Panopticon - ... and again into the light
Bindrune
VÖ: 15.05.2021
Unsere Bewertung: 8/10
Eure Ø-Bewertung: 8/10
Godspeed You! Black Metal
Über die letzten Jahre hat sich Austin Lunn zu einem außergewöhnlichen Musiker entwickelt. Wie im Klischee werkelt er seit knapp einem Jahrzehnt in einer Hütte tief im Wald von Minnesota ein Black-Metal-Album nach dem anderen zusammen, wenngleich mit sehr unüblichen stilistischen Auswüchsen im musikalischen wie inhaltlichen Sinne. Wo ein überwiegender Teil der Genre-Vertreter bestenfalls ein "wir sind unpolitisch" gerade so herausbringen, positioniert er sich klar und deutlich. "Kentucky" etwa behandelte inhaltlich die Folgen des dortigen Kohleabbaus und brach auch musikalisch mit Konventionen. So fanden sich zu den Texten, die die umweltzerstörenden und sozial schwierigen Folgen des Abbaus thematisieren auch noch banjogeschwängerte Countrymelodien. Mit "The scars of man on the once namesless wilderness, part 2" veröffentlichte er zudem ein komplettes Werk im Americana-Stil. Darüber hinaus spendet er jeweils einen Teil der Erlöse jeweils für gute Zwecke.
Jener thematisch passende Zweck ist bei der aktuellen Veröffentlichung "…and again into the light" die Hilfe für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Den sehr persönlichen Bezug dazu schildert Lunn im Begleittext und so steht dieses Werk für seinen persönlichen Kampf gegen die eigenen Dämonen. In diesen Noten findet sich auch, wer für den epischen Sound von Panopticon verantwortlich ist und das ist wirklich verwunderlich. Nahezu alle Instrumente sind selbst eingespielt, was aufgrund der schieren Bandbreite eine massive Herausforderung ist, lediglich Violine und Cello übernehmen Gäste Kleinere Streichereinheiten fanden sich dabei auch schon in den vergangenen Releases von Panopticon, hier jedoch stellen sie einen elementaren Anteil am Sound. Keine depressiv klingenden Sounds ohne schwere Violinen! Und so klingt "…and again into the light" streckenweise nach einer wahnwitzigen Version von Godspeed You! Black Emperor in mindestens doppelter Geschwindigkeit. Besonders "Dead loons" ist ein irrsinniger Ritt. Ambient-Intro, dann heftiges Riffing und schließlich thronen die Streicher über einer wütenden "Wall of sound". Obwohl sich Panopticon in einem der am schwersten zugänglichen Genres bewegen, gelingt es hierbei mühelos, eine gewisse Eingängkeit zu schaffen.
Der wild geprügelte Überbau mag hier zwar Black Metal sein, doch Lunn mixt an relevanten Stellen immer wieder neue Zutaten unter. Teils so viel, dass im Raum stehen könnte, ob er nicht zu viel aus diesen 71 Minuten herausholen will. Doch hier passt alles perfekt zusammen und Zeit zum Sinnieren darüber lässt Lunn den geneigten Hörer*innen sowieso nicht, denn "Rope burn exit", "A snowless winter" und "Moth eaten soul" sind solch wahnsinnige Brecher, dass das nette Banjo-Interlude (!) "Her golden laughter echoes" vor den abschließenden beiden Longtracks gerade recht kommt. Helle Akustikgitarren, sanfte Klaviertupfer und ein wenig Shoegaze samt cleanem Gesang dominieren die erste Hälfte des zwölfminütigen "Embers at dawn". Der Sonnenschein trügt natürlich, denn ab der Mitte gibt es wieder heftiges Geschredder samt Cello und Violine. Das abschließende "Know hope" dreht den Spieß dann noch einmal um und fadet langsam mit einer schweren Streichermelodie aus. Trotz dieses Ruhepunktes hallt "...and again into the light" noch lange, lange nach.
Highlights
- Dead loons
- A snowless winter
- Moth eaten soul
Tracklist
- And again into the light
- Dead loons
- Rope burn exit
- A snowless winter
- Moth eaten soul
- Her golden laughter echoes
- The embers at dawn
- Know hope
Gesamtspielzeit: 71:05 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Klaus Postings: 10155 Registriert seit 22.08.2019 |
2023-11-03 17:07:03 Uhr
"Allein dieser Moment in Dead Loons, wo sich die Streicher zum ersten Mal auf die Metal-Gitarren legen, das war schon ein Erlebnis."Ja, völlig geil. Auch bei Ne Obliviscaris. Toll dass es solche Acts gibt UND das dann noch okaye Typen sind. |
Hierkannmanparken Postings: 1818 Registriert seit 22.10.2021 |
2023-11-03 17:05:11 Uhr
Aber im Ernst: Ich bin sehr froh, auf sie gestoßen zu sein (ich glaube, über das neue Wayfarer-Album).Allein dieser Moment in Dead Loons, wo sich die Streicher zum ersten Mal auf die Metal-Gitarren legen, das war schon ein Erlebnis. |
Hierkannmanparken Postings: 1818 Registriert seit 22.10.2021 |
2023-11-02 16:32:39 Uhr
Beim Hören von Rope Burn Exit frage ich mich gerade im letzten Teil, ob das Musikern eigentlich unbewusst passiert, dass sie in die Hotel California-Falle tappen. Nach dem Motto: diese Akkordabfolge fühlt sich richtig an, aber ich kann nicht genau erklären wieso. |
Klaus Postings: 10155 Registriert seit 22.08.2019 |
2022-04-13 09:09:37 Uhr
PANOPTICONsupport Grift 29.09.2022 - Stockholm (SE) - Slaktkyrkan 30.09.2022 - Sundsvall (SE) - Club Deströyer 01.10.22 - Oslo (NO) - Parkteatret 02.10.22 - Stavanger (NO) - Folken 04.10.22 - Aalborg (DK) - 1000Fryd 05.10.22 - Copenhagen (DK) - Beta 06.10.22 - Hamburg (DE) - Hafenklang 07.10.22 - Berlin (DE) - SO36 08,10.22 - Abtenau (AT) - The Temple 09.10.22 - Munich (DE) - Backstage |
captain kidd Postings: 3749 Registriert seit 13.06.2013 |
2021-07-29 22:35:20 Uhr
Mein Lieblingsalbum war ja lange Roads to the north. Aber das neue ist echt sehr sehr stark. Einfach echt ein sehr konstanter Künstler... |
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Referenzen
Wolves In The Throne Room; Wolvennest; Krallice; Waldgeflüster; Altar Of Plagues; Blut Aus Nord; Godspeed You! Black Emperor; Wiegedood; Alcest; Paysage D'Hiver; Liturgy; Oranssi Pazuzu; Downfall Of Gaia; Violet Cold; Fen; Oathbreaker; Neurosis; Wiegedood; Year Of No Light; Isis; Minsk; Bossk; Downfall Of Gaia; Celeste; Subrosa; Pessimista; Deafhaven; Zeal & Ardor; Steve von Till; Scott Kelly; Aerial Ruin
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