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Man On Man - Man On Man

Man On Man- Man On Man

Polyvinyl / Big Scary Monsters / Membran
VÖ: 07.05.2021

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 9/10

Male gaze

Bären haben ein Image-Problem – zumindest in Teilen der queeren Community. Die Rede ist natürlich nicht von den honigliebenden Waldbewohnern, sondern vom entsprechenden Gay Tribe. Bären sind kräftig gebaut bis rundlich, oft in den besten Jahren und bärtig bis zum Gehtnichtmehr. Bob Mould zum Beispiel fühlt sich als solcher pudelwohl. Oder Roddy Bottum, Keyboarder bei Faith No More und Vorstand der kalifornischen Power-Popper Imperial Teen. Sein Partner Joey Holman aber ist nun kein blutjunger Twink, jener Gegenentwurf, der sich hauptsächlich durch Haarlosigkeit und Unterwürfigkeit auszeichnet, sondern ebenfalls Bär. Diese Vorstellung finden in der festgefahrenen Szene viele nicht unbedingt ansprechend oder gar schön. Bottum und seine bessere Hälfte haben also eine Mission.

Nonchalant und ungezügelt schicken sich beide an, als Man On Man nicht nur die Musik, sondern auch die oft auf Oberflächlichkeiten fixierte Schwulenwelt aufzumischen. Mit schnörkellos-fusseligem Dreampop, träumerischem New Wave und ohne ein Blatt vor dem Mund oder anderswo. Derart explizit Männersex zu besingen, traut sich sonst höchstens Josiah Wise alias Serpentwithfeet, dessen Hang zum Extravaganten Man On Man aber abgeht. Denn ihr zurückgelehntes Debütalbum soll auch zeigen, dass es nicht nur ästhetisch ist, wenn zwei Männer sich lieben, sondern vor allem eines: völlig normal. Ergo: Liebeslieder galore, bis die Taschentücher alle sind. "Man On Man" ist manchmal albern-augenzwinkernd und als Ganzes doch äußerst unironisch, zärtlich wie ein Kätzchen und stellenweise verkitscht, dabei aber aufrichtig und ehrlich. Und ein nächtlicher Streifzug durch die gediegeneren Rock-Sphären.

Springseil-Synthies wie in "Beach house" oder die post-punkige Gitarre im programmatischen "It's so fun (to be gay)" frönen den Achtzigern wie die mäandernden Riffs von "Stohner" oder "1983" dem Jahrzehnt danach. Darüber hinaus nutzen Man On Man für ihr Empowerment und Storytelling aus dem schwulen Alltag mit Haus und Garten mit voller Absicht als queer gecodete instrumentale Mittel wie Glam- oder Musical-Anleihen, die ihre Texte adäquat verpacken. Tröstende Worte wie "I don't care what you say to yourself / You're doing alright, you're fine" hören so manche in der Community, die sich vom Leben ausgeschlossen und vergessen fühlen, schließlich viel zu selten. Und welcher Mann würde bei einer Charme-Offensive wie "Blaze and glory to my king / Middle finger take my ring / Baby, you're my everything" nicht dahinschmelzen?

Zum Gesamtwerk gehört auch die visuelle Komponente, wenn Bottum und Holman in ihren Videos (fast) nackt und haarig gegen genormte Schönheitsideale in den Kampf ziehen. YouTube war das zu krass: Der Clip zu "Daddy" flog zunächst im hohen Bogen von der Plattform, und der glorreiche Ohrwurm blieb der Allgemeinheit verwehrt. Aber auch hinten raus regieren eingängigere Songs, und das Album gehört ganz dem Pop. "Please be friends" fleht Bottum zu perlenden Pianoklängen, wenn er außerhalb der Safe Zone der eigenen vier Wände unterwegs ist, wo man nie sicher sein kann, welcher Mitmensch sich nicht doch als feindlich gesinnt entpuppt. Man denke an Elton John, hätte der seine Homosexualität zum Thema gemacht. Anders als so manche Queercore-Band, die nur für ihre abgeschottete Nische performt, gehen Man On Man auf Konfrontationskurs mit der Öffentlichkeit. Und stellen unmissverständlich klar, dass die (schwule) Welt nicht nur aus Twinks besteht. Zum Glück.

(Ralf Hoff)

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Highlights

  • Daddy
  • Baby, you're my everything
  • Two at a time
  • Please be friends

Tracklist

  1. Stohner
  2. Daddy
  3. It's so fun (to be gay)
  4. Beach house
  5. 1983
  6. Baby, you're my everything
  7. Two at a time
  8. Lover
  9. Please be friends
  10. Kamikaze
  11. It floated

Gesamtspielzeit: 45:30 min.

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Armin

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2021-05-05 21:11:29 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

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