I Feel Fine - The cold in every shelter

Venn / Midsummer
VÖ: 10.09.2021
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10

Geteiltes Leid
"I feel fine"? Das ist doch in allererster Linie ein bald 57 Jahre alter Song von The Beatles, weiß das popkulturelle Gedächtnis. Laut Wikipedia sogar noch dazu "die erste Veröffentlichung, die ein Gitarrenfeedback enthält". Waren die Pilzköpfe nicht ohnehin so etwas wie die Urväter des Emo? Dass die gleichnamige Band aus Brighton sich diesen Namen tendenziell eher mit ironischem Augenzwinkern verliehen hat, steht hingegen außer Frage. Denn ihr Langspieldebüt "The cold in every shelter" kann vor allen Dingen eins: so richtig schön leiden. Das aber zugegeben immer äußerst bierselig und mit der kumpeligen Unterstützung der ganzen Gang, sodass es nie so wirklich weh tut. "What's my colour?," fragen die vier Männer in der Coda von "Million" – leider kein Jawbreaker-Cover –, und das ist nur der erste vieler prägnanter, hymnenhafter Momente, die das Album auffährt. Vermutlich erwartete und gleichwohl auch eintretende Reaktion: ein riesengroßes "Awww" von Herzen.
Die meist chorartig mehrstimmigen und oft geshouteten Vocals lassen immer wieder an die in der Versenkung verschwundenen Landsleute von Apologies, I Have None denken, obgleich I Feel Fine vor der Abgründigkeit dieser noch gerade so die Kurve kriegen. Die verspielten Math-Gitarren wiederum stehen in der hochehrwürdigen Tradition des guten alten Neunziger-Emo aus dem mittleren Westen, dessen riesige Fußstapfen die Südengländer durchaus auszufüllen imstande sind. Poppige Eingängigkeit spart sich die Band dabei weitestgehend, kokettiert aber mit gewissen (Heartland-)Punk-Spitzen und geht sogar noch weiter darüber hinaus: Die zweiteilige, sphärische Interlude "(Keeping house)" beweist die Post-Rock-Affinität des Quartetts, die aber auch in anderen Songs zu spüren ist. Streicherbegleitung legen I Feel Fine dabei ebenso gerne über zackigere Stellen wie über "The ladder", das zweite Highlight ihres knackigen Liebhaber-Emo-Albums von Fans für Fans.
Der zarte Akustik-Folk von "Where the clouds end" schubst die ganze Chose wieder ein bisschen in Richtung England (oder Irland?) zurück, bevor "Fold" sich zum großen Finale aufmacht und sämtliche Stärken der Band noch einmal in nur einem einzigen Song nach außen kehrt. Lads, lads, lads: Kommen ein paar Hardcore-Kids, Post-Rocker und Bart-Punker in Röhrenjeans, die allesamt von ihren Freundinnen verlassen worden sind, in eine Bar und legen "The cold in every shelter" auf: Am Ende liegen sich alle in den Armen, die eingangs noch so überwältigenden Schmerzen sind vergessen, und geweint wird nur noch aus Freude. Garantiert. Wer zahlt die nächste Runde?
Highlights
- Million
- The ladder
- Fold
Tracklist
- Something new to worry about
- Elemenohpea
- Million
- (Keeping house I)
- The ladder
- Selfsame
- Sail maker
- (Keeping house II)
- Where the clouds end
- Fold
Gesamtspielzeit: 34:25 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Beefy Postings: 509 Registriert seit 16.03.2015 |
2021-09-27 11:57:21 Uhr
Das Album gefällt mir im Prinzip ganz gut, nur die pausenlosen Gangvocals in jedem einzelnen Song finde ich übertrieben. |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 28607 Registriert seit 08.01.2012 |
2021-09-23 19:58:34 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.Meinungen? |
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Referenzen
TTNG; Forests; Apologies, I Have None; American Football; Tiny Moving Parts; Algernon Cadwallader; The Menzingers; The Hotelier; Foxing; The Gaslight Anthem; Adjy; The Winter Passing; The Promise Ring; Joan Of Arc; Cap'n Jazz; Into It. Over It.; Empire! Empire! (I Was A Lonely Estate); Sunny Day Real Estate; Old Gray; Modern Baseball; Turnover; Owen; Parkwalker; The Appleseed Cast; Cursive; The World Is A Beautiful Place & I Am No Longer Afraid To Die; Say Anything; The Weakerthans; Rites Of Spring; Chamberlain; Tigers Jaw; Ghosts And Vodka; Mineral; Slint
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