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Torres - Thirstier

Torres- Thirstier

Merge / Cargo
VÖ: 30.07.2021

Unsere Bewertung: 8/10

Eure Ø-Bewertung: 7/10

Wir haben Hunger, Hunger, Hunger

Ein gepflegter Umgang mit anderen Menschen ist sehr wichtig. Ein respektvolles, freundliches Miteinander ist in einer zivilisierten Gesellschaft ja fast schon eine Visitenkarte, Höflichkeit eine Selbstverständlichkeit. An kaum einem anderen Ort wird das mehr zelebriert als bei Plattentests.de. Gossensprache? Können die anderen. Sich laut anschreien und beleidigen? Nicht bei uns. Kraftausdrücke? Nur in absoluten Ausnahmefällen. Ein solcher lag etwa auch im Januar 2020 vor, als Torres ihr damals neu erscheinendes viertes Album "Silver tongue" mit einem Waschzettel an ihr Ex-Label 4AD und dem drastischen Ausruf "Fuck the music industry" garnierte. Nach einer mehrstündigen Sitzung im vollverglasten Redaktionsgebäude an der Isar beschlossen wir damals gemeinsam, natürlich in angemessener Zimmerlautstärke: Ja, dieses Zitat geht schon in Ordnung. Nachdem nun niemand auf meine eilig einberufene Notversammlung reagiert hat, gehe ich davon aus, dass es auch klargeht, wenn ich angesichts Torres' neuen Werkes feierlich verkünde: Verdammte Scheiße, ist das geil!

Denn Mackenzie Scott alias Torres scheint auf "Thirstier" die Sonne aus dem Arsch. Manche Dinge muss man eben einfach sagen, wie sie sind. Nach diversen Selbstfindungsprozessen und den bereits erwähnten Label-Schwierigkeiten war es nun aber auch mal an der Zeit, allen Zweifeln und Ängsten ins Gesicht zu lachen und sich den positiven Dingen des Lebens zu widmen. Torres' fünftes Album macht genau das: nicht nur, dass es ihre optimistischste Platte bis dato ist und man ihr den neuen, schönen Ausblick in die Zukunft deutlich anhört. Typisch für jemanden, dem es nach einer längeren Durststrecke nun endlich richtig gut geht, will das Album zudem umso mehr erreichen. Warum nur ein Land erobern, wenn es auch die Welt sein kann? Eben. Und insofern ist "Thirstier" ein durchaus passender Albumtitel. Torres hat Durst. Und wahrscheinlich auch Hunger. Nach mehr von allem. Und nimmt es sich. Das Bankett ist eröffnet!

Noch nicht überzeugt? Dann bitte doch mal direkt die umwerfende Single "Hug from a dinosaur" anwerfen, die auch abseits des lustigen Bildes vorm inneren Auge ob des Titels natürlich vor allem musikalisch überzeugt. Vorwärts geht's hier, mit Chor und Handclaps und viel Strom, pompös ist das, opulent, ein bisschen kitschig auch – und verflixt spaßig. Das lassen sich die nicht vorab veröffentlichten Songs nicht zwei Mal sagen und trumpfen ebenfalls auf: Der Opener "Are you sleepwalking?" vereint glatt zwei, drei Stücke in sich und erinnert in jedem einzelnen an St. Vincent, als wäre es ein Kinderspiel. Ein bisschen gemäßigter, aber nicht weniger klasse schrammelt sich "Drive me" den Rest-Frust von der Seele und gibt glatt noch explizite Anweisungen an den Uber-Fahrer. Zielführend nennt man das! Der darf sich beim Indie-Club-Hopping am Wochenende gleich anschließen, wenn "Hand in the air" die hoffentlich baldige Rückkehr aus sämtlichen Isolationen und Quarantänen einleitet und fast vergessen lässt, worauf man so lange verzichten musste.

Die Auswahl an Torres' "Thirstier"-Büfett ist zahlreich und sättigend. Da fügt sich die fantastische erste Single "Don't go puttin wishes in my head" mitsamt seiner Synthesizer-Stärke und den messerscharfen Gitarrenriffs genauso easy ins Gesamtbild ein wie der sanft startende und in einem fulminanten Feuerwerk endende Titeltrack. "The more of you I drink / The thirstier I get", singt Torres da und sorgt damit für eifrig zustimmendes Kopfnicken bei der Hörerschaft. Zum Schluss dann, wenn "Keep the devil out" die letzte Power aus der Drum-Machine kitzelt und den Teufel in den letzten Sekunden wohl derart in die Erschöpfung zwingt, dass er von ganz alleine aufgibt, bleiben nicht mal mehr genug Kraftausdrücke übrig, um die aktuelle Gefühlslage zu beschreiben. Also macht man es am besten so wie nach einer guten Mahlzeit: bisschen die olle Wampe tätscheln und selig lächeln. Alles ist gut.

(Jennifer Depner)

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Highlights

  • Are you sleepwalking?
  • Don't go puttin wishes in my head
  • Drive me
  • Hug from a dinosaur

Tracklist

  1. Are you sleepwalking?
  2. Don't go puttin wishes in my head
  3. Constant tomorrowland
  4. Drive me
  5. Big leap
  6. Hug from a dinosaur
  7. Thirstier
  8. Kiss the corners
  9. Hand in the air
  10. Keep the devil out

Gesamtspielzeit: 35:27 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

saihttam

Postings: 2359

Registriert seit 15.06.2013

2022-08-25 10:05:13 Uhr
Kurze Zeit für Werbung! Kommt dieses Wochenende alle zum Golden Leaves Festival nach Darmstadt, wenn ihr Torres live sehen wollt! Das Festival braucht dringend Geld, um die Weiterexistenz zu sichern und das Line-Up ist fantastisch. :D

saihttam

Postings: 2359

Registriert seit 15.06.2013

2021-12-10 00:34:23 Uhr
Für mich ist ja Three Futures ihr Meisterwerk, gefolgt vom Debüt. Die anderen Alben sind alle so bei einer 7/10.

ijb

Postings: 5855

Registriert seit 30.12.2018

2021-12-09 15:50:47 Uhr
Im Musikexpress ist das Album übrigens auf Platz 10 in der Top 50.

fakeboy

Postings: 4661

Registriert seit 21.08.2019

2021-12-09 14:45:53 Uhr
Ich kannte sie vor diesem Album überhaupt nicht. Aber Thirstier hat mich einfach reingezogen. Finde die Mischung aus Indie-Rock, grossen Gesten und Elektronik extrem gelungen.

ijb

Postings: 5855

Registriert seit 30.12.2018

2021-12-09 14:44:16 Uhr
Ich werde deinen Hinweis nutzen, dem Album in den nächsten Tagen doch noch mal eine Chance zu geben. Bislang fand ich Torres-Alben eigentlich nie besser als "ganz okay".
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