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Brockhampton - Roadrunner: New light, new machine

Brockhampton- Roadrunner: New light, new machine

RCA / Sony
VÖ: 09.04.2021

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 5/10

Fenster zur Seele

Wie schön sie doch sind, all die Entstehungsgeschichten von Bands: Schulkumpels, musikalische Seelenverwandte, zufällige Begegnungen die alles verändern. Oder auch, im Falle des Hip-Hop-Kollektivs Brockhampton: Entsprungen aus dem Aufruf zur Suche nach ein paar Bandkollegen in einem Kanye-West-Fan-Forum anno 2010. Elf Jahre später legen Brockhampton mit "Roadrunner: New light, new machine" bereits ihr sechstes Studioalbum vor, das den Weg der vielbeachteten "Saturation"-Trilogie und des Major-Debüts "Iridescence" fortsetzt. Ein stattlicher Hype weht um die selbsternannte "All-American-Boyband", die jenseits des Atlantiks seit Jahren hohe Wellen schlägt, hierzulande in der breiteren Masse aber noch verhältnismäßig wenig Strahlkraft besitzt.

Was sich allerdings gerne ändern darf, denn wer nicht hinhört, verpasst hier einen der ehrlichsten, authentischsten Hip-Hop-Acts der letzten Jahre. Die 13-köpfige Gruppe zelebriert auch weiterhin die gewohnte künstlerische Diversität in Kombination mit kompromisslos direkten Lyrics. Allein auf der ersten Albumhälfte geben sich das smoothe, sehr poppige "Count on me" mit romantisch verkitschten "It'll be okay / No matter what they say about us"-Zeilen und das stampfende "Buzzcut" die Klinke in die Hand. Letzteres eröffnet mit der Kampfansage "Who let the dope boys out?" das Album, um im Anschluss zum brachialen Rundumschlag gegen den Alltagsrassismus, das Justizsystem in den USA oder auch die abgestumpfte Internetkultur auszuholen. Introspektiver wird es auf dem mehr als sechsminütigen Epos "Windows", das einen Showcase für den Facettenreichtum der Gruppe darstellt und mit seiner episodischen Erzählweise gar an Kendrick Lamars Meisterwerk "Sing about me, I'm dying of thirst" erinnert. Trotz aller Highlights erweisen sich die vielen stilistischen Richtungswechsel phasenweise aber auch als Fluch. Besonders in der zweiten Albumhälfte gerät der Flow spürbar ins Stocken – der Vierer von "I'll take you on" über "Old news" und "What's the occasion?" bis "When I ball" versucht viel, bleibt dabei aber oftmals bei vergleichsweise vagen und nicht ganz ausgereiften Songideen hängen, anstatt zu fesseln. Auch das etwas plumpe "Bankroll" weiß, trotz prominenter Features von A$AP Rocky und A$AP Ferg, nicht so recht zu begeistern. Hier wäre an der einen oder anderen Stelle ein wenig Reduktion ratsam gewesen.

Brockhampton schaffen es auf "Roadrunner: New light, new machine" also nicht, Füllmaterial vollends auszumerzen. Was sie allerdings schaffen, ist eine niederschmetternde und berührende Abhandlung eines Trauerfalls im eigenen Umfeld. Im Song-Duo "The light" und "The light pt. II" widmet sich Bandmitglied Russell "Joba" Boring seinem Vater, der sich während der Albumaufnahmen das Leben nahm. "The light" beschäftigt sich zu düsteren Beats und Gitarrenläufen auf brutal ehrliche Art vor allem mit den unmittelbaren Eindrücken am Unglücksort. "Think I always will be haunted by the image / Of a bloody backdrop, skull fragments in the ceilin' / Felt your presence in the room, felt my mother squealin'." Ein Schlag in die Magengrube, den Joba unmittelbar und unverblümt auf den Punkt bringt: "When I look at myself, I see a broken man." "The light pt. II" schließt das Album ab und agiert als reflektiertes, introspektives Finale, das mit dem Schicksal hadert: "What happens when you die, does it fade black? / When the hammer pulled back, did you think of me?" Ein aufwühlender Abschluss, dessen Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit beeindrucken. Ein Abschluss, der außerdem aufzeigt, dass Brockhampton trotz einiger Schwachpunkte zu Recht eine feste Größe in der Szene sind. "See the light, see the light."

(Hendrik Müller)

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Highlights

  • Buzzcut (feat. Danny Brown)
  • Count on me
  • The light
  • The light pt. II

Tracklist

  1. Buzzcut (feat. Danny Brown)
  2. Chain on (feat. JPEGMafia)
  3. Count on me
  4. Bankroll (feat. A$AP Rocky & A$AP Ferg)
  5. The light
  6. Windows (feat. SoGone SoFlexy)
  7. I'll take you on (feat. Charlie Wilson)
  8. Old news (feat. Baird)
  9. What's the occasion?
  10. When I ball
  11. Don't shoot up the party
  12. Dear Lord
  13. The light pt. II

Gesamtspielzeit: 46:38 min.

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(Neueste fünf Beiträge)
User Beitrag

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26212

Registriert seit 08.01.2012

2021-05-05 21:10:14 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?

Eliminator Jr.

Postings: 1243

Registriert seit 14.06.2013

2021-04-10 19:28:56 Uhr
Habe die neue noch nicht gehört, konnte den großen Hype aber so rein vom musikalischen her nie so ganz nachvollziehen. Die Saturation-Trilogy hatte einige geile Songs und Iridescence auch seine Momente, aber auf Albumlänge ist da immer zu viel Füllmaterial. Zudem empfinde ich keinen der zahlreichen Rapper/Sänger als riesig charismatisch oder interessant. Ist jetzt nur Gemecker, aber die können durchaus was und ich höre mir das gern wieder an. Der große Wurf fehlt nur mMn noch.

MrMan

Postings: 206

Registriert seit 05.09.2019

2021-04-10 18:03:11 Uhr
Es wundert mich ein bisschen, dass zu dieser Band und zu diesem Album sehr wenig bis gar nichts zu lesen ist.

Die Tracklist:
Buzzcut (feat. Danny Brown)
Chain On (feat. JPEGMAFIA)
Count On Me
Bankroll (feat. A$AP Rocky & A$AP Ferg)
The Light
Windows (feat. SoGone SoFlexy)
I'll Take You On (feat. Charlie Wilson)
Old News (feat. Baird)
What's the Occasion?
When I Ball
Don't Shoot Up the Party
Dear Lord
The Light Pt. II


Zu Buzzcut gibt es ein Musikvideo:
https://www.youtube.com/watch?v=fsQhOCkczHQ


Ich bin eigentlich gar kein HipHop/Rap-Typ, aber das Album höre ich seit Freitag rauf und runter und kriege echt nicht genug.
Meine Highlights sind bisher ganz klar Buzzcut, Chain on, Bankroll und Don't shoot up the Party.

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