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Revolverheld - Neu erzählen

Revolverheld- Neu erzählen

Columbia / Sony
VÖ: 08.10.2021

Unsere Bewertung: 2/10

Eure Ø-Bewertung: 3/10

Der Markt regelt

Revolverheld sind eine Marke. Man kann auf die Fanbase bauen: die einstige "Generation Rock", mittlerweile "mit beiden Beinen fest im Leben". Die Band? Auftritte zur besten Familien-Sendezeit, inmitten austauschbarer Show-Formate mit Pflaume, Pilawa oder von Hirschhausen. Und ab und zu mal ein neues Album. Flugs mal eben zum ehrwürdigen MTV Unplugged und geliefert. Ok, ok. Ehre, wem sie gebührt. Denn Johannes Strate & Co. waren Pioniere. Standen sie doch bereits Mitte der Nuller-Dekade für all das, was spätestens ab 2010 wie eine Fönwalze aus heißer Luft über das Land rollte: schlageresker Pop-Rock mit heimelig-seichten Texten. Juli, Silbermond und Revolverheld zum "Sommermärchen" auf allen Kanälen. Musik zum Fahnenschwenken, Kartoffelhelden für Kartoffelland. Diskussionen über eine Mindest-Quote deutschprachiger Songs im Radio? Einfach weggefegt.

Gut 16 Jahre später fragt man sich vermutlich, was genau dieses Radio eigentlich nochmal ist und vielleicht eher weniger, was Revolverheld so machen. Bis auf besagte Fanbase. Und vielleicht User "Obrac": Dem Revolverheld-Edelfan aus dem Plattentests.de-Forum dürfte der Puls immerhin nostalgisch zuckende Signale senden. "Neu erzählen" titeln die Bremer ihre sechste Platte. Titeltrack, Single, Opener: Es geht dreifaltig los. Und högschd metaphorisch: Das "neue Kapitel im Buch", "neue Charaktere" im Game. Dazu Synthies, Drumcomputer, Knödelrefrain, sogar mit Vocoder-Effekt. Man geht mit der Zeit. Gitarrenspuren sind da auch, irgendwo weit unter meterdicker, klebrig produzierter Soja-Geräuschsoße. Der Rezensent gibt zu Protokoll, dass er totzdem unvoreingenommen an diese Platte herangehen mag. Denn im Grunde sind Revolverheld nette Jungs, was sie einst mit ihrem originellen Grußwort zum zehnjährigen Plattentests.de-Jubiläum unter Beweis stellten. Doch gewisse Dinge ändern sich nicht. Es ist leider hart, setzt man sich ernsthaft mit ihrer Musik auseinander.

Nachdem "Keine Zeit" in ärgerlicher Art und Weise auf AnnenMayKantereit macht und einen der plumpsten Refrains der Bandgeschichte auspackt, wissen Revolverheld: Liebessäuselnde Songs über den eigenen Nachwuchs treffen den Zeitgeist. Während Jupiter Jones mit "Der wichtigste Finger eine Faust" unlängst bewiesen, wie man das Thema halbwegs berührend umsetzt, serviert "Das Größte" auf dramatisch machende Piano-Töne aus der Konserve, ein paar Streicher vom Band und ist lyrisch gespickt mit Reimen aus dem Poesiebuch der 5. Klasse: "Ich kann's kaum erklären / Worte beschreiben es schlecht / Du bist einfach das Größte auf dieser Erde für mich." Johannes, wir glauben Dir. Aber muss das so ...? "Da hinten wird's schon wieder hell" lädt im Foxtrott-Beat lieber zur Schlager-Party. "Das mögen Jung und Alt", hört man den Produzenten vor dem gedanklichen Auge sagen und schüttelt ungläubig den Kopf. "Vielleicht sieht mich die Sonne ja nur vor lauter Regen nicht?", sinniert Strate und wirkt in seiner überdramatischen Art zu singen so einfühlsam und romantisch wie eine Hochzeit in der Schalker Veltins-Arena. Am wenigsten schlimm ist das Album in der Mitte. Zumindest zu "Irgendwann kommen wir schon an", in welches sich eine Indie-Gitarre hineinschleichen darf, oder zum simplen, ohrwurmigen Popsong "Abreißen" rollen sich die Zehennnägel mal nicht eilig nach oben. Doch sie sparen sich das auf für "Na Ihr wisst schon", einem weiteren Liedchen zum Fremdschämen. Dass man 2022 wieder mit der Thekenmannschaft nach Malle darf? Revolverheld üben schon mal für den Ballermann.

"Alles auf Null", "Abreißen, neu machen"? Leider kann die Antwort auf die gut gemeinten Impulse nur lauten: nein, nein und nochmal nein. "Neu erzählen" bietet wirklich überhaupt nichts Neues oder Unvorhergesehenes. Die Frage nach dem Warum? Muss sein. Man stellt sie seit Jahren. Warum immer mehr von diesem vertonten Massenbrei, von der generisch-kantenlosen Produktion, von Themen, die bis auf den letzten vertrockneten Spätsommer-Halm längst ausgedörrt sind? Warum immer wieder dieses biedere, austauschbare Songwriting, das kaum noch Unterscheidung zulässt, welcher der unten aufgeführten Interpreten hier wohl knödelt? Warum nur?! Warum will oder kann der hiesige Mainstream-Pop kaum etwas anderes? "Der Markt regelt", würde eine gelb-pink-gestrichene Partei mit schwarz-weißem Posterboy wohl leise entgegnen. Revolverheld bedienen ein anscheinend noch immer gefragtes Segment: kalkuliert harmlose Musik für Menschen, die "eigentlich alles" und doch überhaupt nichts hören. Was ihnen jetzt noch bleibt? Markenpflege.

(Eric Meyer)

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Highlights

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Tracklist

  1. Neu erzählen
  2. Leichter
  3. Keine Zeit
  4. Das Größte
  5. Nicht so wie die
  6. Irgendwann kommen wir schon an
  7. Am Steuer eingeschlafen
  8. Abreißen
  9. Vom Suchen und Finden
  10. Na Ihr wisst schon (feat. The Night Game)
  11. Da hinten wird's schon wieder hell
  12. Es bedeutet mir die Welt

Gesamtspielzeit: 37:29 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Nakdinak

Postings: 80

Registriert seit 20.10.2021

2021-11-03 17:29:08 Uhr
AdJ, 9 naks out of ten

oldschool

Postings: 591

Registriert seit 27.04.2015

2021-11-03 17:11:55 Uhr
wegschauen ist auch keine Lösung ^^

AliBlaBla

Postings: 4788

Registriert seit 28.06.2020

2021-10-21 16:05:15 Uhr
@Velvet Cell
Aaaaaah, du zitierst am Schluss den alten Friedrich, okey, ... aber dann lass doch die Fans damit glücklich sein... mehr Gelassenheit! Leute!

AliBlaBla

Postings: 4788

Registriert seit 28.06.2020

2021-10-21 16:01:12 Uhr
@VelvetCell
Fans kann ich eigentlich nicht schlimm (geschweige denn schlimmer!) finden..
Die Typen (z.B. Revolverheld) schon, ..aber die Fans, denen das gefällt, oder sich "billig" trösten lassen (no harm) ...wer bin ich denn,den Stab zu brechen, oder du? Überdenken Sie bitte Ihre Haltung, ... ;)

VelvetCell

Postings: 6453

Registriert seit 14.06.2013

2021-10-21 15:10:57 Uhr
Scheiße! Wie recht ich habe! Hier ein Kommentar von YouTube:

Omg dass ist endlich ein Lied der zu mir passt 😍😍 viele schwere Zeiten aber ich habe endlich die Motivation etwas im meinen leben zu ändern .... danke Revolverheld

So. Jetzt Schluss mit dem Defätismus. Soll jeder nach seiner Facon glücklich werden.
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