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Giancarlo Erra - Departure tapes

Giancarlo Erra- Departure tapes

Kscope / Edel
VÖ: 02.07.2021

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Alles auf Abschied

Der Tod ist meist ganz weit weg. Bis jemand aus dem engsten Familienkreis stirbt. Mit unbarmherziger Wucht tritt die Gewissheit der Vergänglichkeit ins Leben. Sie zu verdrängen, ist weder gesund noch klug. Trauer heißt immer auch Neubeginn, mit ihr umzugehen, ist zuletzt auch ein Lernprozess, an dessen Ende im Idealfall ein sanftes Lächeln steht. Selbstverständlich ist jeder Todesfall anders und jedes Leben eine eigene Geschichte, die erzählt und erinnert werden möchte. Genau das tut Giancarlo Erra, den manche vielleicht von seiner Hauptband Nosound kennen, auf seinem zweiten Soloalbum "Departure tapes". Der Italiener setzt sich darauf mit dem Krebstod seines Vaters auseinander. Erra gelingt es dabei, die Flüchtigkeit des Daseins in ergreifende Musik zu kleiden. Deren Farbe mag schwarz sein, doch sie steht auch für den Willen, der Trauer neuen Mut abzutrotzen.

Will man die musikalischen Einflüsse beschreiben, die Erra inspiriert haben, muss zuallerst der Name Max Richter genannt werden. Besonders deutlich werden diese im Titeltrack, der mit fast 17 Minuten Spielzeit das Herzstück des Albums repräsentiert. Streicher wogen auf und ab, immer wieder schält sich eine wunderschöne Melodie aus dem Meer lang ausgehaltener Akkorde. Im Mittelteil übernimmt das Klavier das Ruder und steuert die Komposition behutsam in Richtung Hafen. Zu keiner Sekunde kommt dabei Langeweile auf, vielmehr gibt es im Arrangement unzählige wohlüberlegte Details zu entdecken. Hierbei hilft die großartige Produktion, die jedes Instrument zum Leuchten bringt. Besonders die Streicher nutzen den gesamten Klangraum vorzüglich aus.

Auch die anderen Tracks wissen zu überzeugen. Zu Beginn tastet sich "Dawn tape" ins Gehör. Vorsichtig, behutsam baut sich die Musik auf, die Hektik des eigenen Lebens verschwindet. Sie ist Symptom fortdauernden Leugnens. Noch ist ja Zeit, noch gibt es so viel zu tun. Flüchtig ist das Leben. So wie die beiden Miniaturen "Previous tape" und "169th tape", die zwar schnell vorbei sind, aber umso länger im Gedächtnis bleiben. "Unwound tape" widmet sich hingegen der Kontemplation. Schwebende Klänge künden von einer Dunkelheit, die in der Einsamkeit lauert. Jemand, der immer da war, ist plötzlich weg. Ein Fixpunkt ist verschwunden. Aus Erlebnissen werden Erinnerungen, aus Gefühlen Geschichten. In "A blues for my father" nimmt Erra schließlich Abschied. Wieder ist das Tempo behutsam, wieder dominieren ausladende Akkordflächen. Eine tiefe Melancholie durchzieht die Komposition, der Blick richtet sich zunächst wehmütig zurück, bevor er der Zukunft ins Auge schaut. Ein Elternteil zu Grabe zu tragen, ist ein Moment, der demütig stimmt. Am Ende steht die Dankbarkeit.

(Christopher Sennfelder)

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Highlights

  • Unwound tape
  • Departure tape

Tracklist

  1. Dawn tape
  2. Previous tape
  3. 169th tape
  4. Unwound tape
  5. Departure tape
  6. A blues for my father

Gesamtspielzeit: 43:36 min.

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User Beitrag

Gomes21

Postings: 4868

Registriert seit 20.06.2013

2021-08-06 22:22:03 Uhr
Schön, dass das rezensiert wurde. 8/10 trifft voll meine Wertung.

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2021-08-06 21:08:04 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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