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Black Marble - Fast idol

Black Marble- Fast idol

Sacred Bones / Cargo
VÖ: 22.10.2021

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Flausch und Bogen

Ist an Chris Stewart ein Weihnachtsmann verlorengegangen? Wenn ja, ließe sich das kaum an dem kargen Schnauzbart festmachen, den der Mastermind von Black Marble seit einiger Zeit zur Schau trägt – wohl aber an der lustigen Knatter-Version von "All I want for Christmas is you", die er zum Fest 2020 bei Bandcamp veröffentlichte. Sozusagen ein Nachschlag zur Cover-EP "I must be living twice", auf der sich Stewart kurz zuvor über Songs von Robert Palmer, The Field Mice oder Wire hergemacht hatte. Die Wege des Post-Punk sind nun mal unergründlich – nicht jedoch die des vierten Black-Marble-Longplayers, der die zusehends fluffige Richtung, die schon der Vorgänger "Bigger than life" einschlug, weitgehend konsequent fortführt. Kaum mehr Klöppel-Fragmente auf Eisskulpturen oder Stücke wie "Iron lung", die wirkten, als würden Joy Division oder frühe The Cure unter Reinraumbedingungen proben – stattdessen der wohlig schmatzende Beweis, wie flauschig doch Cold Wave sein kann.

Weswegen "Fast idol" rund eineinhalb Minuten Zeit zum Warmlaufen bekommt: Die Drum-Machine ruckelt sich in maßvollem Tempo zurecht, Glöckchen bimmeln über einem weichen Soundteppich, bis "Somewhere" Fahrt aufnimmt und minimalistisch, aber entschlossenen Schrittes durch die Instanzen des analogen Früh-Elektro stapft. Dazu balgen sich eine angeraute Basslinie und "Na na na na"-Ad-Libs so ausgelassen mit vorwitzigen Keyboard-Tupfern, dass dieser strahlende Opener schnell eine selbstvergessene Sämigkeit erreicht – fast so leichtfüßig wie das kleine Mädchen im dazugehörigen Video, wenn es mit einer Straßen-Gang eine Art Freestyle-Breakdance vollführt. Und vermittelten "A different arrangement" und "It's immaterial" noch die flüchtige Unverbindlichkeit des Vorbeihuschens in einer anonymen urbanen Un-Idylle, greift dieses Album nun mitten ins volle Leben, wo sich Pärchen zum Abschied verliebte Albernheiten wie "Say it first" zutuscheln. So war das eben nicht nur damals in den (h)achtziger Jahren.

Und wer weiß: Vielleicht hätten Laurie Anderson und William S. Burroughs zum entrückten Interlude "The garden" ja sogar einen ungelenken Tango ohne Körperkontakt hingelegt wie einst im Film "Home of the brave" – die Beats und pointierten Percussion-Hiebe der prächtigen Klopfer "Try" und "Ceiling" hingegen weisen deutlicher auf den Club-Floor als je zuvor. Und wird es dank listig gegeneinander gebürsteter Muster rhythmisch komplexer, lassen fein gesponnene Gitarrenlicks und sirrende Flächen das kleine elektronische Kraftpaket "Preoccupation" zur Sonne dringen und rotiert der launige Rumpler "Streetlight" trotz latenter Unwucht souverän durch seine fünf Minuten. Die gute Nachricht zum Schluss: "Ship to shore" ist keine Neuinterpretation einer der schlimmsten Gräueltaten von Chris De Burgh, sondern schlägt den Bogen zu raggafiziertem Synth-Pop ohne Scheu vor stilistischen Randgebieten. Und sollte sich Stewart demnächst an "The lady in red" vergreifen, wissen wir immerhin, dass er doch nicht der Weihnachtsmann ist.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Somewhere
  • Try
  • Ceiling
  • Preoccupation

Tracklist

  1. Somewhere
  2. Bodies
  3. Royal walls
  4. Try
  5. The garden
  6. Say it first
  7. Streetlight
  8. Ceiling
  9. Ship to shore
  10. Preoccupation
  11. Brighter and bigger

Gesamtspielzeit: 52:25 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

saihttam

Postings: 2359

Registriert seit 15.06.2013

2022-11-06 15:21:27 Uhr
Irgendwie schon ein cooler Style, wenn auch sehr repetitiv und gleichförmig. Einzelne Songs bleiben nicht wirklich hängen, aber ich mag dieses 80er-Feeling von dunklen, nebligen Clubs und diese tiefe Melancholie in den Songs. Bin gespannt, ob das heute Abend auch live so rüberkommt.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2021-10-27 21:16:13 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

qwertz

Postings: 926

Registriert seit 15.05.2013

2021-10-23 18:11:50 Uhr
Ist ja jetzt doch schon gestern erschienen. More of the same, würde ich mal sagen. Der hat es sich in seiner Coldwave-Nische bequem gemacht und tut eben so das, was er kann. Auf den Vorgängern gab es meines Erachtens zumindest etwas mehr Hits.

aleceiffel

Postings: 22

Registriert seit 19.05.2016

2021-07-27 16:08:08 Uhr
Gerade eben angekündigt! Das neue Album von Black Marble heisst „Fast Idol“ und erscheint am 22.11.2021. 🎹🎸❤️‍🔥
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