicht nur Nachteile mit sich bringt. Ganz zum Schluss, nach diesen acht Einblicken ihr ihr Seelenleben, haucht sie uns zu: "And now we're free." Es wirkt, als hätten diese Geschichten unbedingt erzählt werden müssen. Ein Album als Befreiung.
Emma Ruth Rundle hat für "Engine of hell" den Kern ihres Könnens freigelegt. Sie konzentriert sich ganz und gar auf ihre Stimme, auf ihre Geschichten, auf das, was aus ihrer Sicht erzählenswert ist. Sie weiß natürlich um die Klasse der Vorgängeralben, sie weiß auch um die große Kunst, die ihr im Zusammenspiel mit Thou gelungen ist. Sie wird auch weiterhin mit Stolz ihren Backkatalog mit sich tragen, doch auf "Engine of hell" ist sie ganz und gar bei sich selbst. Ein intimes Werk, auf dem man der Musikerin so nahe kommt wie noch nie zuvor. Und das einen über einen langen Zeitraum begleiten wird, denn es verliert mit keinem Hördurchgang an Reiz, ganz im Gegenteil.
Highlights
- Return
- The company
- Citadel
Tracklist
- Return
- Blooms of oblivion
- Body
- The company
- Dancing man
- Razor's edge
- Citadel
- In my afterlife
Gesamtspielzeit: 40:53 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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boneless Postings: 5042 Registriert seit 13.05.2014 |
2023-05-10 20:15:44 Uhr
Ich gehe mal davon aus, dass sie solo erscheinen wird. Zumindest würde das die Auswahl der Locations auch nahelegen. |
Gomes21 Postings: 4755 Registriert seit 20.06.2013 |
2023-05-10 07:43:56 Uhr
Mega, danke boneless ! schätze dann wieder solo? War ein tolles Konzert letztes Jahr! |
boneless Postings: 5042 Registriert seit 13.05.2014 |
2023-05-09 19:34:29 Uhr
Apropos Live:17.07.: Kulturkirche, Köln 18.07.: St. Matthäus Kirche, München 30.07.: Lukaskirche, Dresden |
NeoMath Postings: 1537 Registriert seit 11.03.2021 |
2023-05-09 17:02:01 Uhr
...und das Album Live:https://emmaruthrundle.bandcamp.com/album/engine-of-hell-live-at-roadburn-2022 |
Obrac Postings: 1905 Registriert seit 13.06.2013 |
2022-03-28 21:26:29 Uhr
Für mich funktioniert das Album gerade deswegen, weil es stilistisch so konsequent ist. Man kann sich einfach wunderbar darin verlieren. Ich höre so etwas auch nicht einfach mal nebenbei bei der Arbeit oder beim Aufräumen, sondern wenn die Stimmung passt. Deswegen sind für mich solche Alben auch etwas ganz Besonderes. Ähnlich geht's mir bei Mount Eeries "A Crow..." oder "Carrie & Lowell" von Sufjan. Die aktuelle Weather Station könnte auch in diese Kategorie gehören. Da brauche ich keine Abwechslung und keine Unterhaltung. "Engine of Hell" passt einfach wunderbar in diese Sparte und ist daher auch für mich eins der Alben des letzten Jahres. |
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Referenzen
Anna von Hausswolff; Sharon Van Etten; Wye Oak; Savages; Soap & Skin; Julia Holter; Phoebe Bridgers; Lana Del Rey; Kate Bush; Daughter; London Grammar; Angel Olsen; Damien Rice; Tori Amos; Marissa Nadler; True Widow; Thou; Chelsea Wolfe; PJ Harvey; Noveller; King Woman; Jaye Jayle; Marriages; The Nocturnes; Red Sparowes; Dillon; Mazzy Star; Smashing Pumpkins; A.A. Williams; Midwife; Junius; Grouper
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