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Granada - Unter Umständen

Granada- Unter Umständen

Sony
VÖ: 08.10.2021

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Rausch und Rauschen

Mit dem tröstlich-hymnischen Hit "Eh ok" sangen sich Granada anno 2016 in die Herzen der FM4-Hörer und bildeten dabei einen wohltuenden Gegenpol zu den doch arg testosterontriefenden Platzhirschen des österreichischen Indiepops von Wanda. Von der zweiten Platte "Ge bitte" bleibt die fast ein Jahrzehnt nach Rammsteins "Pussy" doch eher nur mehr niedliche Idee, ein Musikvideo ("Sauna") unzensiert auf Pornhub zu veröffentlichen, eher unangenehm in Erinnerung, die Tour zum Album mit zahlreichen Festivalauftritten etablierte die Band jedoch als euphorisierende Gute-Laune-Garanten unter freiem Himmel, quasi LaBrassBanda mit weniger Blasmusik. Drei Jahre später erscheint nun Granadas drittes Album zwar auf einem Major-Label, die Grazer bleiben sich jedoch mit ihrem typischen, durch prominenten Akkordeoneinsatz angereicherten Gitarrensound größtenteils treu.

Der Opener "Pirouette" ist eine Ode auf die Tanzkünste einer "Pirouettenqueen in der bunten Nacht" und evoziert im Herbst 2021 unmittelbar Sehnsüchte nach durchtanzten Nächten in schummrigen Kellerlokalen. Mit der jahreszeitlich passend bereits im August vorab veröffentlichten Single "Summerfieber" gelingt Granada ein entspannt groovender künftiger Pflichtbestandteil für sommerliche Roadtrips gen Italien, irgendwo zwischen "Azzuro" und Roy Bianco. Ein Hit wie aus dem und von der Gruppe Bilderbuch ist das im Kontext der Band positiv aus dem Rahmen fallende "Blüte" mit funky fettem Beat, Congas und Cowbells. Augenzwinkernd wird hier die innere Zerrissenheit junger Menschen ("Generation Y my ass") zwischen Antriebslosigkeit und überborderndem Selbstbewusstsein sowie Tatendrang zwingend tanzbar gemacht.

"Mei Velo" ist dann textlich zu schwach und musikalisch zu beliebig, um neben Queen und den Prinzen in den Olymp der großen Fahrradhymnen einzuziehen, bevor "Schembrun" (zu deutsch: Schönbrunn), die Vertonung eines Gedichts des unbedingt empfehlenswerten dadaistischen Wiener (Teilzeit-)Mundartlyrikers H.C. Artmann, nochmals sommerlich gute Laune verbreitet. Den zweiten Höhepunkt der Platte bildet das hymnische "Leuchtturm", in dem Granada gegen den Strom schwimmende Pioniere feiern, ein Song vergleichbar mit der berührenden Grandesse von Lola Marsh und einem Hauch von Arcade Fires "Funeral". Sehr gelungen schließt direkt an diesen Rausch die Morgen-danach-Elegie "Armer schwarzer Kater" an, die auf den larmoyanten Pfaden von Nino Aus Wien wandelt.

Leider gelingt es Granada in der zweiten Albumhälfte nicht, diese Energie und den Abwechslungsreichtum zu halten, und so fallen Songs wie "Chikungunya", "Cordoba" oder"Marantana" trotz der durch die Titel angedeuteten Verortung in unterschiedlichen Kulturräumen enttäuschend gleichförmig aus. Ein bissig-böser Lichtblick ist noch der schleppende, dylaneske Groove "Liebe deines Lebens", in dem einem ehemals geliebten Menschen in einer fühlbaren Mischung aus Verbitterung und Ernüchterung die großartige Zeile "Du allein bist die Liebe Deines Lebens" entgegengeschleudert wird. Obwohl der Platte gegen Ende hin etwas die Puste ausgeht, enthält Granadas neues Album doch einige herausragende Songs und ist somit eindeutig mehr als nur "eh ok". Oder um es mit dem Highlight des Albums auszudrücken: "Unter Umständen" zeigt Granada "in der Blüte" ihres Schaffens.

(Michael Albl)

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Highlights

  • Blüte
  • Leuchtturm
  • Liebe Deines Lebens

Tracklist

  1. Pirouette
  2. Summerfieber
  3. Blüte
  4. Mei Velo
  5. Schembrun
  6. Leuchtturm
  7. Armer schwarzer Kater
  8. Chikungunya
  9. Cordoba
  10. Marantana
  11. Liebe Deines Lebens
  12. Lomari
  13. Zeit
  14. Die Lichter gehen aus

Gesamtspielzeit: 44:54 min.

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User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2021-10-13 21:41:04 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2021-09-14 10:37:09 Uhr - Newsbeitrag
Album heißt "Unter Umständen" und erscheint am 8.10.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2021-09-13 17:57:39 Uhr
Ich freue mich besonders, euch heute noch einmal Granada an Herz legen zu dürfen. Die Neo-Austropop Band aus Graz, welche energetischen Indie mit fulminanten Pop und Grazer Mundart kombiniert, begibt sich gerade auf die Zielgerade ihr neustes Album zu veröffentlichen, welches für Oktober geplant ist und von wir bis jetzt in den Genuss der vier Singles: Summerfieber, Blüte, Mei Volo und Lomari gekommen sind.

Hört: „Summerfieber“ hier:
Hört „Blüte“ hier:
Hört „Mei Volo“ hier:
Hört „Lomari“ hier:



Stilfindung: Neo-Austropop

Der freundschaftliche Spannungsbogen der beiden großen österreichischen Städte findet sich auch textlich immer wieder. So werden klassische Wiener Themenwie das Grätzl „Ottakring“ genauso gefeiert wie „Liebe Grüße aus Graz“ im Stück „Berlin“. Dass österreichisch sein positives Augenzwinkern bedeutet, spürt man in „Eh Ok“ oder „Palmen am Balkon“. „Man kann österreichische Musik nicht auf wenige Elemente reduzieren. Wir leben in einem Vielvölkerstaat, einem bunten Schmelztiegel vieler Kulturen, und darauf sind wir stolz“, Lukacz Custos, Gitarrist. Spielerisch schaffen es Granada Einflüsse aus dem Balkan („Ka Faia“) gekonnt neben der rotzigen Attitüde des Wienerliedes („Verwoiten“) zu servieren während man sich im nächsten Augenblick in einer sechstausend einwohnerstarken „Metropole“ am südsteirischen Land („Prada“) wiederfindet. „Einfach und leicht wirkt etwas erst, wenn’s gut gemacht ist“, so Roland Hanslmeier, der Jazzvirtuose am Schlagzeug.



Der Weg zum neuen Album

2020 arbeiteten sie an ihrem dritten Album und nutzten die pandemische Zwangsunterbrechung als unerwartete Einladung sich vertieft mit Produktion, Instrumentalisierung und Textenz u befassen. Bassist Jürgen über die Zeit im Tonstudio: „Wir haben uns den Sommer über gemeinsam eingesperrt-hatten so die Chance uns zusammen noch einmal neu zu erfinden- eine intensive Erfahrung“

Und bereits vier Ergebnisse dieser Neuerfindung durften wir in Form von „Lomari, „Blüte“, „Mei Velo“ und „Summerfieber“ bereits hören.

So setzten sich Granada in ihrer Single „Lomari“ mit dem immer wieder abstruse Irrwege spinnende Feld der Esoterik auseinander: „Lomari“ –zu Deutsch „Fuchs“ –bedient sich einer ebenso alten Erzählweise: der Fabel. Satirisch, kritisch wird aus der Sicht eines „ehrlichen“ Scharlatans –wenn man so will, eines modernen Reineke–erzählt. Sänger Thomas Petritsch sagt dazu: „Bei der Textarbeit ist es mir darum gegangen Lichtarbeit, Handlesen, Wahrsagen und dergleichen aufzuarbeiten. Wie man die Suchenden zu Glaubenden werden lässt. Sie ködert, abzieht und bei Laune hält, ihnen vermittelt, man bringt Licht ins Dunkel, schenke ihnen Einsicht.“ Was bietet sich musikalisch besser an, als sich ähnlich wie zahlreiche derartiger Strömungen in indischen Gefilden zu tummeln? Das Ergebnis ist eine wilde Maskerade, die man im dazu erscheinenden Musikvideo humorvoll inszeniert genießen kannund dieeventuelldemeinenoder anderen ein bisschen sauer aufstoßen könnte. Darauf ein Gläschen hausgebrautes Granada Wasser!

„Blüte“ handelt von der Zeit und dem Leben: „Manchmal glauben wir es selbst nicht so recht, in welchen Strudel wir da hineingeraten sind. Wir, die Gen-Y-ler, die nun im besten Alter sind und die sich der Herausforderung stellen müssen, einfach keine Zeit zu haben für die Suche nach dem „mehr-Zeit-haben“. „Blüte“ handelt von unserer Zeit, vom Leben und erzählt von der Sehnsucht endlich aufzublühen, vom Warten auf ein Ausbrechen aus den Rädchen der Alltagsroutine. Was ist eigentlich diese Work-Life-Balance, von der alle reden? Ein furchtbar anstrengendes Konstrukt!“ Auf "Mei Velo" zeigen Granada, dass Fahrradfahren weit mehr ist als bloße Fortbewegung. "Mei Velo" thematisiert auf lockere Art und Weise die Überwindung von Paradoxie durch das Fahrrad als Mittel und Weg aus der gesellschaftspolitischen Ohnmacht. Das Fahrrad als Symbol der Selbstermächtigung, zu dem Granada einen eingängigen sowie zeitlosen Soundtrack liefern.

„Summerfieber“ hingegen steht für die Erinnerungen an heiße Stunden in der Familienkutsche oder die Sehnsucht vom unbeschwerten Road-Trip mit Freunden. Am besten genossen wird „Summerfieber“ mit Sicherheit nicht nur im Autoradio auf der Autostrada in Richtung Napoli, auf jeden Fall aber mit einer Prise Fernweh und zumindest mit ein zwei Palmen am Balkon, falls der Süden noch ein bisschen auf dich warten muss.

Eurodance Commando

Postings: 1731

Registriert seit 26.07.2019

2021-08-14 16:10:15 Uhr
Andreas Gabalier für hotte Indies.

Grizzly Adams

Postings: 4521

Registriert seit 22.08.2019

2021-08-14 14:22:28 Uhr
Jepp. Granada bleibt sich seinem Stil treu. I mog di Ösis scho. Wer mit dem Dialekt nichts anfangen kann, wird keinen Gefallen daran finden.
Das ist Musik für den Sommer und fürs frugale Gefühl. Die Texte sind teils ironisch, teils schlicht, die Musik eindeutig auf Stimmung aus. Mit Quetschkommode und Mundharmonika, Akustischer und fröhlichem Singsang. Da gibts keine politischen oder philosophischen Ansprüche. Soll einfach Spaß machen. Das kommt bei mir auch an. Freu mich drauf.
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