Paul McCartney - McCartney III imagined
Capitol / Universal
VÖ: 16.04.2021
Unsere Bewertung: 7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
Gespräche mit dem Meister
"Er ist schon wunderbar, dieser Paul McCartney." Mit diesen Worten schloss der Kollege Sennfelder vor vier Monaten seine Besprechung des aktuellen Albums "McCartney III" einer Legende, die sich dort so vertraut und zugänglich gibt, dass es eine einzige Freude ist. Man könnte sie nicht dick genug unterstreichen. Nun liegt es in der Tradition der eigenen Diskografie, dass McCartney auf seinen nach ihm betitelten Platten sämtliche Zügel selbst in der Hand hält, alle Instrumente einspielt und die Songs selbst produziert. Dazu musste er zuletzt nicht einmal mehr das eigene Haus verlassen, wo er sich im eigenen Studio den heiter-nachdenklichen Reflektionen der elf neuen Stücke hingab und die Welt später daran teilhaben ließ. Die Welt in Form zahlreicher prominenter Freunde, alter Weggefährten und neuer Bekannter, wiederum offenbarte den Wunsch, auf das puristische Soloprojekt auch musikalisch reagieren zu dürfen. So beauftragte der Altmeister eine handverlesene Auswahl von Neuimaginationen der ursprünglichen Stücke für "McCartney III imagined", die mal eher den Charakter von Remixen, dann wiederum den echter Coverversionen besitzen. Entstanden sind einerseits eigenständige Antworten auf McCartneys ursprünglichen Alleingang, vor allem aber eine launige Reverenz an den größten aller Pop-Songwriter.
Schon ein Blick auf das versammelte Ensemble zeigt einmal mehr, wie weit McCartneys Einflusssphäre reicht: Neben gestandenen Indie- und Rock-Ikonen tummeln sich dort R'n'B-Pioniere und (verhältnismäßige) Newcomer. Beck transplantiert "Find my way" gleich zum Auftakt in eine Slackerbar auf Hawaii inklusive Bongo-Getrommel und verschwitzt glitzernder Licks und sät damit die entspannte Grundstimmung des Albums, die Khruangbin mit schunkelndem Dub weiter gedeihen lassen. St. Vincent verwandelt die "Women and wives" in dezente Geisterchöre im Hintergrund, die zu groovigem Trip-Hop seufzen und setzt damit die im Original prägnante Akkordfolge geschickt ein. Und Phoebe Bridgers tränkt "Seize the day" behutsam in ihren eigenen melancholischen Hall, bis es als kleine Auflockerung auch auf "Punisher" nicht mehr Fehl am Platz wäre.
Es sind aber insbesondere die auf dem Ausgangsalbum angedeuteten R'n'B-Einflüsse, die auf "McCartney III imagined" florieren und experimentieren dürfen: Dev Hynes' abstrakt-progressive Interpretation schenkt "Deep down" mit weichen Klavierharmonien und rückwärts abgespielten Gitarren eine beeindruckend leichte Komplexität. Anderson Paak benötig nicht mal seine eigene Stimme, um aus "When winter comes" butterweichen Soul-Pop zu machen. Am anderen Ende der Gefühlsskala steht Ed O'Briens "Slidin'" als verzerrte Panikattacke, die sogleich von Damon Albarns Ambient-Skizzen aufgefangen wird. Nicht alles gelingt gleichermaßen, wird genau darum aber teilweise umso spannender: Dominik Fikes Interpretation der fragilen Akustikballade "The kiss of Venus" als zeitgeistigen Pop-Hit hat starke Momente, wirkt letztlich aber etwas überfrachtet; der zwölfminütige Acid-House-Parforceritt, in den Massive Attacks Robert del Naja "Deep deep feeling" dehnt, gerät imposant, aber ein Stück zu lang. Ausgerechnet Josh Homme macht aus "Lavatory lil" recht zahmen Blues-Rock, der dem Original nicht allzu viel hinzuzufügen vermag – was aber in seiner Kurzweiligkeit auch nicht weiter stört.
Zu spaßigen und einsichtsreichen Video-Unterhaltungen traf sich McCartney im Umfeld des Releases mit einigen seiner Protagonisten. Anzumerken war ihnen die anfängliche Nervosität angesichts des Gegenübers, die sich im angenehm-plaudernden Austausch rasch in Behaglichkeit auflöste. Vielleicht lassen sich die präsentierten Kollaborationen in dem Sinne am ehesten als ungezwungenes und unterhaltsames Gesprächsangebot begreifen, das junge Hörer auf den ehemaligen Pilzkopf aufmerksam macht und zugleich McCartneys Stammpublikum neue Wege weist. Darin gelingt es zweifellos. Er ist nämlich auch wunderbar geerdet und offen, dieser Paul McCartney. Sir Paul: für dich immer noch Macca.
Highlights
- Women and wives (St. Vincent remix)
- Deep down (Blood Orange remix)
- When winter comes (Anderson Paak remix)
Tracklist
- Find my way (feat. Beck)
- The kiss of Venus (Dominic Fike)
- Pretty boys (feat. Khruangbin)
- Women and wives (St. Vincent remix)
- Deep down (Blood Orange remix)
- Seize the day (feat. Phoebe Bridgers)
- Slidin' (EOB remix)
- Long tailed winter bird (Damon Albarn remix)
- Lavatory lil (Josh Homme)
- When winter comes (Anderson Paak remix)
- Deep deep feeling (3D RDN remix)
Gesamtspielzeit: 47:30 min.
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(Neueste fünf Beiträge)
User | Beitrag |
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Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27243 Registriert seit 08.01.2012 |
2021-05-05 21:11:44 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert. Meinungen? |
Affengitarre User und News-Scout Postings: 11101 Registriert seit 23.07.2014 |
2021-03-11 20:02:17 Uhr
Also die Gästeliste liest sich wirklich toll, werde ich mal im Auge behalten! |
Armin Plattentests.de-Chef Postings: 27243 Registriert seit 08.01.2012 |
2021-03-11 19:51:55 Uhr - Newsbeitrag
Paul McCartneyMit einem einzigen Instagram-Post sorgte Sir Paul McCartney am Mittwoch für weltweites Rätselraten! Im Clip werden bunte Würfel gerollt, jeweils mit einem von Pauls Songtiteln sowie einem Künstler. Mit dabei im Spiel sind u.a. St. Vincent, Beck, Josh Homme, Anderson .Paak, Ed O’Brien, Damon Albarn, Phoebe Bridgers und Blood Orange, die ebenfalls denselben Clip über ihre Social Media Accounts teilten....Jetzt ist es offiziell: Am 16. April erscheint "McCartney III Imagined" mit Neuinterpretationen und kann ab sofort vorbestellt werden. |
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Referenzen
The Fireman; The Beatles; Wings; Ringo Starr; Tom Petty; Traveling Wilburys; George Harrison; Electric Light Orchestra; John Lennon; Eric Clapton; Elton John; Ron Sexsmith; The Stands; Hal; Drew; Badly Drawn Boy; The Magic Numbers; Travis; Teenage Fanclub; The Byrds; Ray Davies; The Kinks; Billy Joel; Randy Newman; Brian Wilson; The Beach Boys; Love; Bryan Ferry; Cotton Mather; Myracle Brah
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