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Memoriam - To the end

Memoriam- To the end

Reaper / Universal
VÖ: 26.03.2021

Unsere Bewertung: 7/10

Eure Ø-Bewertung: 6/10

Chiropraktiker's best friends

Wenn man Interviews mit Karl Willetts schnell beenden möchte, dann stellt man ihm am besten Fragen wie die, inwiefern er seine Band Memoriam als so etwas wie den Nachfolger der 2016 offiziell aufgelösten britischen Death-Metal-Legende Bolt Thrower sieht. Ist natürlich blöd, wenn man Frontmann eben jener Gruppe war, die neben Benediction dieses Genre in Großbritannien wohl am meisten beeinflusst hat. Also zuerst einmal zur Faktenlage. Wie erwähnt, erklärten sich Bolt Thrower unter dem Eindruck des plötzlichen Todes von Schlagzeuger Martin Kearns für aufgelöst. Und Willetts, der zuvor seinen Vater zu Grabe getragen hatte, brauchte ein Ventil, um diese Verluste zu verarbeiten. Also setzte sich der Brite mit ein paar Kumpels aus genau jenen zwei Bands zusammen und spielte 2017 unter dem Namen Memoriam mit "For the fallen" eine Art Trauer-Album ein. Dass dieses wie eine Mixtur aus Bolt Thrower und Benediction klang, ist dann nicht weiter überraschend. Auch wenn die Band auf den folgenden Alben versuchte, diese Einflüsse schrittweise zu reduzieren und dabei vor allem beim Zweitling "The silent vigil" eine gewisse Orientierungslosigkeit an den Tag legte.

Trotz allem: Natürlich ist "To the end" jetzt kein Folk-Album geworden, so weit geht der Wille zur Veränderung jetzt dann doch nicht. Denn der vierte Longplayer beginnt mit einer zünftigen Death-Metal-Dreifaltigkeit, die der Hörerschaft erst einmal die Füllungen aus den Zähnen kloppt. "Onwards into battle" startet dabei noch vergleichsweise gemäßigt, zieht dann aber das Tempo an und wechselt in ein stampfendes Riff, das jeden, der nach zwei Minuten immer noch nicht mitbangt, einfach mal ohne Vorwarnung in den Pit tritt. Da freuen sich Nackenmuskeln ebenso wie Chiropraktiker, erst recht, wenn "This war is won" in eine wüste Prügelei ausartet. Eine Prügelei indes, bei der nie außer Acht bleiben darf, was für erfahrene Könner hier am Werk sind. Die Gitarrenarbeit von Scott Fairfax, der mit Willetts auch für das Songwriting verantwortlich zeichnet, ist ohnehin bekannt filigran, aber auch der neue Schlagzeuger Spike T. Smith lockert die Blastbeats immer wieder durch kleine Spielereien auf.

Erst danach, wenn eigentlich kein Gras mehr wächst, ist es Zeit für ein paar Experimente. "Failure to comply" ist so eines, das dystopische Kälte versprüht und sich eigentlich nur durch den fehlenden Klargesang von frühen Fear Factory unterscheidet. "Each step (One closer to the grave)" lässt das Pendel direkt in die andere Richtung ausschlagen. Über zähflüssigen Riffs brüllt Willetts "Death draws nearer day by day / One step closer to the grave" und grüßt damit vom heimatlichen Birmingham nach Nordengland. Genauer gesagt nach Halifax in West Yorkshire, wo ein gewisser Nick Holmes amüsiert in seinen Tee grinsen dürfte. Oder anders zusammengefasst: Doom-Death können nicht nur Paradise Lost.

"Mass psychosis" dürfte hingegen für einige Diskussionen sorgen. Was mit einem Rammstein-artigen Links-zwo-drei-vier-Takt beginnt, entpuppt sich als überaus bösartiger Bruder von Killing Joke, bei dem Willetts in den Strophen gesanglich geradezu frappierend den Wahnsinn von Jaz Coleman transportiert. Ob das die Stilpolizei so goutieren mag, sei dahingestellt – mutig ist es allemal und zeigt, dass Memoriam beziehungsweise die beteiligten Musiker mit all ihrer Erfahrung immer noch überzeugend aus ihrer Komfortzone ausbrechen können und wollen. Doch selbst wenn dieses Experiment sich irgendwann einmal als gescheitert herausstellen sollte, zeigt es exemplarisch, dass Memoriam spätestens mit "To the end" zu ihrer Identität gefunden haben. Bolt Thrower sind ein für allemal Geschichte, das bekräftigen die früheren Mitglieder immer wieder, während Benediction mit ihrem jüngsten Album wie auferstanden wirken. Memoriam dürfen sich in diese Phalanx einreihen. Nicht als aus der Not geborenes Spin-off, sondern als vollwertiges, eigenständiges Mitglied.

(Markus Bellmann)

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Highlights

  • This war is won
  • Failure to comply
  • Each step (One closer to the grave)
  • As my heart grows cold

Tracklist

  1. Onwards into battle
  2. This war is won
  3. No effect
  4. Failure to comply
  5. Each step (One closer to the grave)
  6. To the end
  7. Vacant stare
  8. Mass psychosis
  9. As my heart grows cold

Gesamtspielzeit: 44:50 min.

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Armin

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2021-03-24 22:03:46 Uhr - Newsbeitrag
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