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Baba Ali - Memory device

Baba Ali- Memory device

Memphis / Rough Trade
VÖ: 27.08.2021

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Engtanz mit dem Teufel

London calling? Baba Ali lässt sich nicht zweimal bitten. Der 31-Jährige mit nigerianischen Wurzeln ist von New Jersey nach England ausgewandert und hat sich für sein Langspieldebüt "Memory device" laut eigener Aussage vom "Punk-Spirit" der ehrwürdigen, musikgeschichtsträchtigen Hauptstadt leiten lassen. Die Vermutung liegt allerdings nahe, dass Ali mit diesem Begriff in erster Linie diejenigen meint, die noch ein großes "Post-" davorsetzten. War Ian Curtis eigentlich ein guter Tänzer? Mit ambitioniertem Eklektizismus und Unmengen eisiger Kälte vertont Ali die nächtliche Seite des Großstadtlebens zwischen Underground-Club und der vermüllten Seitenstraße vor dessen Tür, zerrt den Soul auf die Tanzfläche und zerstückelt den Indie-Rock in seine Blues- und Funk-Atome. Abgehackte Sprachsamples und gediegener Disco-Beat fusionieren in "Black wagon" schon früh zu nichts weniger als einem Track der Meisterklasse, der sofort klarstellt, wozu der Künstler in der Lage ist: Er ist gekommen, um zu bleiben. Und Londons Nachtschattengewächse heißen ihn herzlich willkommen.

Eine abblätternde Gitarrenspur, die auch Jamie Hince von The Kills verlockend fände, und ein wuselnder Bass machen aus "Thought leader" einen Beinahe-Rock-Song. In "The well" bekommt dieser zumindest in den ersten Takten seine Fortsetzung spendiert und darf dann in "Got an idea" eine Extrarunde drehen, die die "Blood pressures" so richtig schön pulsieren lässt. Funfact: Mit Hince hat Ali 2019 tatsächlich eine EP aufgenommen, und die quietschende Spieltechnik des Mentors, hier kongenial dargeboten von Nik Balchin, verziert das unterkühlte House-Breakbeat-Fundament des Amerikaners ungemein. In seinen fünf Minuten entwickelt dann aber gerade "The well" einen beachtlichen Sog hinunter zum Grund des Brunnens, wo Ali "greetings from the underworld" ausrichtet. Hat Soul jemals diabolischer geklungen? Auch die Vocals von "Better days" thronen auf industriellem Störfeuer wie Yin auf Yang, bevor Ali im weiteren Verlauf noch allerlei Stilmittel wie einen cheesy 80s-Synth, Beat-Gluckern und gespenstische Chorgesänge hinzufügt, die im beschriebenen "hunter's gaze" zu einem echten Höhepunkt wachsen.

Der dichte Sound von "Memory device" lässt Hörer*innen den Dunst des fröhlichen Höllenschlunds, zu dem der Tanzflur hier wird, praktisch riechen. "Don't forget your medicine", mahnt Ali dann auch wiederholt in "Waiting room". "Oxygen" ist das Stichwort – vergesst nicht, zwischendurch Luft zu schnappen, und bleibt hydriert, die Nacht wird noch lang. Oder währt sogar ewig, aber auch die Quellen von Sex und Getränken versiegen hier nie wieder. Das poppig-geradlinige und trotzdem mit dröhnendem Todesbass versehene "Nuclear family", bei dem sich das "nuclear" wohl wörtlich verstanden lassen will, denkt auch schon an das Leben danach: "We are the digital free radicals." Damon Albarn wäre bestimmt angetan. "Temp worker" hat immer noch Energie, wenn kurz vorm Morgengrauen "another sad love song" aufgelegt wird und die Drum-Maschine allmählich zu qualmen beginnt. "Crying at the discotheque" wäre noch das Mindeste in dieser mitreißenden Abwärtsspirale: "Memory device" ist möglicherweise nicht das "Intimacy" der 2020er-Jahre, mindestens aber dessen psychotischer kleiner Bruder.

(Ralf Hoff)

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Highlights

  • Black wagon
  • Better days
  • The well
  • Temp worker

Tracklist

  1. Draggin' on
  2. Black wagon
  3. Thought leader
  4. Nature's curse
  5. Better days
  6. The well
  7. Got an idea
  8. Waiting room
  9. Nuclear family
  10. Temp worker

Gesamtspielzeit: 40:57 min.

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Armin

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2021-08-27 21:17:00 Uhr - Newsbeitrag
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