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John - Nocturnal manoeuvres

John- Nocturnal manoeuvres

Pets Care / Brace Yourself / Rough Trade
VÖ: 08.10.2021

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Gangway to hell

Was ist besser, als vergessen zu werden? Gar nicht erst gefunden werden. Zumindest im Internet. Da sich Sänger und Schlagzeuger John Newton und Gitarrist Johnny Healy nämlich einen ziemlich ungooglebaren Namen gegeben haben, ist das britische Duo ist nicht gerade SEO-optimiert. Will man John aufspüren, bleibt also nur der akustische Weg: immer dem Krach nach, Richtung Außenbezirke des Londoner Stadtteils Crystal Palace, wo sich der Wohlstandsmüll in den Hinterhöfen stapelt und die Zustände im Vereinigten Königreich besser widerspiegelt als jede Glitzer-Metropole. Hinzu kommen vernachlässigte Corona-Leidtragende sowie 14 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze – schließlich sagt es über jede Gesellschaft am meisten aus, wie sie mit ihren schwächsten Mitgliedern umgeht. Stimmt's, Boris?

Aber der hört vermutlich ohnehin nicht zu. Ungeachtet dessen ziehen Newton und Healy auf ihrem dritten Longplayer beim Nachtmarsch durch die unwirtliche Nachbarschaft die Lärmschraube besonders fest an. Genauso rabiat und immer zu einem überfallartigen Rocker aufgelegt wie Idles, mit denen es bereits auf Tour ging, ähnlich grimmig und desillusioniert wie die geistesverwandten Protomartyr – und mit einer ausufernden Wucht in den wüst detonierenden Songs, die man zu zweit erst einmal hinkriegen muss. Dabei spielt der tosende Hit "Šibensko powerhouse" gar nicht in einer englischen Fischbratküche, sondern auf einem Wasserplaneten im "Star wars"-Universum, auf dem schmutzige Deals laufen. Hauptsache, jemand macht sich die Taschen voll. Willkommen in der Hölle, falls noch nicht klar sein sollte, wohin die Gangway auf dem Cover führt.

Heiß genug geht es auf "Nocturnal manoeuvres" allemal zu: Versatzstücke aus verkrustetem Post-Punk, abgesägtem Indie-Rock und in Fetzen hängendem Hardcore prügeln sich gegenseitig die ramponierte Seele aus dem Leib, Newton bellt nicht nur im verschleppten Kraftpaket "A song for those who speed in built-up areas" derart wölfisch ins Mikro, dass auch der beinharten Fankurve im "Stadium of no" das Gegröle im Hals steckenbleibt. Mehr konzentrierte Power aus britischen Proberäumen gab es seit "Brutalism" und dem sardonisch grinsenden Brecher "A picture of good health" von Life aus Hull nicht mehr. Immer hübsch-hässlich auf die selbe Stelle mit der frisch aus dem Ascheimer gezogenen, noch glühenden Rabauken-Gitarre, während die Drums praktisch jedes Stück zu einer kompakten, aus allen Nähten platzenden Drecksäule komprimieren. Famos.

Ehrensache, dass John in "Austere isle" oder "Power out for the kingdom" einigermaßen deutlich auf die Realitäten der Insel verweisen. Vor allem, wenn sich letzteres Stück zunächst mit Mühe im Zaum hält und am Ende in einer gewaltigen Noise-Eruption gipfelt – auf dass alle nachts hell beleuchteten Business-Protzbauten bald den Stecker gezogen bekommen. Was nicht passieren wird, weswegen die beiden fatalistisch mit den Schultern zucken und sich auf das konzentrieren, was sie am besten können: Melodien und Texturen in Raketentriebwerke aus frenetischen Riffs und unbeugsamen Rhythmen pflanzen. Da kann das eindrucksvolle Finale "Non-essential hymn" nur ein Anfall grober Selbstunterschätzung sein, nach dem John fertig mit sich und der Welt kraftlos zusammensacken. Sie haben alles gegeben.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights

  • Šibensko powerhouse
  • A song for those who speed in built-up areas
  • Power out for the kingdom
  • Non-essential hymn

Tracklist

  1. Return to capital
  2. Šibensko powerhouse
  3. A song for those who speed in built-up areas
  4. Haneke'd
  5. Austere isle
  6. Jargoncutter
  7. Stadium of no
  8. Power out for the kingdom
  9. Northwood turret
  10. Non-essential hymn

Gesamtspielzeit: 34:19 min.

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User Beitrag

myx

Postings: 4654

Registriert seit 16.10.2016

2021-10-06 22:48:16 Uhr
Habe auf YouTube reingehört, ist aber nicht mein Fall.

Klaus

Postings: 8934

Registriert seit 22.08.2019

2021-10-06 22:42:58 Uhr
Servicepost:

https://open.spotify.com/artist/1zeT022vOyMGqBCTSs9qiI?si=yDEe2-4VRx-KNYKUgOfRuA&dl_branch=1

The MACHINA of God

User und Moderator

Postings: 31725

Registriert seit 07.06.2013

2021-10-06 22:34:56 Uhr
Da wäre echt ein Spotify-Link gut. Ich find die nicht. :D

Sheesh

Postings: 275

Registriert seit 27.09.2021

2021-10-06 20:10:04 Uhr
Zwei Dudes die ordentlich Druck machen. Vor drei Jahren mal als Vorband von Idles gesehen. Cool, dass es die noch gibt.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26286

Registriert seit 08.01.2012

2021-10-06 19:27:06 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. "Album der Woche"!

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